Diesel-Nachrüstung lohnt sich
Land beauftragte ADAC-Test - Effektiver als Software-Update

Von Roland Muschel, RNZ Stuttgart
Stuttgart. Vor seiner Geschäftsstelle am Stuttgarter Neckartor, das wegen hoher Luftverschmutzung als dreckigster Fleck Deutschlands traurige Berühmtheit erlangt hat, hat der ADAC Württemberg am gestrigen Dienstag vier Euro-5-Dieselfahrzeuge positioniert. Die mit Hardware von vier verschiedenen Anbietern umgerüsteten Prototypen haben mehrere Tausend Kilometer Testfahrten und zig Messreihen hinter sich. Nun sind sie als Zeugnis dafür ausgestellt, dass eine Nachrüstung dreckiger Diesel mittels Hardware erstens möglich und zweitens weit effektiver als ein Software-Update ist.
"Selbst unter ungünstigen Bedingungen wie mit kaltem Motor liegt die erreichte Reduktion bei rund 50 Prozent. Mit betriebswarmem Motor sind sogar über 70 Prozent möglich", fasst ADAC-Technikchef Reinhard Kolke die Ergebnisse der im Auftrag von Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) erfolgten Testreihe zusammen. Das zeige: "Nachrüst-Systeme funktionieren, um die Stickoxid-Emissionen der Diesel-Pkw deutlich zu senken." Durch flächendeckende Hardware-Nachrüstung der Euro-5-Diesel könnten die Stickoxid-Emissionen des gesamten Straßenverkehrs um 25 Prozent sinken.
Statt auf zusätzliche Hardware setzt die Autoindustrie bisher auf Softwarelösungen zur Stickoxid-Reduktion und kritisiert die von Politikern und Umweltverbänden geforderte physische Nachrüstung. Die Umrüstung bedeute einen umfassenden Eingriff in das Steuerungssystem des Autos und in die Fahrzeugarchitektur, heißt es etwa bei Daimler. Über die Auswirkungen solch eines Eingriffs gebe es noch keine langfristigen Erkenntnisse; zwei bis drei Jahre seien nötig, um zu prüfen, ob Qualität und Sicherheit bei der Nachrüstung gewährleistet seien.
Für seine Testreihe hat der ADAC auf dem Gebrauchtwagenmarkt vier Euro-5-Dieselfahrzeuge gekauft und von den führenden deutschen Anbietern - TwinTec, Oberland-Mangold, Dr. Pley und HJS - umrüsten lassen. Konkret kamen ein Mercedes B 180 CDI 1,5 Liter, ein Opel Astra CDTI Sports Tourer mit 1,7 Litern Hubraum, ein VW T5 Multivan 2.0 TDI sowie ein Fiat Ducato 130 Multijet 2.3 D zum Zug. Alle hatten eine Fahrleistung zwischen 20.000 und 95.000 Kilometern und zwischen einem und fünf Jahren auf dem Buckel.
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In seinem Technikzentrum im bayerischen Landsberg hat der ADAC zunächst die Stickoxid-Emissionen der vier Fahrzeuge im Serienzustand gemessen, auf dem Prüfstand wie auch im Realbetrieb. Als sauber erwies sich keines - im Gegenteil: Zum Teil lagen die Werte dramatisch über den gesetzlichen Grenzwerten. Danach übernahmen die Nachrüstungs-Unternehmen die Testfahrzeuge. Nach dem Einbau von Tanks für die Harnstofflösung "Adblue", die Stickoxide im Abgas unschädlich macht, von Heizungen zur Erwärmung des "Adblue" und von Systemen, die die Harnstofflösung ins Abgassystem leiten, hat der ADAC die Emissionen erneut überprüft - mit klaren Ergebnissen.
Auf dem Prüfstand reduzierte sich der Stickoxid-Ausstoß, je nach Fahrzeug und System, im Stadtverkehrsmodus beim Kaltstart zwischen 44 und 61 Prozent. Sobald die Systeme ihre Betriebstemperatur erreichten, lagen die Raten bei über 70 Prozent. Auch im Realbetrieb sank der Ausstoß selbst unter den ungünstigsten Bedingungen um rund 50 Prozent. Die ADAC-Experten gehen davon aus, dass eine weitere Optimierung möglich wäre, wenn die Autoindustrie relevante Fahrzeugdaten für die Nachrüster freigeben würde.
Die Kosten für eine Nachrüstung geben die Anbieter mit 1400 bis 3300 Euro inklusive Einbau an. Der Einbau von Hardware-Komponenten hat allerdings auch Auswirkungen auf die laufenden Kosten. So steigen der Kraftstoffverbrauch um ein bis sechs Prozent. Der Verbrauch von "Adblue" bewegt sich in einer Spanne von 1,5 bis 2,8 Litern pro 1000 Kilometer.



