Wie Paul Ripkes Pioniergeist in Heidelberg entstand
Der umtriebige Unternehmer spricht in seinem Elternhaus über seinen Weg von Neuenheim nach New Port Beach.

Von Matthias Kehl
Heidelberg. Modemacher, Kochbuch-Autor, Podcaster, Videograf und ein Faible für Extrem-Radsport: Paul Ripke erfindet sich immer wieder neu. "One Night in Rio", die WM-Triumph-Nacht von Jogis Jungs, machte ihn als begleitenden Fotografen berühmt. Aber das liegt nun auch schon über 10 Jahre zurück. Und Ripke ist längst kein Fotograf mehr.
Jetzt ist er Unternehmer. Umtriebig führt er seine Geschäfte über zwei Standorte - lebt in Kalifornien. Seine zweite "Base" ist die Kurpfalz, dort ist er aufgewachsen. Beim Heimatbesuch in Heidelberg empfing der 43-Jährige die RNZ in seinem Elternhaus. Es sollte ein intimes Gespräch werden über die Erfahrungen einer besonderen Karriere: Ripkes Weg von Neuenheim nach New Port Beach.
Aber mal der Reihe nach. Auf meinem Weg zum Interview ein Blick in Ripkes Insta-Story: Der neueste Post gibt Einblick in seine vergangen zwei Tage. Viel geschlafen hat er nicht, stattdessen 700 Kilometer zurückgelegt, mit dem Fahrrad. Paul Ripkes nennt das "Maximierung der Ereignisdichte", sein Lebensmotto. Unserem kalifornischen Kurpfälzer folgen bei Instagram über eine Million Menschen.
Als wir an seinem Elternhaus klingeln, ist der rastlose Ripke wie vereinbart wach und am Start. Dort, in Neuenheim, ist auch seine Firma gemeldet: "Ripky Kurpfalz". Er empfängt uns völlig entspannt, führt durchs Erdgeschoss und serviert frischen Kaffee. Im Haus wuselt sein Team.
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Wir ziehen uns zum Gespräch zurück, nehmen Platz in einem Erker mit Fensterfront. Mittlerweile das "Oval Office" seiner Mutter, einst das Sprechstunden-Zimmer seines verstorbenen Vaters. Von hier aus blickt man in den Garten der Familie, den Blumenbeete und ein Basketballkorb zieren. Das "Bonzenkind" (wie er selbst von sich sagt) ist hier als Sohn eines Allgemeinmediziners und einer Juristin aufgewachsen, mit einem acht Jahre älteren Bruder und einer zwei Jahre jüngeren Schwester.
"Ohne Heidelberg wäre meine Karriere nicht möglich gewesen", sagt Ripke, würde er heute nicht in Amerika wohnen. In seiner Heimatstadt prägte ihn das spezielle Zusammenleben von Amerikanern, Studenten und eben Heidelbergern. Früh erwacht seine Faszination für die Vereinigten Staaten.
Verstärkt wird das Ganze durch die deutsche Hip-Hop-Bewegung. Und die ist vor allem hier am Neckar entsprungen. Ripke erlebt, wie die "Stieber Twins" im Studio Beats bauen. Als Jugendlicher ist die Schwester von Rap-Urgestein Torch seine feste Freundin. Er entdeckt das Auflegen für sich, wird DJ im Schwimmbad Musikclub.
Ripke probiert Graffiti aus, wird beim verbotenen Sprühen erwischt und wandert mal eben in die Jugendarrestanstalt in Wiesloch. Der Arzt-Sohn lotet seine Grenzen aus. Ein Foto aus dieser Zeit haben wir zum Interview mitgebracht.

Der Pioniergeist, den die Heidelberger Hip-Hop-Bewegung verkörpert, imponiert dem jungen Ripke. Es weckt in ihm den Mut, zu kreieren, dabei ins Risiko zu gehen, mit der Option, notfalls auch zu scheitern. Dass er mit 21 den Tod seines Vaters verkraften muss, treibt ihn an, bei seinen Projekten keine Zeit zu verlieren. Das Fotografieren war das Hobby seines Vaters. Für Paul wird es eine handfeste Berufsoption.
Dass er dafür wegmusste aus der Heimat Heidelberg, wurde Ripke "früh klar". Anfang 20 zieht er nach Hamburg. Doch auch im Norden ist der Hip-Hop-Standort Heidelberg immer wieder Gesprächsthema. Er lernt den Chefredakteur des Magazins "Backspin" kennen, bekommt seinen ersten Foto-Auftrag für DJ Tomekk. Ripke baut sich nach und nach ein weitreichendes Netzwerk auf.
Vor dem Gespräch mit Paul Ripke haben wir eine vertraute Außensicht über ihn eingeholt. Als Sprachnachricht, von einem seiner besten Freunde. Das Ganze spielen wir ihm im Interview vor. Es ertönt die Stimme vom Musiker Marteria, mit dem Ripke zusammenarbeitete und um die Welt reiste. Eine Freundschaft, die auch heute noch über Kontinente hinweg Bestand hat.
An der Seite von Stars wie Marteria ist Ripke einst berühmt geworden. Nicht nur der Rostocker Rapper vertraut ihm als Tour-Fotograf, auch Größen wie die Toten Hosen. Mit Moderator Joko Winterscheidt hostet er den Podcast "Alle Wege führen nach Ruhm". Spätestens als WM-Fotograf machte er sich einen Namen, 2014 in Brasilien. Dort schmuggelte er sich ohne Akkreditierung auf den Rasen zur deutschen Fußball-Nationalmannschaft und hielt die großen Emotionen des Finalsiegs in Rio de Janerio fest.
Zurück nach Neuenheim: Als Ripke im Gespräch den Blick durch den Garten schweifen lässt, sagt er: "Hier waren auch schon Niki Lauda und Lewis Hamilton". Menschen, die er im Zuge seiner Arbeit für die Formel-1 kennenlernte und denen er seine Heimat Heidelberg näher brachte. Beim Fotografieren des Motorsports hielt er es wie so oft in seinem Leben. Als er nicht mehr die volle Leidenschaft verspürte, beendete er die Zusammenarbeit - und schuf neue Optionen. Heute stehen die Anfangsbuchstaben seines Vor- und Nachnamens für seine eigene Modemarke: Pari. Unter dem Namen "Pariesling" vertreibt er Wein, mit "Ripkitchen" ging er unter die Kochbuch-Autoren.
Als Unternehmer drückt er immer wieder den Reset-Knopf. Privat hingegen herrscht Beständigkeit. Seine Frau Theresa, mit der er 20 Jahre zusammen ist, kommt wie er aus Heidelberg. Das Familienleben - die beiden haben drei Kinder - hält der online-präsente Content-Creator schon immer vollständig aus der Öffentlichkeit heraus.
Bei seinem Besuch in Heidelberg ist ihm die Zeit mit seinen Lieben wichtig. Zum Geburtstag von Ripkes Mutter ist die Familie in Neuenheim eingekehrt. Kalifornien ist nun weit weg. Sein Sohnemann kommt herein und fordert Pauls volle Aufmerksamkeit. Bis dahin haben wir über einer Stunde zum Podcast-Gespräch im Erker seines Elternhauses gesessen. Eben dort, wo Ripkes Reise einst begann, in Heidelberg-Neuenheim.