Von Achim Wittich
Sinsheim. Sebastian Hoeneß ist auch am Dienstagabend beim Spiel von 1899 Hoffenheim bei Hertha BSC Berlin (20.30 Uhr/Sky) noch Trainer der Kraichgauer. Jedenfalls ging die Einladung der TSG Medienabteilung zum virtuellen Pressetermin mit dem Münchner für diesen Montagnachmittag um 14 Uhr an die Berichterstatter raus. So selbstverständlich ist das nach dem erneut unbefriedigenden Auftreten und Ergebnis gegen Arminia Bielefeld am 16. Bundesliga-Spieltag keineswegs. Ein dürftiges 0:0 brachte die Mannschaft von Hoeneß gegen den Aufsteiger in Sinsheim zu Stande und musste am Ende gar noch froh darüber sein, nicht verloren zu haben.
Auch wenn die Klubführung und Dietmar Hopp dem in die Kritik geratenen Hoeneß zuletzt den Rücken gestärkt haben: Die sportliche Abwärtsspirale beim Europa-League-Teilnehmer ist so frappierend, dass die Bosse die Trainer-Reißleine ziehen könnten.
"Wir sind intern sehr klar", sagte der Sohn von Dieter und Neffe von Uli Hoeneß und gibt sich kämpferisch, spricht von "harter Arbeit", mit der es wieder nach oben gehen soll. Doch seine Profis ließen auf dem Rasen nicht erkennen, dass sie die Vorgaben ihres Trainers erfolgreich in die Tat umsetzen können. Umso erstaunlicher, dass Sebastian Rudy doch tatsächlich von einem "sehr, sehr guten Spiel in der ersten Halbzeit" sprach, insgesamt eine "stabile Leistung" analysierte und von einem "Schritt nach vorne" überzeugt war. Diese Einschätzung hatte der ehemalige Nationalspieler, der übrigens zu den Besseren seines Teams gehörte, wahrlich exklusiv.
Eine einzige dicke Torchance durch Munas Dabbur in der 19. Minute verzeichnete "Hoffe", die Ostwestfalen glichen mit einem Freistoß von Ritsu Doan (38.) in puncto Gefahrenmomente aus. Das war’s dann aber auch schon an Höhepunkten am frostigen Samstag. Rudy und Co. wollten schon, konnten aber nicht wirklich – und die Arminia beschränkte sich darauf, hinten dicht zu machen und vorne auf den lieben Gott zu hoffen.
"Jeder, der erwartet, dass wir ein Feuerwerk abbrennen, hat eine falsche Erwartung", belehrte Hoeneß nachher diejenigen, die sich ob des erfolglosen Schaffens seiner Profis wundern.
Natürlich hat Corona dem Dorfklub mehr zugesetzt als allen anderen Bundesligisten. Natürlich hat Hoeneß mit einem Verletzungspech zu kämpfen, das einfach unglaublich ist. Diesmal erwischte es Kevin Vogt am Daumen und der Abwehrchef musste zur Pause in der Kabine bleiben. Doch diejenigen, die letztlich auf dem Rasen stehen, liefern – gemessen an ihrer individuellen Qualität – zu wenig ab und als Einheit bleibt das Team unter seinen Möglichkeiten. Verantwortlich dafür zeichnet der Trainer.
Die Regelprüfer aus Köln hätten gar dafür sorgen können, dass die wackeren wie fußballerisch limitierten Bielefelder mit einem Sieg an ihrem Gegner vorbei auf Rang 14 gezogen wären. Der Ex-Hoffenheimer Fan-Liebling Sven Schipplock wurde in der 67. Minute eingewechselt und knapp zehn Minuten später von Stefan Posch im Strafraum durchaus elfmeterwürdig berührt. Doch Schiedsrichter Marco Fritz (Korb) und die "Kellerkinder" befanden den Tatbestand überraschenderweise als nicht ahndungswürdig. Glück gehabt, "Hoffe"!
Auch dann, als Torwart Oliver Baumann seine Mannschaft gegen Doan vor dem Totalschaden bewahrte (89.) und der auffälligste Bielefelder in der Nachspielzeit nur hauchdünn über das Hoffenheimer Tor hämmerte.
Viel Zeit, um die abermalige Enttäuschung zu verarbeiten, bleibt wegen der Englischen Woche nicht. Das ist sogar gut so. Denn nur auf dem Platz kann die Hoffenheimer Mannschaft durch Siege ihren Trainer vor dem Rauswurf bewahren. Am besten schon in Berlin, spätestens aber am Sonntag (18 Uhr) zu Hause gegen den 1. FC Köln mit dem früheren TSG-Trainer Markus Gisdol.
Update: Sonntag, 17. Januar 2021, 20.47 Uhr
Sinsheim. (dpa) Hoffenheim und Trainer Sebastian Hoeneß kommen einfach nicht aus der Krise heraus. Die Kraichgauer erreichten in der Fußball-Bundesliga nur ein 0:0 gegen Arminia Bielefeld und warten weiter auf den ersten Sieg 2021. "Jeder, der erwartet, dass wir da heute ein Feuerwerk abbrennen, der hat die falsche Erwartung", sagte der 38 Jahre alte Hoeneß angesichts der Personalmisere und der ausbleibenden Punkte.
Eine Woche nach dem 0:4 auf Schalke enttäuschte seine Mannschaft erneut. Von den vergangenen sechs Spielen gewann die TSG nur eines, beim 2:1 in Mönchengladbach am 19. Dezember. Wenigstens gab's die erste Partie in dieser Saison ohne Gegentor. Gegen Hertha BSC am Dienstag und gegen den 1. FC Köln am kommenden Samstag muss Hoeneß nun liefern - wenn die Verantwortlichen um Sportchef Alexander Rosen und Mehrheitseigner Dietmar Hopp weiter Geduld zeigen. "Ich glaube, wir sind intern sehr, sehr klar, sehr sachlich, aber deutlich", sagte Hoeneß bei der mittlerweile wöchentlichen Frage nach seinem Rückhalt im Club.
Im leeren Sinsheimer Stadion erwies sich der Aufsteiger aus Ostwestfalen erneut als Minimalist: Mit nur zehn geschossenen Toren hat das Team von Chefcoach Uwe Neuhaus nach 16 Spieltagen nun 14 Punkte gesammelt. Fast wäre den Gästen am Ende sogar noch der Siegtreffer gelungen. "Wenn man den Spielverlauf sieht, dann ärgert man sich in der Kabine, dass man nicht gewonnen hat", sagte der Ex-Hoffenheimer und Arminia-Stürmer Sven Schipplock im Sky-Interview.
Mit hörbar verstärkter Kommunikation auf dem Platz und konsequentem Pressing gingen die Hoffenheimer die Partie an. Hoeneß fehlte zwar verletzungsbedingt weiter eine ganze Mannschaft, zudem der gelbgesperrte Offensivmann Christoph Baumgartner. Dafür kehrte Nationalspieler Sebastian Rudy nach überstandener Knieblessur zurück und gehörte noch zu den Besten.
Bielefeld stemmte sich den Angriffsversuchen der TSG stoisch entgegen, ohne zunächst groß den Weg nach vorne zu suchen. Nach einer schönen Kombination zwischen Andrej Kramaric und Mijat Gacinovic hätte Munas Dabbur beinahe die Führung erzielt, scheiterte aber am starken Arminia-Keeper Stefan Ortega.
Gerade Vize-Weltmeister Kramaric versuchte aus ständig wechselnden Positionen die Offensive anzukurbeln, doch das geriet für die Gastgeber zum Geduldsspiel: diszipliniert und zweikampfstark verteidigte die Arminia ihren Strafraum. So blieben die einfallslosen Hoffenheimer immer wieder mit dem letzten Zuspiel hängen.
Ohne Abwehrchef Kevin Vogt, der mit einer Handverletzung in der Kabine blieb, gingen die Hoffenheimer die zweite Halbzeit an. Diadie Samassekou feuerte einen Warnschuss am Tor vorbei ab, sein Team tat sich aber weiterhin extrem schwer. Im weitgehend trostlosen zweiten Durchgang offenbarten die Gastgeber immer mehr ihre Einfallslosigkeit.
Die Arminia durfte in der 77. Minute noch auf einen Elfmeter hoffen, doch Schiedsrichter Marco Fritz gab ihn nach Rücksprache mit dem Videoassistenten nicht. Der eingewechselte Ex-Hoffenheimer Sven Schipplock war nach einem Zweikampf mit Stefan Posch zu Fall gekommen. Ritsu Doan vergab kurz vor Schluss noch zwei dicke Chancen für die Bielefelder - so gesehen war Hoffenheim mit dem Remis noch gut bedient.
Kader TSG 1899 Hoffenheim
Bundesliga-Tabelle
Spielplan TSG 1899 Hoffenheim
Kader Arminia Bielefeld
Bundesliga-Torjäger