1899 Hoffenheim

Geschäftsführung und Profis verzichten auf Gehalt (Update)

Kein Corona-Fall im TSG-Umfeld bekannt - Hoffenheim stehe wirtschaftlich gut gewappnet dar: "Haben einen langen Atem"

20.03.2020 UPDATE: 01.04.2020 14:45 Uhr 6 Minuten, 10 Sekunden
Symbolfoto: dpa

Zuzenhausen. (dpa-lsw) Bei der TSG 1899 Hoffenheim hat wegen der Corona-Krise die Geschäftsführung mit den Lizenzspielern, dem Trainerteam und den Direktoren einen Gehaltsverzicht beschlossen. Das teilte der Fußball-Bundesligist am Mittwoch mit. Zuvor hatte der Club bereits einen Hilfsfonds aufgelegt, um Partner, deren Existenz unmittelbar mit dem Spielbetrieb der Bundesliga zusammenhängt, sowie auch wichtige Einrichtungen, Institutionen oder Sportclubs in der Rhein-Neckar-Region im Bedarfsfall zu unterstützen.

"Wir haben uns dank der sportlichen Erfolge und einer weitsichtigen Planung in den vergangenen Jahren ein finanzielles Polster geschaffen, das die TSG Hoffenheim gerade in solchen Krisenzeiten in die Lage versetzt, nicht unter Druck handeln zu müssen", erklärte der auch für die Finanzen zuständige Geschäftsführer Frank Briel. "Dennoch wollten wir uns auf diese Position nicht zurückziehen. Ein "Weiter so" oder "business as usual" darf und kann es da nicht geben."

Auch die Bundesligaprofis wollen in der Krisensituation etwas beisteuern. "Wir sind in den vergangenen Jahren auch aufgrund unserer sportlichen Erfolge im gesamten Club in den Genuss einiger Privilegien gekommen. Nun ist es geboten, etwas zurückzugeben", sagte Kapitän Benjamin Hübner. Teile des Geldes durch Gehaltsverzicht sollen in den TSG-Hilfsfonds fließen.

 Update: Mittwoch, 1. April 2020, 14.58 Uhr


Zuzenhausen. (dpa) Fußball-Bundesligist TSG 1899 Hoffenheim hat das Mannschaftstraining wegen der Corona-Krise für eine weitere Woche bis mindestens 5. April ausgesetzt. "In enger Abstimmung mit und in Folge der Empfehlungen der DFL handeln wir weiterhin verantwortungsvoll. Unsere Spieler werden ihr Trainingsprogramm weiterhin individuell, aber nach klaren Vorgaben unseres Trainerteams, absolvieren", sagte Profichef Alexander Rosen am Freitag in einer Vereinsmitteilung.

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Die Deutsche Fußball Liga hatte in einem Brief an die 36 Profivereine empfohlen, das Mannschaftstraining wegen der Coronavirus-Pandemie erst ab 6. April wieder aufzunehmen. Der Spielbetrieb in der 1. und 2. Bundesliga soll bis zum 30. April ausgesetzt bleiben. Ein entsprechender Beschluss auf der DFL-Mitgliederversammlung am kommenden Dienstag gilt als sicher.

Update: Freitag, 27. März 2020, 16.50 Uhr


Hoffenheimer Spieler trainieren "im Slot" auf dem Clubgelände

Von Joachim Klaehn

Heidelberg/Zuzenhausen. Telefon- und Schaltkonferenzen gehören inzwischen zur Tagesordnung. Ein Dutzend Journalisten befragte am Dienstag Alexander Rosen (40), Direktor Profifußball der TSG 1899 Hoffenheim, zur aktuellen Lage beim Kraichgauklub in den allerorts komplizierten Zeiten von Corona. "Wir sind sehr froh, dass wir in der Mannschaft und im direkten Umfeld keinen Fall haben", sagte der gebürtige Augsburger, seit 2. April 2013 Manager beim Dorfverein, den er und seine Mitstreiter bis in die lukrative Champions League unter Entert(r)ainer Julian Nagelsmann geführt hatten.

Rosen schilderte auf Nachfrage sehr plakativ, wie die Hoffenheimer inzwischen in den Stand-by-Modus umgeschaltet haben. Draußen vertikutierte ein einsamer Platzwart den Rasen auf dem Trainingsgelände in Zuzenhausen, drinnen saß Rosen mit den Leitern der Medienabteilung, um eine breite Öffentlichkeit mit authentischen, zuverlässigen Informationen zu versorgen. Das Teamtraining ist auch für diese Woche ausgesetzt, die Profis könnten freilich "in Kleinstgruppen von ein bis zwei Spielern im Slot hier trainieren", berichtete Rosen. Langzeitverletzte würden einzeln therapiert werden, "Hoffes" Verantwortliche und Betreuer akribisch darauf achten, dass die Aktiven nicht auf dem Areal zusammenkommen. "Wir sind da sehr gewissenhaft und haben das Geschehen extremst zurückgefahren", betonte Rosen. Zeitversetzt seien maximal 20 Leute in der Kommandozentrale des Erstligisten anwesend, Läufe oder Übungen im Kraftraum fänden statt, allerdings unter Wahrung aller notwendigen Vorsichts- und Hygienemaßnahmen.

Im Gegensatz zur Hälfte der Bundesliga, vielen Zweit- und Drittligisten, die sich angesichts der Pandemie und der damit verbundenen Planungsunsicherheit bleierne Zukunftssorgen machen, ist Hoffenheim, das sich von seinem Mehrheitsgesellschafter Dietmar Hopp freigeschwommen hat, finanziell und strukturell gut aufgestellt. "Wir befinden uns in einer privilegierten Situation", sagte Rosen zum Status quo, "wir haben wirtschaftlich keinen unendlichen, aber langen Atem." Diese komfortable Ausgangssituation habe man sich in den letzten Jahren durch solides Wirtschaften und hohe Transfererlöse erarbeitet.

Von Existenzangst keine Spur. Ob Verlängerung der Zwangspause, Geisterspiele oder gar Saisonabbruch, "Hoffe" scheint für jedwedes Szenario gerüstet. "Wir würden auch den ’Worst Case’ eines Saisonabbruchs überstehen, der in keinster Weise wünschenswert wäre", konstatierte Rosen. Der Begriff "Geisterspiele" gefällt dem IHK-Sportfachwirt und Trainer-A-Lizenz-Inhaber ohnehin nicht. "Ich mag lieber Spiele ohne Zuschauer", so der TSG-Sportchef.

Rosen hofft wie alle Vereinsentscheider im Profibereich, dass die Pause bis 30. April nicht bis zum Sommer ausgedehnt werden muss. Spiele ohne Zuschauer erfüllten zumindest den Zweck, "um noch größere Kollateralschäden zu vermeiden." Zumal dem Profifußball eine wichtige Funktion zukomme: "Fußball kann uns allen Perspektiven, Zuversicht und Freude geben. Er verfügt über eine gesellschaftliche Kraft, kann Zeichen setzen, dass es weitergeht."

Wie dem und wann dem auch sei, letztlich weiß ein kluger Kopf wie Rosen, dass sein Metier und die "Blase" eine Ausnahmestellung inne hat. Bei lediglich drei Profis laufen zum 30. Juni die Verträge aus – es sind die beiden Torhüter Michael Esser und Alexander Stolz sowie der Schalker Leihspieler Sebastian Rudy. Personell haben die Kraichgauer keinen Engpass. Rosen verwies auf Pufferzonen im Transferbereich, auf im Sommer zurückkehrende Leihspieler und auf den Fundus an Talenten aus der Akademie. Kurzarbeit gebe es aktuell in der Geschäftsstelle ebenfalls nicht.

Das Thema eines Gehaltsverzichts der hoch dotierten Spieler will Rosen, auch wenn reflexhafte Schreie nach Hilfe zu vernehmen sind, "nicht unter Druck aufmachen". Man müsse nicht aus einer Notsituation heraus handeln. "Wir sind mit unseren Spielern, die sehr reflektiert sind, in engem Austausch", räumte der Manager ein. Und stellte die rhetorische Gegenfrage: "Was ist denn mit Künstlern, Musikern oder Vorständen?"

Klare Kritik übte Alexander Rosen an frühzeitigen, voreiligen Aussagen hinsichtlich der Zukunft des Profifußballs. In der Tat handelt es sich um eine globale Krise, deren Folgen noch nicht objektiv zu bewerten sind. Muster aus der Vergangenheit finden sich allenfalls peripher. "Es ist nicht passend, dass sich drei verschiedene Virologen zu unterschiedlichen Bundesliga-Startpunkten äußern", so Rosen scharfkantig.

Klar wurde bei dieser knapp einstündigen Konferenz: Die Corona-Krise beschäftigt jeden. Vom Zeugwart bis zum Starspieler, vom Fan bis zum Geschäftsführer. Vom besonnenen Typ Rosen bis hin zum seriösen Journalisten.

Update: Dienstag, 24. März 2020, 19.07 Uhr


Zuzenhausen. (dpa) Viele Profifußball-Clubs bangen in der Corona-Krise schon um ihre Existenz. Die TSG 1899 Hoffenheim sieht sich für einen möglichen Saisonabbruch in der Bundesliga wirtschaftlich hingegen bestens vorbereitet. "Wir sind für dieses Szenario, das in keinster Weise wünschenswert wäre, ohne Fremdkapital oder Zuschüsse so aufgestellt, dass wir auch das überstehen könnten", sagte Sportchef Alexander Rosen am Dienstag in Zuzenhausen in einer Telefonschalte mit Journalisten. Dies gelte natürlich "nicht unendlich" falls die Zwangspause wegen der Corona-Epidemie über die Sommerpause hinaus anhalte.

Die Kraichgauer haben in den vergangenen Jahren sehr hohe Transfereinnahmen erzielt, die den einstigen Dorfclub auch von Mäzen und Milliardär Dietmar Hopp finanziell unabhängig gemacht haben. Die Hoffenheimer müssen auch nicht befürchten, in einer neuen Spielzeit keine starke Mannschaft zu haben: Lediglich drei Verträge laufen aus - die der Ersatztorhüter Michael Esser und Alexander Stolz sowie von Sebastian Rudy: Der Nationalspieler ist bis zum 30. Juni von Schalke 04 ausgeliehen und möchte gerne bei der TSG bleiben.

"Wenn wir die Transferausgaben extrem reduzieren müssten, hätten wir eine wirklich schlagkräftige Truppe", sagte Rosen und verwies zudem auf rückkehrende Leihspieler und Talente aus der eigenen Akademie. Der 40 Jahre alte Direktor für Profifußball betonte: "Wir haben wirtschaftlich keinen unendlichen, aber langen Atem."

Auch ohne die noch nicht verbuchten Millionen-Transfers der vergangenen Sommerpause hat Hoffenheim im Oktober einen Rekordumsatz vermeldet. Die TSG erzielte in der Saison 2018/19 nach eigenen Angaben einen Umsatz von knapp 164 Millionen Euro und einen Gewinn nach Steuern von mehr als 18 Millionen Euro. Die laufende Spielzeit 2019/2020 wird durch die Verkäufe der Leistungsträger Nico Schulz (Borussia Dortmund) oder Kerem Demirbay und Nadiem Amiri (beide Bayer Leverkusen) eine weitere Rekordbilanz bringen.

"Unsere Handlungsweise war immer die des besonnen Wirtschaftens. Aber natürlich kann keiner eine globale Krise durch einen Virus vorhersehen", sagte Rosen. Es gebe aktuell keine Kurzarbeit in der Geschäftsstelle in Zuzenhausen. Auch das Thema Gehaltsverzicht bei den Profis müsse man "nicht unter Druck aufmachen". Die Hoffenheimer hatten vergangene Woche einen Hilfsfonds aufgelegt, den nach Clubangaben auch Hopp und Spieler unterstützen.

Einen Corona-Verdachtsfall hat die TSG derzeit nicht. "Auf keinen Fall in der Mannschaft und im direkten Umfeld", sagte Rosen. Das Mannschaftstraining ist auch für diese Woche ausgesetzt, die Profis könnten aber "in Kleinstgruppen von ein bis zwei Spielern im Slot hier trainieren".

Dies geschehe natürlich unter Einhaltung aller Vorsichts- und Hygienemaßnahmen und betreffe Läufe und Übungen im Kraftraum. Auch verletzte Spieler würden einzeln behandelt. "Wir sind da extrem gewissenhaft und haben das Geschehen extremst zurückgefahren", betonte Rosen. Ansonsten trainieren die Spieler wie bei anderen Clubs individuell nach Club-Plänen zuhause.

Update: Dienstag, 24. März 2020, 16.30 Uhr


Welle des Zuspruchs für Corona-Hilfsfonds

Zuzenhausen. (jog) Diese außergewöhnlichen Zeiten in der Corona-Krise bedeuten eben nicht nur Sorgen und Nöte, sondern sie bringen auch sehr viel Positives zutage. Bundesligist TSG 1899 Hoffenheim hat seit der Veröffentlichung und Errichtung eines "Corona-Hilfsfonds" eine Welle des Zuspruchs erhalten. Sponsoren, Partner, Gönner, Freunde, Fans und Mitglieder des Kraichgauklubs haben nach Bekanntwerden der solidarischen Aktion umgehend ihre unprätentiöse, großzügige Hilfe angeboten. Mit Hochdruck arbeiten die TSG-Verantwortlichen an der Ausgestaltung des Fonds.

Am Freitag verkündete "Hoffe" ferner, dass des Auszeit für den geordneten Trainingsbetrieb für die Profis und die U 23 um eine Woche bis einschließlich 29. März verlängert wird. "Es geht um die Gesundheit. Deshalb gilt es alles dafür zu tun, die Verbreitung des Virus so effektiv wie möglich zu verlangsamen", sagte Alexander Rosen, Direktor Profifußball, über die Vorsorge-Maßnahme. Mit Trainingsplänen halten sich die Akteure von Cheftrainer Alfred Schreuder und U 23-Kollege Marco Wildersinn individuell fit.

Einen ersten "Corona-Fall" haben sie, Stand 20. März, beim Dorfverein glücklicherweise nicht. Neben der Bereitschaft von Kapitän Hübner und Co., den Hilfsfonds unterstützen zu wollen, wird auch das Thema Gehaltsverzicht intern diskutiert, was ein weiteres wichtiges Signal darstellen würde. Auch Kurzarbeit ist im Trainings- und Geschäftsstellenzentrum Zuzenhausen (noch) keine Option. Aufgrund der Corona-Pandemie ist unterdessen eine Verlängerung der Saison-Pause (bis 2. April) zu erwarten.

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