Wechselwünsche

1899 Hoffenheims lohnenswertes Veto bei Uth und Ochs

"Bayernschreck" Uth wollte zum 1. FC Köln, Talent Ochs stand bei St. Petersburg fest im Notizbuch - Doch sie blieben im Kraichgau

11.09.2017 UPDATE: 12.09.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 51 Sekunden

Orgie: Amiri (v.l.), Zuber, Doppeltorschütze Uth und Demirbay feiern das 2:0. Foto: APF

Von Joachim Klaehn

Sinsheim. "Uth, Uth, Uth, Uth!", so schallte es am Samstagabend stakkatohaft durchs ausverkaufte Stadion. Denn der Hoffenheimer Stürmer Mark Uth hatte den hoch dekorierten FC Bayern quasi mit links bezwungen. Zweimal, um genau zu sein: Technisch perfekt mit dem Außenrist ins kurze Eck zum 1:0 (27.), dann nach wunderbarer Vorarbeit des Schweizer "Gardisten" Steven Zuber zum 2:0 (51.) per Direktabnahme. Später musste der gebürtige Kölner als Bonus den "Zaunkönig" mimen. Der 26-Jährige erledigte die Feierlichkeiten vor der Südkurve mit Bravour. So wie der Mann auch auf dem Feld agiert: Unaufgeregt, cool, wild entschlossen und zielorientiert.

Profifußball ist ein total verrücktes Geschäft. Von einer Sekunde auf die andere kann sich alles ändern. Und Entscheider der Klubs überdenken zuweilen ihre Einschätzungen, was die Qualität ihrer Hauptdarsteller anbetrifft.

Im Fall von Uth schienen in der am 31. August zu Ende gegangenen Sommer-Transferperiode die Zeichen auf Wechsel zu stehen. Uth wollte sich mit seiner letztjährigen Back-up-Rolle hinter Sandro Wagner und Andrej Kramaric nicht zufrieden geben und zurück zu seinem Heimatverein 1. FC Köln gehen, zumal dieser in der Nachfolge von Anthony Modeste (TJ Quanjian/ China) akuten Handlungsbedarf hatte. "Hoffenheim wollte den Spieler nicht abgeben", sagte Kölns Sportdirektor Jörg Schmadtke am Sonntag im "Doppelpass" von Sport1. Verständlich aus TSG-Sicht: Nagelsmann und Co. hatten die erstmalige Dreifachbelastung der Mannschaft in der Bundesliga, im Europacup und DFB-Pokal im Fokus. "Drei Tage vor Transferschluss haben wir ein achtstelliges Angebot aus Italien erhalten", konstatierte Manager Alexander Rosen. Die Verlockung war demnach groß, einen Stürmer, dessen Vertrag im Juni 2018 ausläuft, gewinnbringend abzugeben. Für mindestens zehn Millionen Euro also, zumal der aktuelle Marktwert laut transfermarkt.de bei fünf Millionen liegt.

Nagelsmann und Rosen ließen am Wochenende keinen Zweifel daran, dass sie mit dem derzeit erfolgreichsten 1899-Goalgetter (zwei Tore in der Champions-League-Qualifikation gegen Liverpool, drei Treffer in der Liga) verlängern möchten. "Wir sehen ja, warum wir so viele Spieler brauchen", so Rosen zum Thema Kaderstärke, "aber es wird nicht einfach, ihn zu halten - vor allem wirtschaftlich." Nagelsmann ergänzend und pragmatisch: "Wir versuchen als Klub im Rahmen unserer Möglichkeiten alles, um mit Mark zu verlängern. Andererseits ist es normal, dass ein Spieler den Markt prüft." Der TSG-Cheftrainer lobte die Frohnatur aus dem Rheinland nach dem Bayern-Coup überschwänglich: "Mark ist extrem kaltschnäuzig. Ein sehr guter Einkauf von Alex Rosen. Uth steht trotz seines Alters noch nicht am Ende der Entwicklung. Ich glaube, dass er sich hier wohl fühlt."

In der Mixed Zone äußerte sich der Offensivmann vergleichsweise zurückhaltender, sowohl über das sensationelle Resultat gegen den Meister ("Ich muss das immer ein bisschen sacken lassen. Erst zu Hause haue ich alles raus") als auch seine Zukunftsperspektiven im Kraichgau: "Wir sind in Gesprächen. Es ist noch alles offen - und es ist noch Zeit."

Neben Mark Uth erhielt Philipp Ochs unlängst keine Freigabe von den Hoffenheimer Verantwortlichen. Zenit St. Petersburg wollte eines der größten deutschen Talente des Jahrgangs 1997 unbedingt haben, der SSC Neapel, VfB Stuttgart, 1. FC Köln und Hannover 96 zeigten seriöses Interesse. Der bodenständige junge Mann aus Wertheim hätte gerne eine der genannten Optionen gezogen, weil er sich dort mehr Spielpraxis versprach. Ausgerechnet gegen Ancelottis Stars feierte "Ochsi" sein Saisondebüt nach 75 Minuten, zuvor hatte er in Erfurt (1:0) im Pokal und in Leverkusen (2:2) lediglich zum Aufgebot gehört. "Es ist ein schönes Gefühl, wieder auf dem Platz zu stehen", so Ochs ehrlich, "natürlich hoffe ich auf mehr Spielzeit und gebe Vollgas. Es hat ja auch etwas zu heißen, wenn der Verein mich nicht gehen lässt."

Hopp und Flick als Befürworter

Mit spürbarer Vorfreude blickt Ochs nach vorne. Schon am Donnerstag (19 Uhr/Sky) schnuppert "Hoffe" erstmals Europa-League-Luft gegen die Portugiesen von Sporting Braga. "Es ist eine neue Aufgabe, wir sind alle heiß. Jeder kann kicken, der europäisch spielt", so Ochs über die C-Gruppen-Konkurrenz aus Braga, Rasgrad und Istanbul.

Der letztlich überraschende Verbleib von Ochs und das Veto des Dorfklubs ("Für Philipp waren die letzten Wochen nicht einfach", wie sein Berater Arthur Beck im Fachblatt kicker unlängst einräumte) haben Hintergründe. Ochs steht geradezu idealtypisch für die Hoffenheimer Ausbildung, ab zwölf genoss er die Vorteile der ganzheitlichen Nachwuchs-Institution "Anpfiff ins Leben" und steht bei Gesellschafter Dietmar Hopp hoch im Kurs. TSG-Geschäftsführer Hansi Flick galt bereits zu DFB-Zeiten als glühender Anhänger des Hochbegabten mit vorbildlicher Einstellung.

Die TSG-Fans sind gespannt, wie es mit den beiden Fast-Abgängen weitergeht. Im Erfolgsfall ist’s recht einfach: Mark Uth fühlt sich gut und Philipp Ochs in heimatlichen Gefilden aufgehoben ...

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