DFB-Pokal

1899 Hoffenheim ist bereit für die Bayern

6:1 in Kaiserslautern: Hoffenheim schießt sich im DFB-Pokal warm für das Eröffnungsspiel der Bundesliga in München

19.08.2018 UPDATE: 20.08.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 32 Sekunden

Glücksgefühle: Nico Schulz springt nach seinem Tor zum zwischenzeitlichen 2:0 Vorlagengeber Pavel Kaderabek in die Arme, im Hintergrund strahlt Leonardo Bittencourt. Foto: dpa

Von Nikolas Beck

Kaiserslautern. Das Fritz-Walter-Stadion hat schon bessere Tage gesehen. Die Katakomben erinnern eher an einen Rohbau, in den Gängen und auch im Kabinentrakt stehen Verputz- und Spachtelarbeiten an. Nach dem sportlichen Totalschaden im Mai kam der Wasserschaden im Juni. Sinnbildlich gesprochen: Der Lack ist ab auf dem "Betze".

Im Sommer 2018, 20 Jahre nach der letzten Meisterschaft, kann sich der Klub der 54er WM-Helden Fritz und Ottmar Walter, Kohlmeyer, Eckel und Liebrich mit einem Gegner wie der TSG 1899 Hoffenheim nicht mehr messen. Zwei Spielklassen liegen zwischen dem Champions-League-Teilnehmer und dem abgestürzten Drittligisten inzwischen - und ein "Zwei-Klassen-Unterschied ist heute auch mehr als deutlich geworden", konstatierte Kaiserslauterns Trainer Michael Frontzeck nach dem 6:1 (3:1)-Erfolg der TSG in der ersten DFB-Pokal-Runde am Samstagnachmittag.

Zwar fand Hoffenheims Coach Julian Nagelsmann die Kulisse immer noch beeindruckend - mit 22.818 Zuschauern war die WM-Arena von 2006 bei weitem nicht ausverkauft -, dennoch hatte der 31-Jährige von seiner Elf ein souveränes Weiterkommen verlangt, "um auch ein bisschen Druck aufzubauen", wie er erklärte. Das typische Geduldsspiel, wenn sich der vermeintliche Außenseiter hinten reinstellt und der Favorit vergeblich anrennt, wollte er unbedingt vermeiden: "Ich wollte es schnell entscheiden."

Nagelsmann kennt eben nur Vollgas. Und seine Schützlinge hatten offenbar ganz genau zugehört. Durch Tore von Joelinton (6. Minute), Schulz (13.) und noch mal Joelinton (22.) stand es schnell 3:0, sodass Frontzeck im Rahmen der Trinkpause Mitte des ersten Durchgangs bereits den Krisengipfel ausrief. "Dann haben wir Lautern unnötigerweise wieder ein bisschen ins Spiel kommen lassen", erinnerte sich Kapitän Kevin Vogt: "Das können wir souveräner spielen." Sein Trainer hatte Verständnis für die kurze Verschnaufpause. "Man führt schnell 3:0, es fühlt sich so an, als ob es sehr leicht geht, es ist warm... da haben wir die Struktur in der Defensive verloren."

Nach dem Anschlusstreffer durch Lukas Spalvis und dem Seitenwechsel legten Vogt und Co. aber wieder einen Gang zu: Pavel Kaderabek (51.), zum dritten Mal der Brasilianer Joelinton (53.) sowie der kurz zuvor eingewechselte Joshua Brenet (63.) machten das halbe Dutzend voll. Und nicht nur Frontzeck musste anerkennen: "Der Sieg ist - auch in dieser Höhe - absolut verdient."

Von einer "Pflichtaufgabe" sprach Leonardo Bittencout - und ließ dabei unerwähnt, dass der TSG beinahe eine komplette Elf verletzungsbedingt nicht zur Verfügung stand. Vor allem im Mittelfeld waren umfassende Umbaumaßnahmen vonnöten: Bittencourt und auch Rückkehrer Vincenzo Grifo in ungewohnt defensiven Rollen, dazu WM-Torschütze Steven Zuber - mit dieser "Schaltzentrale" hätte vor der Saison wohl nicht einmal Nagelsmann selbst gerechnet. "Wenn Spieler fehlen, müssen wir variabel sein", sagte Bittencourt, der diesmal auf der "Sechs" ran musste und seine Sache ordentlich machte.

Mann des Tages war aber ein anderer: Joelinton Cassio Apolinário de Lira. Diesen Namen wird in der Bundesliga bald jeder kennen. Vor Saisonbeginn von einer zweijährigen Leihe aus Wien zurückgekehrt, galt der 22-Jährige bestenfalls als ein Herausforderer für einen Kaderplatz. Eine starke Vorbereitung und drei Tore gegen den FCK später freut sich der 1,92-Meter große Modellathlet auf das Duell mit Hummels und Boateng. "Ich weiß noch nicht genau, wie wir am Freitag spielen, aber ich hoffe, dass er ganz gut reinpasst in den Plan", schmunzelte Nagelsmann, angesprochen auf seinen neuen Torjäger.

Allzu viele Rückschlüsse aus dem Pokalknaller für den Bundesligaknüller in München wollte der TSG-Trainer dann aber doch nicht ziehen. "Ich gehe davon aus, dass Bayern stärker sein wird als Lautern heute", sprach Nagelsmann das Offensichtliche aus. Zumindest vom Umfeld und der Kulisse her sei der FCK aber ein gutes Warm-up gewesen.

Was bleibt also vom Fußballnachmittag auf dem Betzenberg? Vorfreude auf den Branchenprimus, unter die sich sicherlich auch berechtigte Hoffnung auf einen neuerlichen Coup mischt, auf Hoffenheimer Seite - und eine große Baustelle in Kaiserslautern. Auf und neben dem Rasen.

Kaiserslautern: Sievers - Dick, Kraus, Hainault, Sternberg - Fechner (46. Löhmannsröben), Albaek - Hemlein, Zuck - Spalvis (66. Pick), Biada (46. Thiele).

Hoffenheim: Kobel - Bicakcic, Vogt, Posch - Kaderabek, Grifo, Schulz (62. Brenet) - Bittencourt (56. Hoogma), Zuber - Szalai, Joelinton (68. Belfodil).

Schiedsrichter: Ittrich (Hamburg); Tore: 0:1 Joelinton (6.), 0:2 Schulz (13.), 0:3 Joelinton (22.), 1:3 Spalvis (33.), 1:4 Kaderabek (51.), 1:5 Joelinton (53.), 1:6 Brenet (63.); Zuschauer: 22.818 ; Beste Spieler: - Schulz, Joelinton.

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