1899 Hoffenheim

Sportliche Zwischenbilanz ist ernüchternd

Denn Lehrjahre sind keine Herrenjahre - Viel zu viele individuelle Patzer

24.10.2018 UPDATE: 25.10.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 8 Sekunden

Kevin Vogt (r.) versucht vergeblich, Tanguy Ndombele beim Schuss zum 2:2 zu stören. Foto: dpa

Von Achim Wittich

Sinsheim. Die sportliche Zwischenbilanz fällt wahrlich ernüchternd aus. In den beiden Champions-League-Qualifikationsduellen im vergangenen Jahr gegen den FC Liverpool, den nach dem Scheitern gegen die "Reds" anschließenden sechs Gruppenspielen in der Europa League und den nun drei absolvierten Partien in der Königsklasse hat die TSG 1899 in elf Versuchen gerade einmal eine Begegnung für sich entscheiden können. Im Heimspiel gegen die Türken von Istanbul Basaksehir FK gab es vor ziemlich genau zwölf Monaten einen 3:1-Erfolg. Drei Remis und sieben Niederlagen stehen daneben für den Kraichgauklub zu Buche. Der Neuling auf internationalem Parkett zahlt weiterhin Lehrgeld.

Das war auch am stimmungsvollen Dienstagabend gegen die französischen Ballkünstler nicht anders und deshalb ganz besonders bitter, weil zum wiederholten Mal viel mehr drin gewesen wäre für "Hoffe" als nur dieses eine Pünktchen. "Ich glaube, dass wir herausragenden Fußball gespielt haben", sagte Trainer Julian Nagelsmann zu mitternächtlicher Stunde auf der Pressekonferenz. Um dann - angesprochen auf eine etwaige fehlende internationale Erfahrung seines Teams - zu antworten: "Wir sollten grundsätzlich die Kirche im Dorf lassen. Drei Tore sollten normal reichen."

Sie taten es bekanntlich nicht, weswegen die TSG beim nächsten Treffen mit Olympique in zwei Wochen mit dem Rücken zur Wand steht. Nagelsmann gibt den Optimisten. "Wir waren die bessere Mannschaft und ich werde sie so vorbereiten, dass wir auch im Rückspiel die bessere Mannschaft sein werden", ging der 31-Jährige verbal in die Offensive.

"Wir schenken dem Gegner einfach zu viele Tore": 1899-Nationalspieler Nico Schulz (l.), hier im Duell mit Bertrand Traoré (m.) und Memphis Depay. Foto: APF

Was nützt es freilich, den Gegner am Boden zu haben, um ihn dann freundlich die Hand zu reichen und wieder aufstehen zu lassen? Nico Schulz brachte es tief enttäuscht auf den Punkt: "Wenn du die drei Eigentore nicht machst, gewinnst du das Spiel." Der Nationalspieler konnte es kaum fassen, dass alle Treffer des Gegners nach haarsträubenden individuellen Patzern der Mitspieler zu Stande gekommen waren.

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"Top-Mannschaften nutzen solche Einladungen aus", meinte Innenverteidiger Ermin Bicakcic mit leidvoller Miene, um sich dann aber für die drei Rückspiele gegen Lyon, Manchester City und Donezk kämpferisch zu geben: "Wenn ich keine Chance mehr sehen würde, würde ich sagen, ich spiele keine Champions League mehr und konzentriere mich auf die Bundesliga."

Dort geht es am Samstag (18.30 Uhr) im Landesderby gegen den VfB Stuttgart weiter, bevor am kommenden Mittwoch (20.45 Uhr) beim Pokalgastspiel in Leipzig der nächste schwere Auftrag für den Dorfklub auf dem Arbeitsprogramm steht. Dann wird auch entscheidend sein, dass sich die etablierten Kräfte nicht von den Aussetzern ihrer jüngeren Nebenmänner anstecken lassen.

Nicht nur Stefan Posch (21) leistete sich gegen Manchester City einen folgenschweren Aussetzer, diesmal ließen neben Kevin Akpoguma (23) beim 2:3 zuvor Kapitän Kevin Vogt (27) und der sonst so zuverlässige Torhüter Oliver Baumann (28) völlig überflüssigen Torjubel der Gäste zu. Nico Schulz traf mit seiner Analyse noch einmal genau ins Schwarze: "Wir schenken dem Gegner einfach zu viele Tore."

Doch nicht nur das ist ein Manko im Spiel der Hoffenheimer. Trotz der drei Treffer brachte es im Stadionbauch ein kritischer Beobachter in typischer Fußballersprache auf den Punkt. "Da fehlt einfach die Geilheit vor dem Tor." Nicht Unrecht hat der Mann, denn angesichts zahlreicher weiterer bester Möglichkeiten hätten beispielsweise Ishak Belfodil und selbst der zweifache Torschütze Andrej Kramaric den Sieg für ihre Mannschaft herausschießen müssen.

In der europäischen Eliteklasse werden alle diese Versäumnisse gnadenlos bestraft - denn Lehrjahre sind auch im Fußball keine Herrenjahre.

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