"Hoffe" hofft auf Gnabry
Trainer Julian Nagelsmann hat wieder mehr Alternativen - TSG-Coach kann mit Punkt gegen Frankfurt leben
Von Nikolas Beck
Sinsheim. Wie unterschiedlich die Gemütslagen nach einem Fußballspiel sein können, wurde am Samstagabend in der Rhein-Neckar-Arena wieder einmal deutlich. Anders als bei den Punkteteilungen gegen Berlin, Augsburg oder Wolfsburg hatte man bei der TSG 1899 Hoffenheim nach dem 1:1 gegen Eintracht Frankfurt am Samstagabend eher das Gefühl, einen Zähler gewonnen zu haben. Daher wollte Trainer Julian Nagelsmann auch nicht hadern. Weder mit der Art und Weise, wie sich seine Schützlinge erst dank des Last-Minute-Treffers von Mark Uth das Remis erkämpften, noch mit dem Ergebnis. "Am Ende war das 1:1 verdient, viel mehr war nicht drin, weil Frankfurt einfach gut verteidigt hat und immer gefährlich konterte", resümierte Nagelsmann: "Von daher kann ich mit dem Punkt leben."
Einfach mal zufrieden sein - das scheint ohnehin derzeit das Motto des 30-Jährigen zu sein. Die gute Laune, von der Nagelsmann schon im Vorfeld der Partie gesprochen hatte, hat vielerlei Gründe. Dass gegen die Hessen endlich mal Hoffenheim spät jubeln und dem Gegner die Punkte entreißen konnte - im bisherigen Saisonverlauf war es schließlich meist die TSG, der nach einer Führung am Ende die Puste ausging - trug sicher einen Teil dazu bei. Viel wichtiger jedoch: Die TSG scheint gut aufgestellt und bereit für den Hinrundenendspurt. Das Duell mit den Frankfurter Adlern war die erste von insgesamt acht Partien innerhalb der nächsten vier Wochen. Es warten Braga, Hamburg, Leipzig, Rasgrad, Hannover, Stuttgart und Dortmund.
Da kommt es dem Chefcoach gelegen, dass ihm inzwischen wieder zahlreiche Alternativen zur Verfügung stehen. Zu häufig hatte sich die erste Elf - vor allem in der Defensive - vor der Länderspielpause praktisch von selbst aufgestellt. Schon gegen Frankfurt musste Nagelsmann "die Frische von der Bank" nicht wie zuletzt zumeist durch Nachwuchsspieler bringen, sondern hatte mit Nadiem Amiri, Andrej Kramaric und Serge Gnabry Hochkaräter in der Hinterhand.
Vor allem Gnabrys Einwechslung war Gold wert. Immer wieder ließ der 22-Jährige seine hohe Geschwindigkeit und sein großes Können aufblitzen. Die Explosivität des Supersprinters war zuletzt Segen und Fluch zugleich. Da seine Muskulatur aus vielen "Fast-Twitch-Fasern, die anfälliger sind als die langsamen Fasern" besteht, wie Nagelsmann kürzlich erklärte, ließ man bei Gnabrys muskulären Problemen besondere Vorsicht walten. Acht Wochen musste der gebürtige Stuttgarter tatenlos zusehen. Gegen Frankfurt kam der Sohn eines Ivorers und einer Schwäbin erst zu seinem dritten Bundesligaeinsatz in dieser Saison - und wurde direkt zum entscheidenden Faktor.
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"Da haben wir einmal die nötige Fläche gehabt und mit Serge einen sehr guten Eins-gegen-eins-Spieler am Ball", beschrieb Nagelsmann die Szene in der Nachspielzeit, die den Punktgewinn bescherte. "Er behält in der Box den Überblick und hat auch noch das Auge für den einlaufenden Mark Uth", gab’s ein Sonderlob vom Chef. Nun hofft man beim Dorfklub, dass der Mann, dessen Stern bei den Olympischen Spielen in Rio im Sommer 2016 aufgegangen war, dauerhaft die erhoffte Verstärkung sein wird.
Wobei "dauerhaft" in diesem Fall bis zum 30. Juni 2017 bedeutet. Dann beginnt für die Bayern-Leihgabe - Stand heute - das Abenteuer beim Rekordmeister. In Anbetracht des wechselwilligen Sandro Wagners, den es ebenfalls nach München zieht, und des Toptorjägers Mark Uth, dessen Arbeitsvertrag im Sommer ausläuft, steht der TSG in der Offensive ein Umbruch bevor. "Wir sind dafür bekannt, dass wir in den letzten Jahren immer wieder kreative Lösungen gefunden haben, um Dinge zu kompensieren", sagte Nagelsmann. Die Laune verderben lässt sich der Trainer so schnell jedenfalls nicht.