Die Rhein-Neckar Löwen Tim Ganz (links) und Alexander Petersson verlassen nach der Schlusssirene recht nachdenklich das Parkett in der Flensburger Halle. pixfoto
Von Tillmann Bauer
Flensburg. Es war wirklich schon spät geworden, als Uwe Gensheimer (32) als letzter Spieler der Rhein-Neckar Löwen aus der Kabine kam. Die Haare waren noch nass, der Blick senkte sich zu Boden auf dem Weg zum Mannschaftsbus. Man hatte sich das Gefährt des Hamburger Handballsportvereins geliehen. "Alles in allem ist das Flensburger Spiel zurzeit noch etwas konstanter als unseres", sagte der Bundesliga-Rückkehrer.
Gerade hatte seine Mannschaft im zweiten Saisonspiel die erste Niederlage einstecken müssen. Mit 27:30 verloren die Löwen bei der SG Flensburg-Handewitt, obwohl man eine echt gute Leistung gezeigt hatte. Gensheimer betonte, dass es nun darauf ankomme, weiter an den Details zu arbeiten und im Training Vollgas zu geben, um das hohe Level, auf dem man beim deutschen Meister lange Zeit gespielt hatte, in Zukunft auch über die gesamte Dauer mitgehen zu können.
Schließlich waren es lediglich die knapp drei Minuten vor der Pause, in denen die Flensburger aus einem 15:14 durch ihre leidenschaftliche Spielweise eine 18:14-Halbzeitführung machten und damit die "Hölle Nord", die mit 6300 frenetischen Zuschauern wieder ausverkauft war, zum Ausflippen brachten.
Während Andy Schmid, der sich im Angriff viel Zeit ließ und geduldig auf die richtigen Aktionen wartete, diese Phase als "echten Stimmungskiller" bezeichnete, sprach Cheftrainer Kristjan Andresson davon, dass die zwei Angriffe vor der Pause "einfach nicht gut genug" waren, und Kreisläufer Jannik Kohlbacher meinte, dass genau diese Zeitspanne den Löwen "am Ende das Genick" brach. Was den Gelben schmerzte, löste verständlicherweise beim Gegner großen Jubel aus. Meistertrainer Maik Machulla strahlte bei der Pressekonferenz, als er von den Minuten vor der Halbzeitsirene sprach: "Für uns war diese Vier-Tore-Führung natürlich emotional super."
Für seinen Gegenüber, den isländischen Handballlehrer Andresson, war es unabhängig vom Ergebnis sehr positiv, dass seine Mannschaft nie aufgesteckt hat und bis zum Ende die Chance bewahrte, etwas Zählbares aus diesem ersten Topspiel der Runde mitzunehmen: "Mir hat die Art und Weise, wie wir gekämpft haben, sehr gefallen. Das ist für mich sehr wichtig", sagte er, als er das Spiel reflektierte: "Seitdem ich da bin, war das eines der besten Spiele."
Es fehlte lediglich an Kleinigkeiten, wobei man merkte, dass Flensburg schlicht eingespielter und selbstbewusster war. Andresson: "Natürlich ist es noch früh in der Saison, aber jetzt haben wir schon zwei Minuspunkte. Damit müssen wir leben." Es braucht noch etwas Zeit.
Was den neuen Coach von seinem Vorgänger Nikolaj Jacobsen, der ebenfalls in der Halle das Spiel verfolgte, unterscheidet, ist, dass er schon jetzt großen Wert auf Rotation legt. Andresson wechselte häufig, gab vielen seiner Akteure die Chance, sich zu beweisen und überraschte auch mit der Startformation, indem er Gensheimer auf der Bank sitzen ließ. Einige Fans hatten Sorge, der Löwen-Anführer hätte sich kurzfristig eine Verletzung zugezogen. "Ich konnte ja aufgrund einiger Kleinigkeiten die Vorbereitung nicht komplett mitmachen, aber ansonsten war ich heute fit", gab der Publikumsliebling Entwarnung: "Ich glaube, dass Kristjan im Allgemeinen ein bisschen mehr rotieren möchte."
Danach war Zeit zu gehen, schließlich war es kurz vor 22 Uhr, und der Flieger Richtung Heimat hob am Freitagmorgen schon früh von Hamburg ab. Gensheimer wuschelte sich nochmals kurz durch die Haare, verabschiedete sich und stieg in den Bus. Schon am Dienstag steht das erste Heimspiel der Saison gegen den Bergischen HC an. Bis dahin wird sich die Laune der Löwen wieder verbessert haben. Schließlich ist es ja bekanntlich die Zeit, die alle Wunden heilt.