Frühes Aus, offene Fragen: BVB-Probleme plötzlich wieder da
Erneut früh verpasste Chance, enttäuschte Stars: Was hinter den Kulissen des BVB nach dem Pokal-Aus passiert – und welche Auswirkung das Pokal-Aus auf Nico Schlotterbeck haben könnte.

Dortmund (dpa) - Wie sehr es in Niko Kovac brodelte, ließ sich nur in Nuancen erkennen. Öffentlich nahm der BVB-Chefcoach sein Team wie so oft in Schutz und sprach trotz des erneut frühen Pokal-Ausscheidens und einer seltsam uninspirierten Leistung von einem "guten Spiel" Borussia Dortmunds beim 0:1 (0:1) gegen Bayer Leverkusen. "Ich kann meiner Mannschaft keinen Vorwurf machen", sagte Kovac weiter.
Nichts als Floskeln, die als solche bei genauerem Nachfragen und Beobachten als solche zu erkennen waren. "Bei uns in Kroatien gibt es einen Spruch: Nach der Schlacht kann jeder General sein", sagte Kovac mit gequältem Lächeln auf die Frage, ob die Hereinnahme der schwachen Jobe Bellingham und Carney Chukwuemeka ins Mittelfeldzentrum nach dem überzeugenden 2:1 in der Liga am Samstag in Leverkusen ein Fehler war. War es, wie Kovac indirekt zugab.
Entlarvendes kroatisches Sprichwort von Kovac
Hinterher ist man immer schlauer - das sollte Kovacs kroatisches Sprichwort wohl bedeuten. "Bislang haben wir viele gute Entscheidungen getroffen", sagte Kovac weiter. Den Zusatz "diesmal nicht" sparte er sich und umschrieb das Dilemma am Dienstag mit den Worten: "Uns hat etwas die Tiefe gefehlt." Das kann man so sehen. Die beiden Engländer fanden überhaupt nicht in Spiel. Aus dem Mittelfeld kamen weder Tempo noch Ideen.
Auch der - nachvollziehbare - Wechsel im Angriff verpuffte völlig. Der seit Wochen schwache Torjäger Serhou Guirassy, der zudem in Leverkusen noch mit einer Ego-Aktion nach seiner Auswechslung negativ aufgefallen war, bekam diesmal eine Startelf-Pause. Vertreter Fábio Silva nutzte seine Chance nicht. "Die Chance hatte er sich verdient", sagte Kovac auf die konkrete Frage, wie er den Portugiesen im Spiel gesehen habe. Manchmal sagt das, was nicht gesagt wird, mehr aus als das ausgesprochene Wort.
Lediglich Karim Adeyemi versprühte im BVB-Angriff Torgefahr, hatte bei den wenigen Chancen gegen Leverkusen aber Pech. Mit fatalen Folgen für die ambitionierten Dortmunder. "Natürlich hatten wir die Erwartungshaltung, eine Runde weiterzukommen", sagte Sportdirektor Sebastian Kehl bedröppelt.
Formuliertes Titel-Ziel von Ricken scheinbar ignoriert
Knapp zehn Tage zuvor hatte Sportchef Lars Ricken öffentlich das Ziel des Pokalsiegs ausgesprochen. In der Realität kam der BVB seit dem Pokalsieg 2021 nicht mehr über das Viertelfinale hinaus. Nach dem Zweitrunden-Aus in der Vorsaison ging es diesmal nur eine Runde weiter. "Dass das erstmal eine Enttäuschung ist, ist klar. Es war unnötig, heute auszuscheiden", schimpfte Kehl. "Vielleicht hat am Ende die letzte Gier gefehlt", sagte Kapitän Emre Can in der ARD. Ein alarmierendes Gefühl angesichts der Dortmunder Ambitionen.
Zumal sich daraus weitere Probleme ergeben könnten. Besonders niedergeschlagen wirkte am Dienstag Nico Schlotterbeck, bei dem die Dortmunder um eine vorzeitige Verlängerung seines aktuell noch bis 2027 gültigen Vertrages kämpfen. Schlotterbeck hatte im Vorfeld der beiden Duelle mit Leverkusen auf deren Wichtigkeit hingewiesen.
Dabei ging es Deutschlands Top-Verteidiger darum, zu erkennen, in welche Richtung es für den BVB in dieser Saison gehen kann und wie groß die Möglichkeit ist, auch mit Dortmund künftig Titel zu gewinnen. "Das tut extrem weh, ich bin auch extrem niedergeschlagen", sagte Schlotterbeck nun nach dem Pokal-Aus. Der kürzeste Weg zum Titel ist mal wieder früh und leichtfertig verspielt - nicht gerade förderlich für eine mögliche Vertragsverlängerung mit dem 26-Jährigen, dem gegen Leverkusen allerdings vor dem Gegentreffer von Ibrahim Maza (34. Minute) ein taktischer Fehler unterlief.
Wie geht es nun bei Schlotterbeck weiter?
Schon in Leverkusen in der Liga war Schlotterbeck vor dem Anschlusstreffer der Werkself zu spät in den Zweikampf gekommen. Der Abwehrchef des BVB wirkt gerade etwas überspielt. Auch in dem Punkt ließ Kovacs Antwort auf die Frage, ob Schlotterbeck nicht einmal eine Pause guttun würde, tief blicken. Vor dem Spiel habe er demnach versichert, dass ein erneuter Startelf-Einsatz in einer englischen Woche für ihn kein Problem sei. "Und wenn ein Nationalspieler mit 26 das sagt, dann vertraue ich ihm auch", sagte Kovac knapp.
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