Und wieder gab es "totales Chaos"
Die Autobahn-Sperrung ließ den Verkehr in Sinsheim zusammenbrechen. Manche standen vier Stunden im Stau.

Von Christian Beck und Tim Kegel
Sinsheim. Auch bei der zweiten A 6-Vollsperrung lief teilweise gar nichts mehr: In Sinsheim brach der Verkehrsfluss am Samstag zusammen. Und noch vor der Ausleitung verschlimmerte ein Unfall am Samstagmorgen die Situation auf der Autobahn dermaßen, dass manche Verkehrsteilnehmer stundenlang im Stau standen. Verärgert zeigte sich auch Oberbürgermeister Jörg Albrecht. Denn die von ihm erbetenen Polizisten, die den Verkehr in der Stadt hätten regeln sollen, wurden ihm zufolge abgelehnt.
Hintergrund der Sperrung war wie am vergangenen Wochenende die Sanierung des Straßenbelags: Der offenporige und somit lärmmindernde Asphalt verfügt, verglichen mit normalem Asphalt, über eine kürzere Lebensdauer. Um den Austausch auf der kompletten Fahrbahnbreite zu ermöglichen, wurde am Freitag, 22 Uhr, der Abschnitt zwischen Sinsheim-Süd und Sinsheim in Richtung Mannheim gesperrt.
Was vor allem am Samstag folgte, war laut OB "das totale Chaos". Wohl auch wegen des Unfalls kurz vor der Anschlussstelle Steinsfurt schob sich eine Blechlawine durch Steinsfurt, über Rohrbach, Sinsheim-Ost, die Neuland- und Jahnstraße sowie die Hauptstraße.

Neuralgische Punkte gab es an den bekannten Nadelöhren, etwa der Neuland- und Jahnstraße, am Abzweig zur Dührener Straße stadtauswärts in Richtung Autobahnauffahrt, beim Abbiegen von der Muthstraße in die Friedrichstraße sowie an den Kreisverkehren in der Neuland-, Stromberg- und Dührener Straße. Einige versuchten, über den Schwimmbadweg abzukürzen, und standen dann lange ab Abzweig zur Friedrichstraße bei der Dr.-Sieber-Halle.
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Wer am Samstag auf der A 6 eigentlich an Sinsheim vorbeifahren wollte, brauchte ganz viel Geduld: Hans Dahme, der mit seinen fünf Jahre alten Zwillingen von Stuttgart zu seinen Eltern nach Neckargemünd unterwegs war, teilte mit, dass er vier Stunden brauchte, um die letzten sechs Kilometer bis zur Ausfahrt Steinsfurt zurückzulegen. "Zum Glück waren meine Töchter sehr tapfer und geduldig", schreibt er. Wer auf der Gegenspur dort vorbeifuhr, sah Menschen, die ausgestiegen waren, rauchten oder an den Fahrbahnrand pinkelten.
Etwa flüssiger lief es am Sonntag: Wer gegen 10 Uhr von der Autobahn in die Neulandstraße wollte, war in wenigen Minuten dort. Doch am Nachmittag wurde es erneut zäh: Der OB beschrieb die Lage mit den Worten "wie an einem Wochentag um 16 Uhr".
Dass die A 6-Sperrung Sinsheim erneut im Verkehr ersticken lässt, kam laut Meinung vieler mit Ansage: Bereits nach dem ersten Sperrungs-Wochenende hatten der OB sowie mehrere Gemeinderäte und Ortsvorsteher die Kommunikation und das Baustellenmanagement des Unternehmens ViA6West, das den Autobahnabschnitt betreut, deutlich kritisiert. Noch am Freitag habe er beim Polizeipräsidium Mannheim darum gebeten, dass Polizisten den Verkehr an neuralgischen Punkten in der Stadt mit der Kelle regeln, berichtet Albrecht auf RNZ-Nachfrage. Mit den Worten "Das Chaos kann man eh nicht verhindern" sei dies abgelehnt worden, berichtet der OB und fügt hinzu: "Ich sehe das anders."
Deutlich fiel erneut die Kritik vieler Verkehrsteilnehmer aus: Er habe am Samstag "unterirdische E-Mails" zur Verkehrssituation bekommen, berichtet Albrecht – "wie wenn wir doof wären". Doch die Stadt habe mit der Baustelle gar nichts zu tun, zuständig ist die ViA6West.
Auf RNZ-Nachfrage, was getan worden sei, um den erneuten Verkehrskollaps zu vermeiden, antwortete Martina Berlenz von der ViaA6West: "Die Verkehrsführung wurde mit den zuständigen Verkehrsbehörden und der Polizei abgestimmt. Die aus den Erfahrungen der Sperrung am vergangenen Wochenende abgeleiteten und durch ViA6West umsetzbaren Maßnahmen wurden auch umgesetzt. So wurden zusätzliche mobile Stauwarntafeln eingesetzt, die auf das Stauende aufmerksam machen." Diese Warntafeln haben den schweren Unfall am Samstagmorgen jedoch nicht verhindert. Und für den Verkehrsfluss innerhalb Sinsheims haben sie auch keine Entlastung gebracht.
Berlenz teilte am Sonntagspätnachmittag mit, dass die Autobahn voraussichtlich am Sonntagabend freigegeben werden kann. Es sei nun ein "schwacher Trost", sagt der OB, dass die nächste Sperrung wohl erst in sechs Jahren kommt. Denn so lange hält der offenporige Asphalt im Schnitt.