Werden so schmutzige Geschäfte verhindert?
Wer bei Banken mehr als 10.000 Euro bar einzahlen will, muss jetzt nachweisen, woher das Geld kommt.

Von Christiane Barth
Sinsheim. Woher stammt das Geld? Eine Frage, bei der die meisten zusammenzucken – nicht, weil sie etwas zu verbergen hätten, sondern weil beim Thema Geld meist lieber geschwiegen wird. Jetzt aber gibt es eine entscheidende gesetzliche Änderung, bei der Bankkunden die Quelle ihres Bargelds – ob sie es nun an der Kasse oder am Automaten einzahlen – offenlegen müssen, sofern die Summe über dem Betrag von 10.000 Euro liegt. Ob man dabei trotzdem schummeln kann? Etwa, indem man das Geld in mehreren Teilbeträgen zur Bank bringt? Fehlanzeige: Auch dabei gilt die Nachweispflicht, wenn die gesplittete Summe insgesamt 10.000 Euro überschreitet. Tricksen soll so unterbunden werden. Mit den neuen Regeln will der Staat künftig Geldwäsche verhindern, also finanzielle Transaktionen, die die ursprüngliche Herkunft des Geldes aus kriminellen Geschäften verschleiern sollen.
Wer mehr als 10.000 Euro zur Bank bringt, muss also nachweisen, woher das Geld stammt. Als Belege werden aktuelle Kontoauszüge oder Barauszahlungsquittungen einer anderen Bank, Verkaufs- oder Rechnungsbelege (beispielsweise nach einem Auto-Deal oder dem Umwandeln von Edelmetallen in Bargeld) akzeptiert. Auch Schenkungsverträge haben das Zeug zum "geeigneten Nachweis". Ohne Dokumente aber, die die legale Herkunft des Geldes belegen, bleiben die Kunden auf ihrem Bargeld sitzen – oder es droht sogar Schlimmeres: Denn die Banken müssen die Meldeverpflichtungen des Geldwäschegesetzes beachten und die Ermittlungsbehörden informieren, wenn der Nachweis ausbleibt. Wie dieser nun konkret zu erfolgen hat? Er kann in der Filiale vorgelegt, per Post geschickt oder im Online-Banking-Portal versendet werden. Die RNZ sprach nun mit Sinsheimer Geldinstituten:
"Natürlich kommt es auf den jeweiligen Einzelfall an", verdeutlicht Thomas Geiß, Vorstandsmitglied der Sparkasse Kraichgau. So könne der Nachweis beispielsweise auch durch eine vom Kunden dokumentierte und von der Bank plausibilisierte Erklärung erfolgen. Wenn Oma also ihr Geld, das sie sich von der Rente abgespart hat, jahrelang unter dem Kopfkissen aufbewahrt hat und nun zur Bank bringt, muss sie eine solche "Erklärung" abgeben, auch das Brautpaar oder der Konfirmand, die ihre Geldgeschenke einzahlen wollen. Die Bank hat dann zu prüfen, ob die Begründung nachvollziehbar ist. "Hier spielt insbesondere die Beziehung zur Sparkasse eine Rolle; gerade ältere Kundinnen und Kunden haben ja eine über Jahre gewachsene, persönliche Beziehung zu ihrem Berater und man kennt sich", teilt Pia Jäger von der Sparkasse Bruchsal mit. "Auch individuelle Sachverhalte berücksichtigen wir", versichert Geiß.
Erleichterungen bei der Nachweispflicht sollen übrigens für gewerbliche Kunden gelten, bei denen hohe Einzahlungsbeträge an der Tagesordnung sind wie beispielsweise Tankstellen oder Einzelhändler. Hier soll im Einzelfall geprüft werden.
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Ob mit diesem Verfahren aber nicht auch Schindluder getrieben werden kann, wenn beispielsweise die Oma herhalten muss, eine Bescheinigung für eine Schenkung auszustellen, die es gar nicht gibt? Joachim Reupert, Marketing-Leiter von der Volksbank Kraichgau, spricht von "legalisierter Geldwäsche", der durchaus Tür und Tor geöffnet werden könnte: "Keine Bank kann prüfen, ob die Schenkungsverträge echt sind." Überhaupt hält er die neue Regelung für noch längst nicht ausgereift und auch noch zu wenig bekannt. Er befürchtet, dass die Aufklärungsarbeit wohl die Banken leisten müssten. "Das ist alles noch nicht zu Ende gedacht, und am Ende des Tages sind wir der Buhmann", meint Reupert.
Problematisch sei auch, dass man das gute Vertrauensverhältnis zu langjährigen Kunden gefährde, wenn man ihnen latent unterstelle, das Geld könnte nicht aus legalen Quellen stammen. Der Marketingleiter sieht viel Mehrarbeit auf die Banken zukommen: "Wir müssen erst mit dem Thema umgehen lernen. Es gibt noch keine Blaupause."
Doch kann mit der neuen Regelung Geldwäsche künftig tatsächlich effektiv verhindert werden oder taugt die neue Regel allenfalls dazu, die kleinen Fische ins Netz gehen zu lassen, während die großen ohnehin ganz andere Wege gehen, um illegale Geschäfte rein zu spülen? Geiß meint dazu: "Inwiefern sich durch die neue Regelung Geldwäsche eindämmen lässt, wird sich zeigen. Tatsache ist, dass diese neue Anforderung für unsere Kundinnen und Kunden sowie unsere Sparkasse selbst einen deutlich höheren Aufwand bedeutet." Reupert ist der Ansicht, dass man die wirklich kapitalen Betrüger ohnehin nicht erwische, die man mit der Nachweispflicht abfangen möchte: "Die haben sowieso ihre eigenen Wege."
Kritiker der neuen Regel meinen außerdem, dass der Abwendung vom Bargeld als Zahlungsmittel, die durch die Corona-Pandemie befeuert wurde, weiterhin Vorschub geleistet werde. "Wie bequem und einfach digitale Zahlungen sind, hat uns die Corona-Pandemie gezeigt. Wir haben das konkret an den stark rückläufigen Auszahlungen an unseren Geldautomaten gemerkt", verdeutlicht Geiß. Er geht jedoch nicht davon aus, dass der Einsatz von Bargeld nun mehr und mehr zurückgeht. Geiß versichert: "Deutschland ist europaweit gesehen nach wie vor ein Bargeldland. Daran wird sich wohl auch durch die neue gesetzliche Regelung nichts ändern." Außerdem: Die allermeisten Bargeldtransaktionen unterschritten das Limit von 10.000 Euro sowieso, teilt er mit.