Müll, Lärm und teure Mieten besorgen Anwohner
Zusammenhalt bröckelt - Vereinbarung soll Zusammenleben im Viertel stärken - Nachtbürgermeister mit im Boot

In der Jungbuschstraße ist die Kneipendichte besonders hoch. Foto: Gerold
Mannheim. (jami) Der Stadtteil Jungbusch ist ein beliebtes Szeneviertel mit einer hohen Kneipendichte. Das bringt nicht nur Positives. Die Anwohner ärgern sich über Müll, Lärm, teure Mieten und Gentrifizierung. Wie kann verhindert werden, dass Menschen durch steigenden Mieten aus dem Stadtteil vertrieben werden? Wie werden die Spielplätze sauberer? Wie kommen die Kinder zu einer chancengerechten Bildung? Und wie können die Bewohner trotz der vielen nächtlichen Kneipenbummler ihre wohl verdiente Ruhe finden?
Ein gemeinschaftlich erarbeitetes Regelwerk soll für ein besseres Zusammenleben, für einen attraktiven, gut durchmischten Stadtteil sorgen: die Jungbusch-Vereinbarung. Sie soll mehrsprachig in Hausfluren und den Kneipen angebracht werden.
"Wir wollen wieder eine Balance im Jungbusch schaffen", sagt der Quartiermanager Michael Scheuermann bei der Präsentation der Vereinbarung. 2018 hatte er bei einer Stadtteilversammlung mit Petar Drakul, dem Referenten von Oberbürgermeister Peter Kurz, den "Buschlern" ein Versprechen gegeben. Nämlich mit dem Bezirksbeirat und Vertretern aus dem Quartier dem allmählichen Auseinanderdriften des Jungbuschs und den Konflikten im Stadtteil die Stirn zu bieten.
Das ist keine leichte Aufgabe. Im Szenekiez treffen die unterschiedlichsten sozialen Schichten aufeinander, haben Einwanderer mit verschiedenen kulturellen Hintergründen ein Zuhause, trifft die Kreativwirtschaft auf Trinker und Drogenabhängige.
Der Zusammenhalt der Bewohner, für den der Jungbusch eigentlich bekannt ist, bröckelt. Genau das wollen die Initiatoren der Jungbusch-Vereinbarung jedoch wieder fördern. "Wir wollen die Probleme nicht an die Stadt weitergeben, sondern sie gemeinsam lösen", so Scheuermann, der auch Leiter des Gemeinschaftszentrums Jungbusch ist.
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Dazu bedarf es der Zusammenarbeit vieler. So basiert die Vereinbarung auf den Ergebnissen einer sogenannten Monitoring-Gruppe, die sich seit rund einem Jahr regelmäßig trifft und dabei die Streitpunkte herauskristallisiert hat. Sie besteht aus Bewohnern, Kreativen, Gastronomen und Hauseigentümern.
Auch Mannheims erster Nachtbürgermeister Hendrik Meier mischt Ideen gebend und vermittelnd mit. Andererseits bedarf es des nötigen Willens der Bewohner und Besucher, aktiv mitzuwirken. Denn den Regeln der Jungbusch-Vereinbarung zu folgen, ist freiwillig. Es gebe keine Sanktionen, wenn man sich nicht dran halte, erklärt Petar Drakul.
Allerdings gibt es schon erste Erfolge. Unter anderem verpflichtet sich ein Immobilienunternehmen, bei Vermietungen auf Angebote von bezahlbarem Wohnraum zu achten. Zudem möchte es insbesondere Familien bezahlbare Wohnungen anbieten. Zahlreiche Vermieter haben zugesagt, Ähnliches zu tun und dauerhaft bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Stehen Konflikte mit den Vermietern an, werden nicht sofort Anwälte eingeschaltet, sondern das Quartiermanagement.
Bei Sprachproblemen wird auf Kulturdolmetscher zurückgegriffen, damit alle Parteien die Anliegen auch sprachlich verstehen. Die Stadt Mannheim hat zugesagt, sich mit den Nutzern um die Sanierung des zentralen Spielplatzes zu kümmern. Die Gastronomen hingegen möchten sich darum kümmern, dass sich die Besucher respektvoll verhalten, Lärm vermieden oder begrenzt und Müll nicht vor die Tür geworfen wird.
"Das Personal soll geschult werden, damit es darauf achtet, dass die Kneipengäste den Stadtteil sauber halten", erklärt Meier. Mitarbeiter des kommunalen Ordnungsdiensts werde sich verstärkt im Jungbusch blicken lassen, Falschparker kontrollieren oder nächtliche Ruhestörer zurechtweisen, verspricht der OB-Referent.
"Wir können nichts versprechen", sagt Michael Scheuermann mit einem zuversichtlichen Lächeln zum Abschluss. Denn ob die Vereinbarung dem Jungbusch Besserung bringt, ist ungewiss. Doch ein erster wichtiger Schritt ist getan - und es werden bestimmt weitere folgen.