FDP lässt im Fall des geflohenen Mörders nicht locker
Einen bewachten Ausflug an den See hatte ein verurteilter Mörder genutzt, um zu entkommen. Nun müssen sich viele Behörden erklären, während die Fahndung auf Hochtouren läuft.

Bruchsal/Germersheim. (cab) Christian Jung hat weiterhin Gesprächsbedarf und lässt nicht locker. Für den FDP-Landtagsabgeordneten aus dem Wahlkreis Bretten sind noch zu viele Fragen zur Flucht eines verurteilten Mörders offen. Gut vier Wochen ist es jetzt her, dass der in der Justizvollzugsanstalt (JVA) von Bruchsal inhaftierte Aleksandr P. bei einer sogenannten Ausführung außerhalb der Gefängnismauern fliehen konnte. Seitdem fehlt von ihm jede Spur. Europaweit wird nach ihm gesucht. Und Jung hat der Landesregierung gleich ein ganzes Fragenpaket zukommen lassen.
Der Liberale bezieht sich auf Informationen, die zuletzt durchgesickert sind. So soll Aleksandr P. auf seinem überwachten Ausflug noch mit zwei Beamten des Justizvollzugs in einem Baumarkt gewesen sein, bevor er die Flucht an einem Baggersee in Germersheim ergriff und sich von seiner Fußfessel befreite. Das meldete der SWR aus Ermittlerkreisen.
Und Jung verweist auf weitere Medienberichte, wenn er in seiner Mitteilung schreibt, auch die Frau des Geflohenen sei im Baumarkt dabei gewesen, um mit ihr "Bretter zu kaufen". Bei einer früheren Befragung im Landtag hatte Justizministerin Marion Gentges (CDU) gesagt, dass der Schwerverbrecher seine elektronische Fußfessel mit einem Werkzeug durchtrennt habe, nachdem er geflohen war. Insofern hat der Baumarkt-Besuch für Jung noch mehr Brisanz.
Außerdem war schon kurz nach seinem Verschwinden ein Brief aufgetaucht, in dem sich der Verurteilte über die Haftbedingungen beschweren soll. Und schließlich musste die JVA einräumen, dass es schon im Mai einen Vorfall mit der Fußfessel von Aleksandr P. gegeben hat. Damals nämlich löste sich die Überwachungseinheit am Befestigungsband – ebenfalls bei einem Ausflug unter strenger Überwachung. Jung spricht inzwischen von "Ungereimtheiten" in diesem Fall.
Also möchte er jetzt wissen, an welchen Orten sich der Inhaftierte bei seinem Ausflug am 30. Oktober aufgehalten hat, bevor er seine Familie an dem Baggersee unter Bewachung traf. Der Abgeordnete will sogar adressgenaue Ortsangaben sowie Zeitangaben sehen. Und das übrigens auch für alle sieben Ausflüge des Gefängnisinsassen vor seiner Flucht. Er möchte auch beantwortet bekommen, wie viele JVA-Beamte jeweils dabei waren. Jung fragt weiter, ob wegen Mordes oder Totschlags Verurteilte künftig bei Ausführungen mit Handschellen an Vollzugsbediensteten gesichert werden. Ob es richtig sei, dass man Fußfesseln schon mit einer haushaltsüblichen Schere öffnen könne. Welche Sicherheitsmaßnahmen künftig bei Ausflügen greifen sollen und wie nach der Flucht die Fahndung anlief – "mit genauen zeitlichen Angaben", so der FDP-Abgeordnete. Die möchte er auch zu der Frage haben, wann und wie die Staatsanwaltschaft über die Flucht informiert und danach aktiv wurde. Gentges hat drei Wochen Zeit für die Beantwortung.
Update: Dienstag, 28. November 2023, 19.55 Uhr
Flüchtiger Mörder beschwerte sich über Haftbedingungen
Bruchsal/Germersheim. (dpa) Im Fall des Ende Oktober entflohenen verurteilten Mörders untersucht das Landeskriminalamt Baden-Württemberg einen angeblichen Brief von ihm. "Wir prüfen ein Schreiben", sagte eine LKA-Sprecherin am Freitag auf Anfrage. Auf den Inhalt ging sie nicht ein.
In dem der Zeitung vorliegenden Schreiben soll sich der flüchtige Mörder über Haftbedingungen in der JVA Bruchsal beschwert haben. Von angeblichen Misshandlungen sei die Rede. Auch habe der Gewaltverbrecher geklagt, dass das Nichtraucherschutzgesetz im Gefängnis "in keinster Weise eingehalten und umgesetzt" werde.
Der Deutsch-Kasache war als Gefangener der JVA Bruchsal am 30. Oktober bei einem bewachten Ausflug an einen Baggersee im rheinland-pfälzischen Germersheim entkommen. Es war bereits seine achte Ausführung in Begleitung seiner Frau und seiner Kinder. Er war 2012 vom Landgericht Karlsruhe zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden, weil er einen 44-Jährigen erwürgt hatte. Er wird weiterhin europaweit gesucht.
Zu den Umständen der Flucht und möglichen Fehlern während des begleiteten Ausgangs äußerten sich die Behörden bislang nur spärlich. Auch bei einer Regierungsbefragung im Landtag hielt sich Justizministerin Marion Gentges sehr zurück - "aus ermittlungstaktischen Gründen". Bekannt sei unter anderem, dass der Mann seine elektronische Fußfessel nach seiner Flucht vom See mit Hilfe eines Werkzeugs geknackt habe.
Update: Freitag, 10. November 2023, 13.05 Uhr
Flüchtiger Mörder knackte Fußfessel mit Werkzeug
Bruchsal/Germersheim. (dpa) uch eineinhalb Wochen nach seiner Flucht ist ein verurteilter Mörder aus der JVA Bruchsal wie vom Erdboden verschwunden. Der Mann war bei einer sogenannten Ausführung an einen Baggersee im rund 25 Kilometer entfernten Germersheim verschwunden und wird weiterhin europaweit gesucht. Zu den Umständen der Flucht und möglichen Fehlern während des begleiteten Ausgangs äußerten sich die Behörden bislang nur spärlich. Auch bei einer Regierungsbefragung im Landtag hielt sich Justizministerin Marion Gentges sehr zurück - "aus ermittlungstaktischen Gründen", wie sie bei mehreren Fragen aus den Reihen der Opposition am Mittwoch betonte.
Bekannt sei unter anderem, dass der Mann seine elektronische Fußfessel nach seiner Flucht vom See mit Hilfe eines Werkzeugs geknackt habe, sagte Gentges. "Mit einem geeigneten Werkzeug kann jede Fesselung durchtrennt werden", erklärte sie weiter. Gentges betonte allerdings auch, eine solche Fußfessel funktioniere nicht "für sich alleine", sondern nur in Kombination durch die begleitenden JVA-Bediensteten. Es sei damit möglich, einen Fluchtweg leichter nachzuvollziehen. Der Vorfall am See werde auch disziplinarrechtlich untersucht.
Die CDU-Ministerin äußerte sich nicht dazu, ob dem Mann geholfen wurde, die Fußfessel durchzutrennen, und wie er bei seiner Flucht an das Werkzeug gelangen konnte. Die zerstörte Fessel war im Stadtgebiet von Germersheim entdeckt worden.
Elektronische Fußfesseln werden üblicherweise am Fußgelenk des Straftäters angebracht. Damit lässt sich sein Aufenthaltsort rund um die Uhr elektronisch überwachen. Der Sender ortet den Aufenthaltsort des Trägers und hält ständig Kontakt zur Überwachungsstelle der Länder in Hessen. Die Bewegungen der Träger sind dort auch auf einer Karte sichtbar.
Der Deutsch-Kasache war als Gefangener der JVA Bruchsal am Montag vor einer Woche bei einem bewachten Ausflug an einen Baggersee im rheinland-pfälzischen Germersheim entkommen. Es war bereits seine achte Ausführung in Begleitung seiner Frau und seiner Kinder. Er war 2012 vom Landgericht Karlsruhe zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden, weil er einen 44-Jährigen erwürgt hatte.
Die FDP fordert nach dem Zwischenfall deutlich schärfere Vorgaben für Ausführungen aus Justizvollzugsanstalten. Nach einer solchen Flucht müsse das Vorgehen auf den Prüfstand kommen, sagte die innenpolitische Sprecherin der Liberalen, Julia Goll, der Deutschen Presse-Agentur. Es könne zum Beispiel untersucht werden, ob ein weiteres Begleitfahrzeug oder ein zusätzlicher JVA-Bediensteter das Risiko einer Flucht verringern könnten. Auch müsste geprüft werden, ob eine zweite Fußfessel hilfreich wäre. "Es dauert länger, zwei Fußfesseln loszuwerden als eine", sagte Goll.
Gentges betonte nach der Sitzung allerdings, es liefen bereits alle notwendigen Ermittlungen und Prüfungen bei Polizei ebenso wie bei der Staatsanwaltschaft und intern im Justizvollzug. "Die Forderung nach schärferen Vorgaben setzt notwendig voraus, dass diese Prüfungen zunächst mit einem Ergebnis abgeschlossen werden", sagte die Ministerin.
Sie verteidigte zudem den begleiteten Ausgang des verurteilten Mörders an den See. "Vollzugsöffnende Maßnahmen" müssten nach gesetzlicher Vorgabe gewährt werden. Ein Gefangener dürfe also "für eine bestimmte Zeit unter ständiger und unmittelbarer Aufsicht von Vollzugsbediensteten" eine JVA verlassen. Es gehe darum, dass auch langjährig inhaftierte Gefangene ihre "Lebenstüchtigkeit" erhalten können, wie es auch das Bundesverfassungsgericht formuliert habe. Im Fall des Flüchtigen habe die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Karlsruhe entschieden, dass die von dem Mann beantragten drei Ausführungen im Jahr nicht unangemessen seien, sagte Gentges weiter.
Konsequenzen hat die Flucht zunächst auch für andere Gefangene in der JVA Bruchsal: "Bis zum Abschluss unserer Überprüfungen sind Ausführungen aus dem geschlossenen Bereich (...) ausgesetzt", erklärte Anstaltsleiter Thomas Weber am Mittwoch. Man werde diese begleiteten Ausflüge im Anschluss aber wieder aufnehmen.
Update: Mittwoch, 8. November 2023, 16.22 Uhr
Wie konnte verurteilter Mörder fliehen?
Bruchsal/Germersheim. (cab) Die Landesregierung muss sich mit der Flucht des verurteilten Mörders Aleksandr P. befassen. In Absprache mit FDP-Fraktionsvorsitzendem Hans-Ulrich Rülke hat der Abgeordnete der Liberalen aus dem Wahlkreis Bretten, Christian Jung, Anfang der Woche eine parlamentarische Anfrage an die grün-schwarze Landesregierung und Justizministerin Marion Gentges (CDU) gestellt. Jung fordert Aufklärung. Er will vor allem wissen, wie es überhaupt dazu kommen konnte. Aleksandr P., der in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Bruchsal einsaß, war vergangene Woche bei einem Ausflug an einen Baggersee in Germersheim trotz der Bewachung durch zwei JVA-Beamte entkommen. "Die Bevölkerung ist sehr beunruhigt", schreibt Jung in einer Mitteilung.
Der Landtagsabgeordnete will demnach auch wissen, wie sich der 43 Jahre alte Häftling nach seiner Flucht so schnell seiner elektronischen Fußfessel entledigen konnte. Jung fragt darüber hinaus, welche weiteren Sicherungsmaßnahmen es gab und warum dem Verurteilten ein oder mehrere Treffen mit seiner Familie außerhalb der JVA Bruchsal gewährt wurde. "Wie viele weitere Mörder erhalten ähnliche Freigänge beziehungsweise Familientreffen außerhalb des Bruchsaler Gefängnisses?", so Jung zum Abschluss seines Fragenkatalogs.
Er erwartet eine schnelle Reaktion: "Die Landesregierung und die Justizministerin müssen die Fragen nun zeitnah beantworten." Seine Fraktion will zudem die Regierungsbefragung an diesem Mittwoch dafür nutzen. Jung hofft in seinem Schreiben schließlich, dass "nichts passiert" und die Großfahndung nach Aleksandr P. am Ende erfolgreich ist.
Von dem 43 Jahre alten Deutsch-Kasachen fehlt seit seiner Flucht am 30. Oktober jede Spur. Nach ihm werde weiter gefahndet, bestätigt eine Sprecherin des Landeskriminalamtes am Dienstagmorgen. Dabei würden die Ermittler auch 50 Hinweisen aus der Bevölkerung nachgehen. Aleksandr P. war vor elf Jahren vom Landgericht Karlsruhe zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er einen 44 Jahre alten Mann erwürgt hat.
Update: Dienstag, 7. November 2023, 19.27 Uhr
Mehr als 60 Spuren zu verurteiltem Mörder auf der Flucht
Bruchsal/Germersheim. (dpa) Ein aus einem Gefängnis in Bruchsal geflohener verurteilter Mörder ist nach wie vor nicht gefasst. Nach dem 43-Jährigen werde weiterhin gefahndet, sagte eine Sprecherin des Landeskriminalamtes am Dienstagmorgen. Es gebe mehr als 60 Spuren und Hinweise, denen nachgegangen werde.
Der Deutsch-Kasache war am Montag vor einer Woche bei einem bewachten Ausflug an einen Baggersee in Germersheim (Rheinland-Pfalz) entkommen. An dem See sollte er seine Frau und Kinder treffen. Seitdem sucht die Polizei umfangreich nach dem Mann. Er war 2012 vom Landgericht Karlsruhe zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden, weil er einen 44-Jährigen erwürgt hatte.
Update: Dienstag, 7. November 2023, 09.19 Uhr
Verurteilter Mörder seit acht Tagen auf der Flucht
Bruchsal/Germersheim. (dpa) Die Polizei ist weiterhin auf der Suche nach einem verurteilten Mörder, der aus einem Gefängnis in Baden-Württemberg geflohen ist. Das sagte eine Sprecherin des Landeskriminalamts (LKA) am Montagmorgen.
Der 43-Jährige war am Montag vor einer Woche bei einem bewachten Ausflug an einen Baggersee in Germersheim geflohen. Unter der Aufsicht zweier JVA-Beamter sollte er dort seine Frau und Kinder treffen. Seitdem fahndet die Polizei umfangreich nach dem Mörder. Der Deutsch-Kasache war 2012 vom Landgericht Karlsruhe zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Diese verbüßte er bisher im Gefängnis Bruchsal.
Die Ermittler gingen bereits mehreren Hinweisen nach, wie das LKA mitteilte. Darunter seien Aussagen von Zeugen, die den flüchtigen Mörder gesehen haben wollen. Es werde in alle Richtungen und teils auch verdeckt ermittelt, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft am Freitag mit.
Update: Montag, 6. November 2023, 8.24 Uhr
Bruchsal/Germersheim. (dpa) Trotz großer Fahndung ist ein in Baden-Württemberg verurteilter Mörder weiter auf der Flucht. Es gebe keine Neuigkeiten, sagte ein Sprecher der Polizei Pforzheim am Sonntagvormittag. Nähere Angaben zur Fahndung und zu Hinweisen aus der Bevölkerung wollte er nicht machen. Der 43 Jahre alte Kriminelle war am Montag während eines bewachten Ausflugs an einen Baggersee in Germersheim geflohen - er sollte seine Frau und seine Kinder unter Aufsicht zweier JVA-Beamter treffen.
Eigentlich verbüßt der Mann eine Haftstrafe im Gefängnis Bruchsal. Denn er war im Jahr 2012 wegen Mordes vom Landgericht Karlsruhe zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Nach Angaben des Landeskriminalamts in Stuttgart vom Freitag gingen Ermittler zuletzt rund 50 Hinweisen nach. Darunter seien auch Aussagen von Zeugen, die den flüchtigen Mörder gesehen haben wollen. Es werde in alle Richtungen und teils auch verdeckt ermittelt, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft am Freitag mit.
Update: Sonntag, 5. November 2023, 12.40 Uhr
Flucht am Baggersee – Fahnder suchen europaweit nach einem Mörder
Von Oliver Schmale und Martin Oversohl
Bruchsal/Germersheim. Er könnte noch in Rheinland-Pfalz sein, vielleicht versteckt er sich auch in Baden-Württemberg oder er ist ins Ausland entkommen: Auch mehrere Tage nach seiner aufsehenerregenden Flucht während eines bewachten Ausflugs an einen rheinland-pfälzischen Baggersee fehlt von einem verurteilten Mörder aus der Justizvollzugsanstalt Bruchsal jede Spur. Der Fall hinterlässt viele Fragen.
Wie konnte das passieren?
Das scheint tatsächlich noch nicht geklärt. "Unser Fokus liegt aktuell ganz klar darauf, den Flüchtigen zu ergreifen", sagt der Pforzheimer Staatsanwalt Henrik Blaßies. Dazu bündele man auch die Kräfte. "Die genaueren Umstände der Flucht werden wir später untersuchen." Unklar ist bislang unter anderem auch noch, ob dem Mann geholfen wurde, zu entkommen. Fest steht lediglich: Am Montag hielt er sich im Bereich des Baggersees in Germersheim – rund 30 Kilometer von Bruchsal entfernt – auf, er sollte seine Frau und seine Kinder unter Aufsicht zweier JVA-Beamter treffen. Er konnte in ein Waldstück entkommen – trotz elektronischer Fußfessel. Diese wurde wenig später im Stadtgebiet von Germersheim gefunden.
Gibt es irgendwelche Hinweise zum Verbleib des Mannes?
Zumindest nicht offiziell. Rund 50 Hinweise werden nach Angaben eines Sprechers des Landeskriminalamts verfolgt, darunter auch Aussagen von Zeugen, die den flüchtigen Mörder gesehen haben wollen. Es werde in alle Richtungen und teils auch verdeckt ermittelt, teilen zudem die Polizei und die Staatsanwaltschaft in Pforzheim mit. Die Ermittlungen beschränken sich laut LKA nicht nur auf das Bundesgebiet, auch europaweit sei der Mann zur Fahndung ausgeschrieben. Bislang aber ohne Erfolg. Der Deutsch-Kasache ist verschwunden.
Warum saß der Mann in Haft?
Der 43-Jährige war 2012 wegen Mordes vom Landgericht Karlsruhe zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Für das Gericht stand fest, dass der damals 32-Jährige sein Opfer aus Pforzheim am 7. Januar 2011 nach Gotha gelockt, gefesselt und geschlagen hat. Danach fuhren er und eine mitangeklagte, damals 30 Jahre alte Frau mit dem verletzten Mann in die Südpfalz. Dort erwürgte er das Opfer. Nicht seine erste Haftstrafe wegen eines Gewaltverbrechens, wie die "Bild" zuerst berichtete: Der Mann hat bereits wegen Totschlags im Gefängnis gesessen. Das Landgericht Gera hatte ihn 2003 zu acht Jahren verurteilt, nach fünf Jahren wurde er auf Bewährung freigelassen.
Wäre er demnächst eh freigekommen?
Nicht unbedingt. Eine lebenslange Haftstrafe kann frühestens nach 15 Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden. Das heißt aber nicht, dass der Mann tatsächlich in den kommenden Jahren freigekommen wäre. Eine sogenannte Mindestverbüßungsdauer für seine aktuelle Strafe ist bislang nicht vom zuständigen Gericht festgelegt worden.
Was macht ein verurteilter Mörder aus Bruchsal an einem Baggersee in Rheinland-Pfalz?
Das ist keineswegs so ungewöhnlich, betont die Staatsanwaltschaft. Der Ausflug an den Baggersee sei eine "vollzugsöffnende Maßnahme im Sinne des Justizvollzugsgesetzbuchs Baden-Württemberg", sagt JVA-Leiter Thomas Weber. Ein Gefangener darf in diesen Fällen für eine bestimmte Tageszeit die JVA unter Aufsicht von Vollzugsbeamten verlassen. Auch der nun flüchtige Mann habe "die Mauern verlassen zur Wahrung seiner eigenen Menschenrechte", sagt zudem Blaßies. "Das war jetzt kein Sonderfall, das ist so vorgesehen und das gibt es auch häufiger." Seit Oktober 2019 durfte der Mann laut JVA in Begleitung von zwei bis drei JVA-Mitarbeitern auf insgesamt acht sogenannte Ausführungen.
Wie konnte es dem Mann gelingen, seine Fußfessel zu lösen?
Auch das gilt es nach Angaben der Behörden noch zu klären. Die elektronische Fußfessel des Mannes war kurze Zeit nach seiner Flucht im pfälzischen Germersheim gefunden worden.
Wie funktioniert die elektronische Fußfessel?
Einmal angelegt, lässt sich die Fessel nicht mehr öffnen. Über Satellitensignal (GPS) kann der Träger jederzeit geortet werden. An Orten ohne GPS-Empfang läuft die Ortung über die Funkmasten der Mobiltelefone. Auf die Daten darf allerdings nur zugegriffen werden, wenn das System Alarm schlägt. Nach zwei Monaten müssen sie gelöscht werden. Die Fessel kann so programmiert werden, dass der Träger Zonen nicht verlassen oder nicht betreten darf, dafür lassen sich auch Zeiten festlegen. So kann zum Beispiel kontrolliert werden, dass sich jemand, der Kinder missbraucht hat, keinem Spielplatz mehr nähert.
Wer überwacht die Fußfessel-Träger?
Dafür gibt es eine zentrale Stelle in Hessen, die seit 2018 zum Schutz vor Anschlägen im Hochsicherheitsgefängnis in Weiterstadt untergebracht ist. In dieser "Gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder" (GÜL) gehen sämtliche Alarm-Meldungen ein. Die Bewegungen der Träger sind dann auch auf einer Karte sichtbar. Bei Alarm wird der Träger in den meisten Fällen erst einmal auf dem Handy angerufen, denn oft schwächelt nur der Akku. Wenn nötig, alarmieren sie die Polizei.
Update: Freitag, 3. November 2023, 14.45 Uhr
Verurteilter Mörder seit vier Tagen auf der Flucht
Es gebe zwar viele Hinweise aus der Bevölkerung, doch bisher fehlt von dem 43-Jährigen jede Spur.
Bruchsal/Germersheim. (dpa-lsw) Auch vier Tage nach der Flucht des 43-jährigen Aleksandr Perepelenko in Rheinland-Pfalz sucht die Polizei weiter nach dem Mann. Eine "höhere zweistellige Zahl" an Hinweisen aus der Bevölkerung sei bis zum Donnerstag eingegangen, teilte ein Sprecher der Polizei in Pforzheim am Freitagmorgen mit. Der entflohene Häftling und verurteilte Mörder sei bereits früher einmal wegen Totschlags zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden.
Der Mann verbüßte in Bruchsal eigentlich eine lebenslange Haftstrafe. Am Montag war er bei einer Ausführung an einem Baggersee in Germersheim-Sondernheim in Rheinland-Pfalz unter Aufsicht zweier Beamter in ein angrenzendes Waldstück geflüchtet.
Das Polizeipräsidium Rheinpfalz fahndete mit einem Großaufgebot von Polizeikräften. Auch ein Polizeihubschrauber sowie Kräfte der Diensthundestaffel waren an der Suche beteiligt. Die Fußfessel des Häftlings wurde am Montag im Stadtgebiet von Germersheim gefunden und sichergestellt. Perepelenko war am 7. Mai 2012 vom Landgericht Karlsruhe unter anderem wegen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden.
Update: Freitag, 3. November 2023, 13.20 Uhr
Polizei fahndet nach geflüchtetem Schwerverbrecher
Germersheim/Pforzheim. (dpa) Ein in Baden-Württemberg verurteilter Mörder ist am Montag bei einer geplanten Ausführung in Germersheim geflohen. Wie die Polizei in Pforzheim am Dienstagabend mitteilte, fehlt vom dem Mann bereits seit Montagmittag jede Spur. Das Polizeipräsidium Rheinpfalz fahndete nach dem 43-Jährigen mit einem Großaufgebot von Polizeikräften. Auch ein Polizeihubschrauber sowie Kräfte der Diensthundestaffel waren an der Suche beteiligt.
Die Suche nach dem Entflohenen, der sich im Bereich eines Baggersees in den Wald abgesetzt hatte, verlief demnach auch am Dienstag ohne Erfolg. Die Fußfessel des Häftlings, der eigentlich in der JVA Bruchsal einsitzt, wurde am Montag im Stadtgebiet von Germersheim gefunden und sichergestellt. Der Mann war mit zwei Justizbediensteten unterwegs. Weitere Details nannte ein Polizeisprecher nicht.
Der Gefangene aus Pforzheim war am 7. Mai 2012 vom Landgericht Karlsruhe unter anderem wegen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Für das Gericht stand fest, dass der damals 32-Jährige sein Opfer aus Pforzheim am 7. Januar 2011 nach Gotha gelockt, gefesselt und geschlagen hat. Danach fuhren er und eine mitangeklagte, damals 30 Jahre alte Frau mit dem verletzten Mann (44) in die Südpfalz. Der jetzt Geflohene erwürgte ihn laut Urteil dort mit einem Gurt. Mit der Leiche fuhren die beiden anschließend ins Elsass und versteckten sie bei Lauterbourg nahe Karlsruhe in einem Gebüsch.
Die Mitangeklagte aus Gotha erhielt wegen schwerer Körperverletzung, Erpressung und Raub eine Freiheitsstrafe von neun Jahren.