Neuer Schub für E-Autos?

China feiert den Range Extender

Der Range Extender soll das E-Auto buchstäblich voranbringen. Doch überzeugte E-Fahrer halten den in China gerade populären Generator an Bord bei uns für überflüssig.

28.11.2025 UPDATE: 28.11.2025 11:36 Uhr 3 Minuten, 47 Sekunden
Duales System: Der kleine elektrische BMW i3 wurde auch mit Reichweitenverlängerer in Form eines Verbrenners angeboten. Foto: dpa

Für die einen ist er die entscheidende Brücke in die elektrische Zukunft, für die anderen eine überflüssige Krücke, mit der man E-Auto-Skeptiker gewinnen will. Egal, wie die Reaktion ausfällt: Der Range Extender ist gerade in aller Munde.

In China liegt die Technologie voll im Trend, sagt Xing Zhou vom Strategieberater Alix Partners in München und berichtet von bis zu 50 Prozent Zuwachs pro Jahr. Und wie alles, was bei den Autoherstellern in Shanghai oder Peking gerade hip ist, weckt auch der Hilfsmotor fürs Elektroauto in den westlichen Werken große Neugier. Erste Hersteller haben bereits entsprechende Projekte angestoßen.

Das eigene Kraftwerk an Bord - allerdings mit fossiler Energie

Der Reiz des Range Extenders liegt laut Zhou vor allem darin, dass er die Alltagstauglichkeit von Elektrofahrzeugen deutlich erhöhen und so Lücken in der Infrastruktur schließen kann. Denn statt oft oder lange zu laden, können entsprechende Fahrzeuge einfach konventionellen Kraftstoff tanken, der dann einen zum Generator umfunktionierten Verbrennungsmotor antreibt und so während der Fahrt den Strom für den E-Antrieb erzeugt.

Damit wird der Range Extender zur Weiterentwicklung des Plug-in-Hybrids. Die Hauptlast liegt hier bei der E-Maschine, während der Verbrenner nur noch Hilfsaggregat ist. Vielen gilt er deshalb als logischer nächster Schritt zum E-Auto, so Zhou. 

Dabei laufe der Verbrenner nicht nur in einem optimierten Betriebsbereich und sei deshalb sparsamer, sagt Tianshu Xin. Sondern zugleich fühlt sich das Fahren viel mehr nach E-Auto an, so der Auslandschef des chinesischen Herstellers Leapmotor, der im C10 eines der ersten neuen Range-Extender-Modelle nach Deutschland gebracht hat. Man habe die gleiche sämige und geschmeidige Kraftentfaltung wie beim reinen E-Antrieb, das Auto sei ähnlich leise und man fahre ohne jeden Schaltruck.

Reichweitenverlängerer an Bord sind nicht wirklich neu

Neu ist die Idee freilich nicht. BMW hat bereits im i3 optional einen Zweizylinder-Motor und einen 9-Liter-Tank eingebaut und so die Reichweite des Carbon-Kleinwagens von 200 auf 330 Kilometer gesteigert. Auch im Opel Ampera und im baugleichen Chevrolet Volt hatten die Entwickler ein Kraftwerk an Bord konstruiert.

Und Mazda macht das im MX-30 bis heute. Wer den kleinen Geländewagen für Preise ab 37.840 Euro mit Range Extender kauft, bekommt zwar laut Hersteller nur einen Akku von 17,8 kWh für gerade mal 85 Kilometer, fährt danach aber mit 50 Litern Sprit noch einmal knapp 600 Kilometer elektrisch.

Während die Technologie bei uns allerdings nicht über die Exotenrolle hinaus kam und der herkömmliche Plug-in-Hybrid die Oberhand behalten hat, sieht die Sache in China ganz anders aus. "Dort denkt man das Auto vom E-Antrieb her und hat entsprechend Gefallen gefunden am thermischen Hilfsmotor", sagt Alix-Partners-Experte Zhou. Kein Wunder, dass sich die Modellvielfalt nach seinen Angaben entsprechend entwickelt hat: Gab es 2020 von drei Herstellern gerade einmal jeweils ein Range-Extender-Modell, werden aktuell von 20 Marken über 50 Modelle angeboten – mit steigender Tendenz.

Können Verbraucher hier auch auf mehr Auswahl hoffen?

Weil die Technik in China mittlerweile ausgesprochen populär ist, drängen die ersten Hersteller aus Fernost mit entsprechenden Angeboten auch bei uns auf den Markt. Der Leapmotor C10 etwa ist bereits im Handel und lässt dem Kunden die Wahl. Denn egal, ob als EV mit 425 Kilometern Reichweite oder als sogenanntes Range Extended Electric Vehicle (REEV) mit einem kombinierten Aktionsradius von dann 974 Kilometern: Der Preis ist mit 37.600 Euro immer der gleiche.

Auch BYD ignoriert seine Rolle als größter Batteriehersteller der Welt und bringt mit dem Seal 6 Touring einen Teilzeitstromer an den Start, der nahe am Range Extender konstruiert ist. Im normalen Betrieb läuft er deshalb nur an, um Strom für die E-Maschine zu erzeugen. Erst wenn man kräftiger aufs Pedal tritt, schaltet der Hybrid von seriell auf parallel und der 1,5-Liter wirkt direkt auf die Vorderräder, erläutert der Hersteller.

Noch populärer ist die Technik bei großen und schweren Geländewagen wie dem luxuriösen Yangwang U8 oder dem martialischen MHero1, die beide auf dem Weg nach Europa sind. 

Und was haben die hiesigen Hersteller im Angebot?

Die ersten heimischen Hersteller haben auf den Trend bereits reagiert – insbesondere der VW-Konzern. Die Niedersachsen haben deshalb nicht nur auf der Autoshow im Frühjahr in Shanghai entsprechende Modelle für China in Aussicht gestellt. Sondern sie arbeiten auch für den Rest der Welt am Range Extender. Für die USA ist der schon bestätigt und soll den rustikalen Pick-Ups und Geländewagen der wiedergeborenen Marke Scout auch im ländlichen Raum die nötige Reichweite sichern.

Und für Europa ist der Einsatz mittlerweile zumindest ein offenes Geheimnis. Nicht umsonst hat der spanische Ableger Cupra auf der IAA in München im September eine entsprechende Studie präsentiert. Der wie ein Batmobil gezeichnete Tindaya nutzt als eines der ersten Autos die nächste Konzern-Architektur SSP, für die der Range Extender offenbar fest eingeplant ist. Wenn bei der Studie nach rund 300 Kilometern die Batterie leer ist, springt deshalb laut Cupra ein 1,5 Liter großer TSI-Motor an und erzeugt über einen Generator den Strom für weitere 700 Kilometer.

Nicht jeder ist vom Reichweitenverlängerer begeistert

Während Befürworter der Technik darin den entscheidenden Brückenschlag sehen, der auch Zweiflern den Weg in die Elektromobilität weist, halten überzeugte E-Fahrer den Hilfsmotor für überflüssig: "Der Range Extender ist die Lösung für ein Problem, das wir hier im Herzen Europas gar nicht mehr haben", sagt zumindest Marcus Zacher.

Er ist Chefredakteur des in Stuttgart erscheinenden Magazins "Elektroautomobil" und hält das Risiko, mit leerem Akku liegenzubleiben, bei uns angesichts der immer besseren Infrastruktur für mittlerweile denkbar gering. Stattdessen attestiert er der Technologie entscheidende Nachteile: Für den Fahrzeugbesitzer, weil man stets den zweiten Antrieb mit sich herumschleppe, der Komplexität und Wartungsaufwand steigen lasse.

Und für die Umwelt, weil die doppelte Energiewandlung zulasten des Verbrauchs gehe und die CO2-Bilanz in die Höhe treibe. Zwar räumt auch der Experte ein, dass der Range Extender Skeptiker überzeugen und langsam an die reine E-Mobilität heranführen könne. Doch zahle man dafür einen hohen Preis, sagt Zacher: "Das ist, als würde man eine Reisegepäck-Versicherung abschließen, selbst wenn man gar nicht in den Urlaub fährt."