Zwischen River-Rafting und Rentier-Yoga
In Nordfinnland erlebt man Nervenkitzel und Ruhe.

Von Geraldine Friedrich
Etwa 200.000 Rentiere leben in Finnland, fünf davon, fast alle schneeweiß, warten nun auf der Rentierfarm Kujalan auf ihren besonderen Einsatz: Rentier-Yoga. Können Rentiere Yoga? Möglicherweise. Was sie aber ganz sicher können: Zweibeinern entspannt dabei zuschauen, gleichzeitig fressen und faul herumliegen. Auf Menschen wirkt wiederum die Bewegung an der frischen Luft samt Tierkontakt gesundheitsfördernd, sagt Yoga-Lehrerin Piritta Liikka. "Die nordische Natur ist unser Yoga-Studio. Die Zeit draußen mit Tieren reduziert Stress, senkt den Blutdruck und hebt die Laune."
Hintergrund
Infos:
Anreise: Mit Finnair geht es ab Frankfurt über Helsinki nach Kuusamo. Die Preise beginnen bei etwa 350 Euro. Alternativ gibt es Flüge bis Helsinki ab 180 Euro. Von dort geht es per Nachtzug nach Rovaniemi (einfach ab 50 Euro,
Infos:
Anreise: Mit Finnair geht es ab Frankfurt über Helsinki nach Kuusamo. Die Preise beginnen bei etwa 350 Euro. Alternativ gibt es Flüge bis Helsinki ab 180 Euro. Von dort geht es per Nachtzug nach Rovaniemi (einfach ab 50 Euro, Schlafkabine ab etwa 125 Euro) www.vr.fi. Von dort dann weiter per Mietwagen.
Übernachten:Ruka-Kuusamo: Idyllisch gelegenes Ferienhaus im Wald am Fluss für vier bis sechs Personen mit Sauna, Hot Pot und Boot zum Angeln ab 700 Euro pro Woche; www.stellapolaris.fi/en/accommodation Pyhä-Luosto: Blockhaus "Kepako" im Wald ab 730 Euro zzgl. 25 Euro/Person für Bettwäsche und Handtücher;
Aktivitäten: Ruka-Kuusamo: Rentier-Yoga kostet für 1,5 Stunden 39 Euro; www.kujalareindeerfarm.com, oder direkt bei Piritta Liikka www.mytrail.fi
Familien-Riverrafting kostet für 2,5 Stunden 49 Euro www.stellapolaris.fi/en/river-rafting-adventures/
Geführtes Finnpferd-Reiten für Anfänger bei Ruka kostet für eine Stunde 70 Euro www.stellapolaris.fi/en/river-rafting-adventures/, bei Kemijärvi auf dem Weg nach Pyhä-Luosto kostet eine Stunde 75 Euro.
Ein Besuch der Amethystmine in Pyhä-Luosto inkl. Führung und Amethystgraben kostet 24 Euro für Erwachsene, 13 Euro für Drei- bis 15-Jährige; www.amethystmine.fi
Weitere Infos: www.visitfinland.de;
Gesagt, getan. Im finnischen Sommer befinden sich vergleichsweise wenige Tiere auf der Farm, denn Rentiere leben halbwild. Von Mai, wenn die Jungtiere geboren werden, bis Oktober stromern sie durch die Wälder und kehren erst zurück, wenn draußen die Nahrung knapp wird. "Im Winter müssen wir uns innerhalb des Zauns zwischen 200 bis 300 Rentieren erst den Platz fürs Yoga schaffen", erklärt Piritta Liikka. Fünf Tiere reichen aber für sechs Yogis, um auf Rentiere angepasste Asanas wie den "herabschauende Rentier-Hund", "das pinkelnde Rentier" und "die Beerenpflückerin" zu praktizieren. Dabei bleibt die klassische Yoga-Matte außen vor, denn Rentier-Yoga findet – natürlich – stilgerecht auf Rentierfellen statt. Diese haben den Vorteil, dass ihr dichtes Haar extrem wärmt.
Wem das tiertechnisch noch nicht reicht, der fährt knapp 20 Kilometer weiter auf die Pferdefarm Ruska Laukka von Sanna Kallunki und reitet eine Runde im Wald. Sanna war früher Produktmanagerin bei einem Sim-Karten-Hersteller. "Ich habe meine Highheels gegen Gummistiefel getauscht", meint sie schlicht. Ihr Plan war, Pferde zu kaufen und wie die Cowboys zu reiten, erzählt die 49-Jährige, die 20 Finnpferde, davon zwei Ponys, besitzt. Finnpferde sind die einzige ursprüngliche Pferderasse Finnlands und recht langmütig. Ideal also für Einsteiger oder wie Kallunki es formuliert: "Ob das Finnpferd einen Sack Kartoffeln oder einen Touristen trägt, ist ihm egal." Die größte Herausforderung: Die Pferde vom ständigen Fressen am Wegesrand abzuhalten und – wenn das unvermeidbar ist – beim plötzlichen Bücken des Tieres das Gleichgewicht zu halten.
Adrenalinlastiger geht’s dann beim River-Rafting mit Roope Koskinen zu, einem ehemaligen Profi-Blackjack-Spieler und gelernten Schlosser, der heute als Rafting-Guide bei Stellapolaris arbeitet. Vor dem Spaß steht aber das Anlegen des Trockenanzugs sowie ein prägnantes Kommando-Briefing. Schließlich warten auf der 14 Kilometer langen Tour auf dem Kitkajoki sieben Stromschnellen der Klassen eins bis drei. Tatsächlich gibt Roope vor jeder einzelnen Stromschnelle das Kommando "Schnallt euch an!" Natürlich gibt es auf einem Schlauchboot keine Sicherheitsgurte, stattdessen klemmt man seine Füße unter den Vordersitz – damit bleibt der Insasse im Ernstfall im Boot, auch wenn es über die Stromschnellen ruckelt.
Einmal geht’s haarscharf an einem Felsen vorbei. Dazwischen gibt es bei der Familien-Tour auch längere, ruhige Strecken, bei denen der Guide den Motor anwirft.

Die Region Ruka-Kuusamo liegt zwar recht weit nördlich in Finnland und wirkt mit ihren verstreuten Siedlungen bereits recht einsam. Sie gehört offiziell aber noch nicht zu "Lappi" – so der finnische Begriff für Lappland. Das beginnt erst eine halbe Autostunde später gen Norden in Richtung Pyhä-Luosto. Die Doppel-Gemeinde ist – wie Ruka-Kuusamo auch – als Ski-Resort bekannt. Hier gelten die Sommermonate derzeit noch als Nebensaison. Das führt für sommeraffine Skandinavienfans zu der interessanten Tatsache, dass die Preise für Unterkünfte in Nordfinnland im Sommer deutlich niedriger sind als im sehr kalten Winter mit minus 30 Grad Celsius.

Noch mehr als um Rentiere dreht sich in Luosto alles um einen violett-funkelnden Protagonisten: Es gibt einen Amethystshop, im Hotel ein Amethyst-Spa und eben eine Amethystmine. Dort, inmitten des Nationalparks Pyhä-Luosto, wurde einst ein 650 Kilo schwerer Kristall gefunden. Er steht heute noch im Arktikum in Rovaniemi.
Gerade für Kinder ist es aber besonders spannend, einen eigenen Edelstein auszubuddeln. Die Erfolgschancen auf ein schönes Fundstück sind vor allem im Juni gut, wenn die Geröllhalden frisch sind, weiß Pascal Buinier. Ursprünglich stammt er aus Besançon, lebt aber seit 17 Jahren in Finnland. Er verrät, welche Steine eine besondere Qualität haben, wacht aber auch streng darüber, dass jeder Besucher am Ende nur einen maximal mit der Faust umschließbaren Amethyst einsteckt. Die restlichen Steine werden je nach Qualität zu Schmuck verarbeitet.
Tatsächlich kommt ein dreifarbiger Amethyst aus schwarz, weiß und lila zutage. "Den würde ich mitnehmen", rät Buinier, "wir nennen solche Amethyste Schamanensteine. Für die Sami haben sie zudem eine spirituelle Bedeutung." Der dunkle Teil stehe für die Unterwelt, der weiße Streifen für das Diesseits. Und der lila Teil? "Der steht für den Ort, an den die Seelen der Sami nach ihrem Tod hinwandern", erläutert er. Dazu kommt noch, dass Pyhä übersetzt "heilig" heißt und Luosto für "weißer Fleck im Rentierfell" steht. Ein Schamanen-Amethyst aus heiligem Gebiet mit weiß-getupften Rentieren kann nur eins heißen: Die nächste Yoga-Stunde ruft.