Mit dem E-Bike durch Umbrien
Zwischen Perugia und Orvieto wird’s ländlich italienisch- aber auch sportlich und spannend. Auf Pfaden und Wegenzu mittelalterlichen Wehrdörfern.

Von Armin Herb
Der alte Karrenweg hinauf nach Panicale hat es in sich. Die Auffahrt macht sogar dem E-Bike-Motor zu schaffen. Dabei steht unten am Berg ein Schild mit nur zehn Prozent Steigung. Das muss ein Irrtum sein. Wahrscheinlich ist mit der Steigungsangabe die Fahrstraße gemeint, die sich sanft in ausholenden Serpentinen zum Ort hinauf windet.
Hintergrund
Infos:
Anreise: Perugia hat einen kleinen Flughafen, wird von Deutschland aber nicht direkt angeflogen. In der Regel muss man in Mailand umsteigen. Alternativ dazu kann man nach Florenz oder Rom fliegen. Vom Flughafen Florenz gibt es
Infos:
Anreise: Perugia hat einen kleinen Flughafen, wird von Deutschland aber nicht direkt angeflogen. In der Regel muss man in Mailand umsteigen. Alternativ dazu kann man nach Florenz oder Rom fliegen. Vom Flughafen Florenz gibt es einen Shuttle-Bus zum Bahnhof. Von dort gibt es Direktzüge nach Perugia (Richtung Foligno). Fahrtdauer ca. zwei Stunden. Vom Flughafen Roma Fiumicino fährt eine S-Bahn zum Hauptbahnhof Roma Termini und von dort gibt es Züge nach Perugia, Fahrtdauer ca. zweieinhalb Stunden.
Radfahren und Mountainbiken: Mehr zu Rundreisen, Bike-Wochen, Bike-Verleih, etc. gibt es unter www.bikeinumbria.it und www.villarey.eu
Weitere Infos: www.umbriatourism.it/de
Eigentlich schaut die Landschaft südlich des Lago Trasimeno ja recht lieblich aus – die perfekte, italienische Urlaubskulisse: ganzjährig saftig grün mit vielen waldigen Hügeln durchsetzt. Und obenauf steht immer ein kleines, mittelalterliches Wehrdorf oder zumindest ein Castello mit zwei, drei Häusern hinter den Mauern. Alle stecken voller Kunst, Kultur und langer Tradition. Panicale sticht aber besonders hervor. Das betont auch Silvia Rey, eine Schweizerin, aufgewachsen im Schwarzwald, die seit dreißig Jahren versierte Radler durch die Mitte Italiens führt: "Panicale hat ein mittelalterliches Ortsbild, das nur in wenigen Städten Umbriens noch so intakt ist." Gleich hinter dem Stadttor liegt die Piazza Umberto I, die von den mächtigen Mauern der Kirche San Michele Archangelo überragt wird. Der schlichte Palazzo Pretorio und ein großer Brunnen komplettieren das Ambiente, das wie geschaffen für Filmaufnahmen wäre. Irgendwie wartet man bei einem Teller Pasta mit Wildspargel oder umbrischer Salsiccia instinktiv darauf, dass ein paar Ritter hoch zu Ross durch eine der schmalen Gassen reiten.
Panicale zeigt sich entspannt. Beschaulichkeit und Ruhe im Ort sind ausgesprochen wohltuend, nicht nur für müde Radler, sondern vor allem für Besucher, die aus den berühmten Städten der nahen Südtoskana, wie Montepulciano oder Pienza, hierherkommen. Lebhafter wird es meist nur, wenn in der Chiesa San Michele ein Hochzeitspaar getraut wird, und die Gäste die Gassen und Cafés fluten. Die Lage auf einem Ausläufer des Monte Petrarvella garantiert Panicale großartige Ausblicke auf die Landschaft südlich des Lago Trasimeno. Von der schönsten Naturterrasse Umbriens, wie der Ort auch genannt wird, kann man übrigens auch die Villa Rey sehen. Dort hat Silvia vor vielen Jahren ein altes Landgut übernommen, baut ihren eigenen Wein an und bewirtet ihre radelnden Gäste. Das Bike-Gen scheint in der Familie zu liegen. Ihr Bruder Hans-Jörg Rey gilt als Mountainbike-Pionier in Europa und errang sogar Weltmeistertitel.

Hinter Panicale taucht die Radlergruppe wieder ein ins umbrische Hügelland, das wie gemacht zu sein scheint für Mountainbiker, die die sportliche Komponente mit Kultur und Kulinarik verbinden wollen. Zwischen Olivenhainen, Steineichenwäldern, Zypressenalleen und Pinienwald winden sich alte Hirtenpfade und Karrenwege – viele stammen noch aus der Etrusker- und Römerzeit – die Hügel hinauf und hinunter. Aber Vorsicht, Wildwechsel! Nicht selten kreuzen an einsamen Ecken Hasen, Rehe und Wildschweine die Spur. Unterwegs passiert man immer wieder versteckte Bauernhöfe und einsame Kirchen.
Ein bekannteres Exemplar ist die Wallfahrtskirche Mongiovino oberhalb von Tavernelle mit ihren Freskenzyklen aus dem 15. und 17. Jahrhundert. Am Brunnen vor dem mächtigen Sakralbau ist – so besagt es die Legende – der Schäferin Andreana die Jungfrau Maria erschienen und hat sie gebeten, an dieser Stelle ein Gotteshaus bauen zu lassen. Kurbelt man das Sträßchen zur Wallfahrtskirche weiter bergauf, kommt man nach Mongiovino Vecchio oben am Hügel, eines der erwähnten Kastelle, um die sich harmonisch mittelalterliche Gebäude gruppieren. Bevor es über verschlungene Pfade zurückgeht zur Villa Rey, schlägt Silvia noch einen Abstecher nach Paciano vor, etwa vier Kilometer westlich von Panicale, zu erreichen über ein sanft ansteigendes Bergsträßchen durch Olivenhaine.
Paciano ist von einer Befestigungsmauer mit drei Stadttoren umgeben. Innerhalb der Mauern durchziehen Straßen und Gassen wie ein Schachbrettmuster das Dorf mit mehreren Kirchen und Palazzi. Ein architektonisches Kleinod, das sich zurecht zu den "Borghi piu belli", zu den schönsten Dörfern Italiens zählen darf. Und das Dorfleben zeigt sich auch hier wunderbar entspannt. Zwischen diesen roten Mauern muss man unbedingt einen Kaffeestopp einlegen. Auch zur Vorfreude auf die kommenden Downhills durch Weinberge und Eichenwäldchen.