Insel Dugi Otok/Kroatien

Luxushotel inmitten von Olivenhainen

Architekt Nikola Bašic vereinte an einigen Orten Dalmatiens geschickt Architektur und Natur.

16.05.2025 UPDATE: 17.05.2025 04:00 Uhr 5 Minuten, 37 Sekunden
er Naturpark Telašcica ist unter anderem bekannt für seine hohen und steilen Klippen. Fotos: Girgla

Von Noemi Girgla 

Auf einem Boot ist man in besonders engem Kontakt mit der Natur. Das hat auch den kroatischen Architekten Nikola Bašic immer wieder beeinflusst. Seinen Arbeiten begegnet man in Zadar sowie auf einigen Inseln westlich der Stadt in Norddalmatien. Die Töne seiner "Meeresorgel", die ihn international bekannt machte, lassen wir hinter uns, ebenso seinen "Gruß an die Sonne" ein paar Meter weiter. Wir verlassen das Festland mit seinen urbanen Strukturen und begeben uns – per Boot – in die fast noch unberührte Natur des Archipels vor Zadar.

Rund 300 Inseln liegen hier, nicht alle sind bewohnt. Das Schnellboot hüpft über die Wellen des adriatischen Meeres und trägt uns unserem Ziel entgegen: Dugi Otok, die "Lange Insel" – und die größte des Archipels. Im Winter leben hier gerade einmal 1500 Menschen, im Sommer bis zu 10.000. Etwa 90 Prozent der Häuser stehen außerhalb der Saison leer. Diese beginnt in der Osterzeit und dauert bis zum Herbst – danach erschweren die starken Böen des Windes Bura die Überfahrt auf die Inseln.

Von den elf Dörfern Dugi Otoks ist Sali mit rund 700 Einwohnern das größte. Hier landet auch die Fähre an. Unser Schnellboot nähert sich jedoch dem kleinen Hafen von Žman, von dem es weiter zur Villa Nai 3.3 geht, wo wir wieder auf Nikola Bašic treffen. Nicht in Person – begrüßt werden wir von Goran Morovic und seiner Frau Nives, die ihr Luxushotel hier 2021 eröffneten.

"Bereits 2013 entstand die Idee zum Bau, es folgten jahrelange Diskussionen mit den Behörden um die Baugenehmigung", erzählt Goran. Die Pläne entwarf – man kann es nun fast erraten – der Architekt der Meeresorgel. Wieder einmal stellte Bašic die Natur in den Fokus seines Schaffens, richtete sich nach den Höhenlinien der Umgebung, ließ sich bei seinem Bau sogar von Yachten inspirieren. Wer klare Strukturen, Ecken und Kanten sucht, verschwendet hier seine Zeit. Alles ist im Fluss, drängt sich nicht auf, passt sich in die Natur ein – um genau zu sein, in den mehr als 500 Jahre alten Olivenhain der Familie Morovic.

Und das ist wörtlich zu nehmen. Denn die Villa Nai 3.3 ist in den gewachsenen Felsen hineingegraben. Auf ihrem begrünten Dach stehen junge Olivenbäume, gedeihen Kräuter sowie Gemüse und auch die 50 Hühner des zweitkleinsten Leading Hotels of the World fühlen sich hier wohl. Apropos Vogelperspektive: Aus dieser sind die architektonischen Strukturen kaum zu erkennen. Lediglich der Helikopter-Landeplatz deutet an, dass sich an diesem Ort etwas sehr Exklusives verbirgt.

Sowohl der Anbau von Oliven als auch die Familie Morovic haben auf Dugi Otok – im wahrsten Wortsinn – tiefe Wurzeln. "Schon zu Zeiten der Römer wurden hier Oliven angebaut und nach Italien exportiert", erzählt Goran. Ganz so weit lässt sich seine Familiengeschichte zwar nicht zurückverfolgen, wohl aber dank der Kirchenbücher der Großmutter bis ins Jahr 1607. "Unsere Familie blickt somit auf mehr als 400 Jahren Olivenölproduktion zurück", verrät der Inhaber der Villa Nai 3.3 voller Stolz.

Schon als Kind besuchte Goran seine Großeltern auf der Insel, spielte zwischen den Bäumen und half bei der Ernte, ein Erlebnis, das er inzwischen im September oder Oktober mit seinen Gästen teilt. "Vor 20 Jahren erhielt ich dann von meinem Vater einen Teil unseres heutigen Grundstücks", fährt der Bauingenieur und inzwischen mehrfach prämierte Olivenöl-Produzent fort. Aufgrund von Problemen mit der Grenzgemarkung kaufte er nach und nach weitere Stücke Land auf, baute Zisternen gegen den stets herrschenden Wassermangel und hatte irgendwann vier Hektar zusammen. "Ab mehr als drei Hektar Landbesitz darf man ein Haus darauf bauen", erklärt er, wie eins zum anderen kam.

Obwohl die Villa Nai 3.3. regelmäßig prominente Gäste beherbergt, haben Goran und Nives Morovic ihre Bodenständigkeit nie verloren. "Wenn wir hier sind, füttern wir auch die Hühner oder arbeiten im Gemüsegarten", erzählt Nives, die ihrem Mann und seinen oft unkonventionellen Ideen seit mehr als 45 Jahren stets zur Seite steht. Der hat sich nebst ausgefallener Bauvorhaben ganz der Familientradition der Olivenölherstellung verschrieben. "Wir pflücken in der zweiwöchigen Erntezeit rund 50 Kilo Oliven pro Tag von Hand und produzieren etwa 1000 Liter im Jahr", verrät er bei einer Führung durch die hauseigene Manufaktur. Des Weiteren feile er mit einem befreundeten Agraringenieur der Universität von Zadar beständig daran, wie man die Qualität des Öls und den Gehalt des gesundheitsfördernden Polyphenols darin noch weiter verbessern könne.

Auch, wenn man Gorans Ausführungen stundenlang lauschen könnte, während man sich von Küchenchef Santosh Yadav und seiner Crew mit Gerichten, in denen die Olive immer zumindest eine kleine Rolle spielt, verköstigen lässt, sollte man sich Dugi Otok und den Kornati-Archipel nicht entgehen lassen. Ein Idyll grenzt an das nächste, im Süden der Insel geht der Telašcica-Naturpark mit seinem Salzwassersee Mir und den hohen Felsklippen direkt in den Nationalpark Kornaten über.

Besteigt man den Vela Straža, den höchsten Punkt Dugi Otoks, blickt man hinab auf die Insellandschaft. Wie grüne Tupfen, von goldenen Strand-Bändern umsäumt, liegen die kleinen Eilande im Meer, dessen Farbtöne zwischen hellem Türkis und tief dunklem Blau changieren. Am nordwestlichen Kap reckt sich der Leutturm von Veli Rat, der Punta Bjanca, 42 Meter in die Höhe. Von seiner Spitze lässt sich sogar das Wrack des italienischen Frachters Michele erahnen, der 1983 auf Grund lief und sank – ein Highlight für Taucher und Schnorchler. Das Schnellboot, das wir im Anschluss besteigen, hat zum Glück weniger Tiefgang. Erneut jagen wir über die Wasseroberfläche, die alle paar Meter ihre Farbe wechselt. Den Wind in den Haaren, die Sonne und das Salz auf der Haut, kommt fernab von Hektik und Handynetz trotz der Geschwindigkeit ein Gefühl der Entschleunigung auf.

Es geht hinein in die Inselwelt der Kornaten zwischen Dugi Otok im Nordwesten und Žirje im Südosten. Viel Grün sieht man hier nicht mehr, doch die Karstformationen, die hier dominieren, haben ihren ganz eigenen Charme. Vorbei an Leuchttürmen, Steilklippen und byzantinischen Festungsanlagen geht es zur Insel Mana, wo wir einen Stopp einlegen, um durch die verfallenen Filmkulissen des Dramas "Raubfischer in Hellas" aus dem Jahr 1959 zu klettern. Ein ganzes Dorf wurde auf dem kargen Eiland für die Dreharbeiten errichtet – der Film floppte trotz starker Besetzung.

Auf dem Rückweg nach Dugi Otok begegnen wir noch einem weiteren Werk von Nikola Bašic. Am 30. August 2007 brach auf der Insel Kornat ein verheerendes Feuer aus, das zwölf Feuerwehrmänner das Leben kostete. Zu ihrem Gedenken schuf Bašic – mit Hilfe von rund 2500 Freiwilligen – hier draußen das "Feld der Kreuze", bestehend aus einer Reihe kreuzförmiger Mauern. Welcher Gedanke dahintergesteckt haben mag, wird erst nach den Erläuterungen unseres Bootsführers klar.

Elf Jahre nach dem Brand, 2018, wurde die Kunst des Trockenmauerbaus in Kroatien in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Unesco aufgenommen. Die Mauern dienen als Gemarkungsgrenzen oder Einzäunung von Schafen, sie schützen vor den Winden – neben dem Bura ist auch der Jugo in aller Munde –, aber eben auch Feuern soll die über Generationen weitergegebene Bauweise Einhalt gebieten.

Die nächste Generation der Familie Morovic nimmt uns auf Dugi Otok wieder in Empfang: Gorans und Nives’ Neffe Luka, der seit dem Ende seiner Studiums ganz in die "Familien-Farm", wie Goran das Luxus-Boutique-Hotel liebevoll bezeichnet, eingestiegen ist. Wir nippen an unserem Tee aus Olivenblättern und erfahren in diesem Zusammenhang, woher der Name Villa Nai 3.3 eigentlich kommt: "Nai bedeutet in der altdalmatinischen Sprache Schnee. Vor 100 Jahren schneite es auf Dugi Otok im Schnitt 3,3 Tage. Das hat genau ausgereicht, damit das Ungeziefer verschwindet und Bäume sowie Ernte keinen Schaden nehmen" – und dafür gesorgt, dass man bis heute auf Pestizide verzichten kann.


> Infos:

> Anreise: Croatia Airlines fliegt täglich von diversen deutschen und österreichischen Flughäfen nach Zagreb und von dort aus weiter nach Zadar:

www.croatiaairlines.com/de 

Lufthansa bietet jeden zweiten Tag Direktflüge nach Zadar an. Von dort geht es dann mit der Fähre oder dem Schnellboot weiter nach Dugi Otok. Die Überfahrt dauert ca. eine Stunde und 40 Minuten. Schnellboote benötigen zwischen 40 und 60 Minuten: www.croatiaferries.com/zadar-zaglav-ferry.htm; www.gv-zadar.com 

> Unterkunft: Die Villa Nai 3.3 liegt in der Nähe des Dorfes Žman und verfügt über fünf Zimmer und drei Suiten. Das Doppelzimmer kostet ab 650 Euro pro Nacht.

Des Weiteren sind rund 90 Prozent der Häuser auf Dugi Otok Ferienhäuser. www.villanai.com 

> Essen und Trinken: Die Villa Nai 3.3 verfügt über zwei Restaurants. Im Fine-Dining-Restaurant "Grotta 11 000" wird über offenem Feuer gekocht – als Homage an die Vorfahren. Hier spielen lokale Gerichte sowie regionale Produkte die Hauptrolle.

Im Fine-Dining-Restaurant "3.3." stehen exquisite Menüs im Mittelpunkt, begleitet werden sie von korrespondierenden Weinen. Auch hier setzen Küchenchef Santosh Yadav und sein Team auf regionale Produkte. Eine Reservierung ist in beiden Restaurants unbedingt erforderlich:

https://villanai.com/gourmet-experience 

> Erleben: Halb- und ganztägigen Ausflüge in den Telašcica-Naturpark und den Nationalpark Kornati kann man buchen unter: www.dugiotok.hr/de/aktivitaten-ausfluge 

Die Villa Nai 3.3 organisiert auf Anfrage auch Transfers, Bootstouren und weitere Ausflüge.

> Weitere Infos: www.kornati.hr/de   

www.dugiotok.hr/de 

www.kroati.de/kroatien-dalmatien 

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