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Die Legende lebt

Vor über 67 Jahren präsentierte Mercedes-Benz den SL - Wegzudenken ist der Roadster schon lange nicht mehr

25.06.2019 UPDATE: 26.06.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 30 Sekunden

Der SL in der "Grand Edition": Hier rollt er unter anderem mit der Kopfraumheizung "Airscarf", dem Sportfahrwerk mit zehn Millimeter Tieferlegung und strafferer Abstimmung, Aktiv-Multikontursitze mit Massagefunktion und Fahrdynamikfunktion an. Werksfoto

Von Daniel Hund

Heidelberg. Er ist eine Legende. Ein Kultobjekt, das mit der Zeit gegangen ist. Der Mercedes SL ist eines dieser Autos, das einen ganz besonderen Charme versprüht. Jung und Alt fasziniert. Und das seit einer halben Ewigkeit.

Rückblick: Es war der 10. März 1952, als Mercedes-Benz eine Pressemitteilung in Umlauf brachte. Das Unternehmen mit dem Stern auf der Haube kündigte an, dass in Kürze erste öffentliche Testfahrten mit einem neuen Sportwagen anstehen würden. Sein Name: Mercedes Typ 300 SL (Super-Leicht), Baureihe W 194. Bereits zwei Tage später war es dann auch schon soweit. Auf der Autobahn zwischen Heilbronn und Stuttgart, mittlerweile als A 81 bekannt, wird der neue Renner ausgesuchten Journalisten präsentiert. Es war die Geburtsstunde eines Stars auf vier Rädern, der schon bald die ersten Rennsiege der Nachkriegszeit für Mercedes einfahren sollte.

Hintergrund

TECHNISCHE DATEN

Mercedes SL 500
Zylinder: 8
Hubraum (ccm): 4663
Maximale Leistung (PS): 455
Maximales Drehmoment (Nm):

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TECHNISCHE DATEN

Mercedes SL 500
Zylinder: 8
Hubraum (ccm): 4663
Maximale Leistung (PS): 455
Maximales Drehmoment (Nm): 700
Antrieb: Hinterrad
Getriebe: Neun-Stufen-Automatik
Beschleunigung 0 auf 100 km/h (s): 4,3
Verbrauch (l): 10,4
CO2-Emission (g/km): 223
Abgasnorm: Euro 6d-TEMP
Preis (Euro): 124.212
Einstiegspreis Mercedes SL (Euro): 100.412

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Mittlerweile, satte 67 Jahre später, ist die siebte Generation am Start. Das mit ihr verbundene Ziel war klar umrissen: Einen Tick sportlicher sollte sie werden, leichter und leistungsstärker als der Vorgäger. Eben so, wie man sich heutzutage einen Roadster mit ordentlich Dampf unter der Haube vorstellt. Und das ist gelungen. Motor-Varianten gibt es verschiedene: Los geht der aktuelle SL-Hype mit dem 400er. Ein Sechs-Zylinder, 367 PS stark und 250 km/h schnell.

Was will man also mehr? Acht Zylinder zum Beispiel. Für viele SL-Sympathisanten gehört beides einfach zusammen. Und hier kommt nun der SL 500 ins Spiel. Dank Biturbo-Aufladung setzt er 455 PS frei, die in Verbindung mit einem maximalen Drehmoment von 700 Newtonmetern, für einen ordentlichen Schub sorgen. Den Denker und Lenker in die schicken Ledersessel drücken.

Doch der Reihe nach. Zuerst ist da mal der Startknopf. Er weckt den Tiger im SL. Allerdings dezent. Von brüllen kann keine Rede sein, eher von einem schnurren. Understatement nennt man das, abgrenzen von den vielen Schreihälsen, die heutzutage von extra dafür eingestellten Soundingenieuren erschaffen werden. Für ungezügelten Fahrspaß sorgt eine Neun-Stufen-Automatik. Unbemerkt switcht sie durch die jeweiligen Gänge. Vor allem im "Sport+"-Modus geht es ordentlich zur Sache. Der prestigeträchtige Sprint auf Landstraßen-Tempo gelingt in 4,3 Sekunden, was für einen rund 1,8 Tonnen schweren Roadster ein guter Wert ist.

Doch mal ganz ehrlich, Cabrio fahren hat irgendwie auch immer etwas mit Genuss zu tun. Damit, sein Umfeld ganz bewusst wahrzunehmen, sich die Sonne um die Nase streicheln zulassen. Dazu braucht es keine schwindelerregenden Geschwindigkeiten, sondern in erster Linie mal ein Dach, das sich bei Bedarf im Kofferraum verstauen lässt.

Schmuckstück: Der 300 SL Roadster von Mercedes löste im Jahr 1957 den legendären 300 SL Flügeltürer ab. Werksfoto

Beim SL geschieht all das natürlich rein elektrisch - und nicht nur das: Es hat gar etwas von einem Schauspiel, wenn das wohl bekannteste Mercedes-Modell überhaupt, in den Oben-Ohne-Modus wechselt. Wegschauen fällt schwer, wenn sich dieser Mix aus Stahl, Glas und Kunststoff wie von Geisterhand gesteuert zusammenklappt und im Kofferraum verschwindet. Möglich ist das beim SL mittlerweile auch während der Fahrt. Bis zu einem Tempo von 40 km/h. In rund 20 Sekunden.

Ebenfalls im Programm: eine Kopfraumheizung. "Airscarf" genannt. Per Knopfdruck wärmt sie den Nacken. Fährt man gleichzeitig das elektrische Windschott aus und aktiviert die Sitzheizung, kann die Cabrio-Saison hierzulande auch schon im März gestartet werden.

Zur Optik: Mächtige Lufteinlässe vorne, zwei große Hutzen auf der Motorhaube, flache Silhouette und ein massives Heck - fertig ist er, der SL der siebten Generation.

Im Hintergrund wird natürlich bereits kräftig am Nachfolger gefeilt. Auch die Nummer acht soll begeistern. 2021 könnte es soweit sein. Eine komplett neue Plattform soll dann her. Wieder leichter soll sie sein - mit Wow-Effekt.Vielleicht sogar komplett von AMG entwickelt? Die Gerüchteküche brodelt ...

Fakt ist: Der Mercedes SL ist ein Meisterwerk deutscher Ingenieurskunst. Das schönste Modell in der langen Ahnenreihe? Schwer zu sagen. Die Geschmäcker sind da verschieden. Wobei der 300 SL Roadster von 1957 in der Gunst der Fans ganz weit oben steht. Damals gab es das Schmuckstück für rund 30.000 DM - was in den 50er-Jahren eigentlich unbezahlbar war.

Mittlerweile müssen Beträge ab einer Million Euro aufwärts hingeblättert werden, um sich noch eines dieser legendären Exemplare zu sichern.