Mehr als Müll? Am Karlsruher KIT sollen neue Ideen im Bereich Ressourceneffizienz entwickelt werden. Foto: dpa
Von Jens Schmitz, RNZ Stuttgart
Stuttgart. Das Projekt soll deutschlandweit Pionierarbeit leisten: Eine im Koalitionsvertrag geplante Denkfabrik zum nachhaltigen Umgang mit Rohstoffen und Energie wird ihren Sitz am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) bekommen. Das bestätigte ein Sprecher des Umweltministeriums. Die von Wirtschaft und Land gemeinsam getragene eigenständige Einrichtung soll 2018 an den Start gehen.
"Baden-Württemberg ist ein wirtschaftsstarkes, aber ressourcenarmes Land", heißt es im grün-schwarzen Koalitionsvertrag. "Deshalb wollen wir zum europaweiten Vorreiter in Sachen Ressourceneffizienz werden." Manche Schritte auf diesem Weg sind schon getan. Ein "Zentrum für Ultraeffizienzfabriken" entsteht seit dem Sommer auf dem Campus der Universität Stuttgart; das Projekt "100 Betriebe für Ressourceneffizienz" hat seine Teilnehmer beisammen.
Jetzt soll der Rohstoffverschwendung noch systematischer zu Leibe gerückt werden: Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, will die Regierung von 2018 an einen gemeinsam mit der Wirtschaft getragenen "Thinktank Industrielle Ressourcenstrategien" ins Leben rufen. Die Idee geht auf eine Analyse der Landesversorgung mit kritischen Rohstoffen zurück, die die grün-rote Vorgängerregierung in Auftrag gegeben hatte. Das Projekt soll nach Möglichkeit noch vor der Weihnachtspause ins Kabinett gehen.
Angesiedelt werden soll die Denkfabrik am KIT. Dessen Vizepräsident für Innovation und Internationales, Thomas Hirth, übernimmt die Leitung des Steuerungskreises. "Dieser integrative Ansatz - Wirtschaft, Wissenschaft, Politik - ist ein besonderer", erklärte er am Donnerstag unserer Zeitung. Das Thema sei eine Chance, das Thema ganzheitlich zu betrachten und eine neue Denkrichtung einzuschlagen.
Als Grundfinanzierung teilen sich Land und Industrie zunächst zwei Millionen Euro, die auf vier Jahre verteilt werden. Danach entscheidet eine Evaluation über die Fortführung. Der Anteil des Landes ist im Entwurf für den Doppelhaushalt 2017/18 bereits enthalten. Bei der Wirtschaft ist die Regierung derzeit mit einem achtseitigen Informationsprospekt auf Tour. Verbände und Unternehmen hätten bislang knapp 600.000 Euro zugesagt, erklärt das Umweltministerium von Franz Untersteller (Grüne). Auch wenn die Wirtschaft ihren Anteil erbracht hat, bleibt die Anwerbung von Drittmitteln erwünscht.
"Sie kennen sicherlich die Zahlen, wie die Weltbevölkerung wächst, wie der Energieverbrauch zunimmt, Wasserverbrauch, anderer Rohstoffverbrauch", erklärte Hirth, der bis Ende 2015 für die Universität Stuttgart und die Fraunhofer-Gesellschaft gearbeitet hat. Mit der Gewinnung gehe oft zusätzliche Naturzerstörung einher. "Wir müssen einfach daran arbeiten, den Ressourcenverbrauch zu reduzieren."
Große Konzerne forschen zwar teilweise selbst an Recyclingmöglichkeiten etwa für rare Materialien. Hirth sieht in der neuen Denkfabrik aber einen klaren Mehrwert. "Wir betrachten das ganzheitlich: technologisch, ökonomisch, ökologisch; auch die sozialen Auswirkungen. Ich glaube, das kann so in der Breite ein Unternehmen gar nicht leisten."