Urteil

Angeklagter im Prozess um Tod von Hanna freigesprochen

Verurteilt worden war er wegen Mordes, doch heute darf er das Gericht als freier Mann verlassen - und die Richterin kämpft mit den Tränen.

25.11.2025 UPDATE: 25.11.2025 11:51 Uhr 1 Minute, 41 Sekunden
Prozess-Neuauflage zum mutmaßlichen Mord an Studentin
Der Angeklagte muss nach der Entscheidung des Gerichts für die bisherige Haft entschädigt werden. (Archivbild)

Traunstein/Laufen (dpa) - In der Neuauflage des Prozesses um den Tod der Studentin Hanna aus dem bayerischen Aschau ist der wegen Mordes Angeklagte freigesprochen worden. Es seien "keine Anhaltspunkte ersichtlich geworden, dass der Angeklagte für den Tod verantwortlich sein könnte", sagte Richterin Heike Will. "Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass es im Verlaufe der Ermittlungen zu etlichen fatalen Fehlern gekommen ist". Das müsse an anderer Stelle Konsequenzen haben. 

"Dieses Rechtssystem hat Ihnen großes Unrecht zugefügt", sagte die Richterin an den Angeklagten gewandt und kämpfte mit den Tränen. "Als Teil dieses Rechtssystems möchte ich mich bei Ihnen entschuldigen." Im Zuschauersaal brandete Applaus auf.

Hannas Tod wurde nicht aufgeklärt 

Der Prozess habe zwar nicht aufklären können, was mit Hanna geschehen ist, sagte Will. Er habe aber geklärt, dass der Angeklagte nicht verurteilt werden könne. "So unbefriedigend es auch erscheinen mag: Für dieses Verfahren, für dessen Nicht-Schuldspruch ist die Frage, ob es ein Unfallgeschehen oder Fremdverschulden war, nicht mehr von Relevanz."

Denn "vermeintliche Geständnisse" des Angeklagten Dritten gegenüber hätten in diesem "reinen Indizienprozess" vor Gericht nicht standgehalten. Eine Freundin des Mannes, die bei der Polizei von einem Geständnis des Angeklagten berichtet hatte, nannte die Richterin "unglaubwürdig". Der mittlerweile 23 Jahre alte Angeklagte muss laut der Entscheidung des Gerichts für die bisherige Haft entschädigt werden. In einem ersten Prozess war er wegen Mordes verurteilt worden. 

Im neuen Prozess hatte nun selbst die Staatsanwaltschaft Freispruch gefordert, weil dem Mann die vorgeworfene Tötung nicht habe nachgewiesen können. Die Verteidigung argumentierte, dass im erneuten Verfahren die Unschuld des jungen Mannes bewiesen worden sei. 

Im ersten Prozess zu neun Jahren Haft verurteilt

Hanna war in der Nacht zum 3. Oktober 2022 nach einer Partynacht in der Aschauer Disco "Eiskeller" tot im Fluss Prien entdeckt worden, mit vielen Verletzungen. Einige Wochen später wurde ein junger Mann festgenommen und später wegen Mordes angeklagt. Im März 2024 verurteilte ihn das Landgericht Traunstein wegen Mordes zu einer Jugendstrafe von neun Jahren. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil aber wegen eines Verfahrensfehlers auf, so dass der Fall Ende September neu aufgerollt wurde.

Die Verteidigung ging von einem Unfall aus. Die Verletzungen vor allem am Kopf und am Oberkörper zog sich Hanna ihrer Ansicht nach zu, als sie rund zwölf Kilometer im Fluss trieb. Der Angeklagte war schon zu Prozessbeginn auf freiem Fuß, da Gutachten die Glaubwürdigkeit einer wichtigen Zeugenaussage in Zweifel gezogen hatten. Das Verfahren fand aus Platzgründen im Amtsgericht Laufen statt. 

Richterin Will äußerte Verständnis dafür, dass das Ergebnis des Prozesses, der die Frage, wie Hanna zu Tode kam, nicht klären konnte, "unbefriedigend" sei. Sie sprach der Familie der Studentin "tiefstes Mitgefühl" aus.

© dpa-infocom, dpa:251125-930-337756/5