Von Andreas Herholz, RNZ Berlin
Berlin. Thorsten Frei (46) ist stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Die Zahl von extremistischen Straftaten nimmt weiter deutlich zu. Wie gefährlich ist diese Entwicklung?
Diese Entwicklung ist sehr besorgniserregend. Die extremen Ränder werden stärker. Wir haben bereits darauf reagiert. Etwa mit dem Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität. Wir müssen aber weiter konsequent daran arbeiten, das Immunsystem unseres freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates zu stärken.
Verfassungsschützer beobachten jetzt auch Teile der AfD und werfen ihr vor, den geistigen Nährboden für die Gewalt von Rechts zu liefern. Wie bewerten Sie die Rolle der Partei?
Die AfD spielt beim Anstieg des Rechtsextremismus eine große Rolle. Sie wird ja nicht ohne Grund auch in Teilen wie dem Flügel und der Jungen Alternative vom Verfassungsschutz beobachtet. Einige Landesverfassungsschutzämter beobachten die gesamte Partei. Das rechtsextremistische Personen-Potenzial ist von 24.000 um fast 30 Prozent auf knapp 33.000 gestiegen. Das liegt auch an der hohen Zahl der Extremisten in der AfD.
Im Internet gibt es in den Sozialen Netzwerken immer mehr Hass und Hetze. Liegen auch hier die Ursachen für die Zunahme von extremistischer Gewalt?
Aus Worten werden immer wieder auch Taten. Das hat man auch bei den rechtsextremistischen Attentaten in den vergangenen Monaten gesehen. Ob es der Mord an Walter Lübcke war, der Anschlag von Halle oder die schrecklichen Taten von Hanau – auf dem Humus rechtsextremistischer Agitation sind dort auch rechtsextremistische Gewalttaten entstanden. Das ist auch der Grund, warum wir in den vergangenen Monaten nicht nur das Bundesamt für Verfassungsschutz, sondern auch das Bundeskriminalamt mit deutlich mehr Beamten für den Kampf gegen Rechts ausgestattet haben. Wir akzeptieren auch keine extremistische Propaganda im Netz. Es reicht künftig nicht mehr aus, dass sie gelöscht wird. Das muss rechtsstaatlich verfolgt werden. Wir müssen die Gesellschaft widerstandsfähiger gegen extremistische Angriffe jeglicher Art machen. Dazu dient auch die Verstärkung der politischen Bildung. Wir sollten vor allem aber auch den Verfassungsschutz noch besser aufstellen.
Union und SPD streiten über die Befugnisse des Verfassungsschutzes und das Instrument der Online-Durchsuchung. Was brauchen die Ermittler?
Die Blockade der SPD bei der Onlinedurchsuchung ist bedauerlich. Der Verfassungsschutz muss mit den technischen Möglichkeiten der Zeit mithalten. Extremisten telefonieren nicht mehr per Telefon, sondern per WhatsApp und Skype. Deshalb müssen die Befugnisse der Ermittler erweitert werden. Die Quellen-Telekommunikations-Überwachung ist auch für den Verfassungsschutz notwendig. Extremistische Umtriebe müssen auf dem Weg der Online-Durchsuchung vom Verfassungsschutz beobachtet werden können. Hier muss sich die SPD bewegen und ihren Widerstand aufgeben, wenn es ihr mit dem Kampf gegen Rechtsextreme wirklich ernst ist. Hier brauchen wir mehr Befugnisse für die Geheimdienste.
Auch die Zahl linksextremer Straftaten ist deutlich angestiegen. Wie gefährlich ist diese steigende Bedrohung von Rechts und Links?
Wir dürfen auch auf dem linken Auge nicht blind sein. Wir haben eine deutliche Steigerung von linksextremistisch motivierten Straftaten um 40 Prozent auf etwa 6400 im vergangenen Jahr. Auch die Zahl der Linksextremen ist stark angestiegen. Dort wo Rechtsextremisten sind, sind Linksextremisten meist nicht weit und umgekehrt. Das schaukelt sich hoch. Unsere freiheitliche Gesellschaft wird von beiden Seiten angegriffen. Das darf man nicht unterschätzen.