Von Christian Satorius
Was sitzt im Baum und winkt?" – "Ein Huhu!" Kinder finden das witzig. Mit lustigen Rätseln, deren Antwort nur sie selber kennen, können sie Erwachsene nämlich im wahrsten Sinne des Wortes "alt" aussehen lassen. Der amerikanischen Psychoanalytikerin Martha Wolfenstein nach ist dieses "Gefühl der Kontrolle und Überlegenheit besonders wichtig für die Entwicklung der Kinderpsyche, denn im normalen Alltag ist es ja genau umgekehrt, und die Erwachsenen bestimmen, was sie tun und lassen sollen".
Ein Rätsel hat aber gerade für jüngere Kinder noch weitere Vorteile gegenüber einem Witz, meint Werner Wicki. "Es ist kürzer und damit einfacher zu behalten", sagt der Schweizer Psychologe, "und es stellt geringere Ansprüche an die kindliche Sprachkompetenz, denn auf einfache Fragen folgen im Rätsel (verblüffend) einfache Antworten." So wie hier: "In welchem Laden stinkt es fürchterlich?" – "In einem Kuhfladen." Mit zunehmendem Alter verbessert sich nicht nur die Sprachkompetenz, auch Wissens- und Erfahrungsschatz erweitern sich. So kommt es vor, dass "echte" Witze mit Pointe an Bedeutung gewinnen und auch deren Anspruch zunimmt.
In den Forschungen hat sich herausgestellt, dass Zehnjährige im Vergleich zu Siebenjährigen schon auf die Pointe am Schluss achten, und dort nach einer komischen Auflösung suchen. So wie im folgenden Fall: Ein Betrunkener lässt sich mit dem Taxi ins Hotel fahren. Plötzlich fängt er an sich auszuziehen. Sagt der Taxifahrer: "Stopp, wir sind noch nicht im Hotel angekommen." Sagt der Betrunkene: "Das hätten Sie auch eher sagen können, jetzt habe ich gerade schon meine Schuhe vor die Tür gestellt."
Kinder und Jugendliche können darüber zwar auch lachen, so richtig witzig finden das aber vor allem Dreißig- bis Vierzigjährige, hat der Psychologe Richard Wiseman von der britischen Universität von Hertfordshire herausgefunden und sagt auch, warum das so ist. "Die Menschen lachen eher über Dinge, die ihr persönliches Lebensumfeld betreffen, ihrer Altersgruppe entsprechen, und ihre eigenen Wertvorstellungen widerspiegeln." Mit anderen Worten: Kinder finden Schulwitze lustiger als ältere Menschen. Etwa diesen hier: Schimpft der Vater: "Für dieses schlechte Zeugnis gibt es jetzt aber Ärger!" Antwortet Fritzchen: "Oh schön, darf ich zugucken, wie du den Lehrer verhaust?"
Studenten hingegen finden demnach Studentenwitze besonders lustig. So wie diesen: Fragt der Professor den aufgeregten Studenten zu Beginn der Prüfung: "Kennen wir uns nicht?" Antwortet der Student: "Ja, vom letzten Mal, ich wiederhole heute die Prüfung." Sagt der Professor daraufhin: "Okay, welche Frage habe ich Ihnen denn in der letzten Prüfung zu Beginn gestellt?" Antwortet der Student: "Kennen wir uns nicht?"
Im Erwachsenenalter rücken dann neue Dinge in den Fokus – auch in den Fokus der Witze, sagt Wiseman: Partnerschaft und Berufsleben etwa. Den folgenden Witz finden vor allem Verheiratete lustig: Nach nur zwei Wochen Ehe ruft die frisch vermählte Ehefrau ihre Mutter an: "Mutti, wir hatten unseren ersten Ehekrach." Antwortet die Mutter: "Das ist doch nicht so schlimm. Das kann doch mal passieren." Fragt die frisch vermählte Ehefrau: "Und was mache ich mit der Leiche?"
Im Laufe des Lebens verändern sich die Themen, über die wir besonders gerne lachen, sind sich die Psychologen sicher. "Wie kein anderer Lebensabschnitt beinhaltet das Alter die Auseinandersetzung mit Verlusten", sagt Werner Wicki. Dementsprechend beschäftigen sich auch die Witze, über die man im fortgeschrittenen Alter besonders viel lacht, oft mit Themen wie Krankheit und Tod. Ältere Menschen könnten diesen Witz hier also durchaus zum Totlachen finden: Fragt ein alter Opa den Arzt: "Ist das eine sehr seltene Krankheit, die ich habe?" "Nein, da kann ich Sie beruhigen," sagt der Arzt, "die Friedhöfe sind voll davon."
Ab einem bestimmten Alter kann es sogar sein, dass sich der Kreis wieder in gewisser Weise schließt und der Humor gewissermaßen wieder kindlicher wird. Werner Wicki präzisiert: "Bei Personen mit nachlassender kognitiver Leistungsfähigkeit geht auch die Freude an komplexeren Humorproduktionen zurück."
Ob das auch im folgenden Fall so ist, sei einmal dahingestellt: Ein Witwer will seine runden Geburtstage alleine feiern und überlegt, in welches Gasthaus er gehen soll. An seinem 50. Geburtstag sagt er sich: "Ich glaube, ich gehe ins Gasthaus Schusterkrug, da ist die Wirtin so hübsch." An seinem 60. Geburtstag sagt er sich: "Ich glaube, ich gehe ins Gasthaus Schusterkrug, da ist das Essen so lecker." An seinem 70. Geburtstag sagt er sich: "Ich glaube, ich gehe ins Gasthaus Schusterkrug, da kommt man schnell auf die Toilette." An seinem 80. Geburtstag sagt er sich: "Ich glaube, ich gehe ins Gasthaus Schusterkrug, da war ich noch nie."