Die erste Bohrung wird etwa 50 Meter von der Unfallstelle durchgeführt. Foto: privat
Von Günther Keller
Waibstadt. Neun Monate nach dem Kerosin-Unfall mit einem Tanklaster der US-Armee beschäftigen sich die Behörden nach wie vor mit den möglichen Auswirkungen auf das Trinkwasser. Etwa 3600 Liter des Flugbenzins versickerten im Erdreich. Wo ist es hin? Das ist die zentrale Frage, für die das Wasserrechtsamt des Rhein-Neckar-Kreises jetzt mit Bohrungen neben der Bundesstraße B292 nach Antworten sucht.
Im Acker zwischen Bundesstraße und dem S-Bahn-Haltepunkt Neckarbischofsheim-Nord wurden längst wieder Feldfrüchte angebaut. An der eigentlichen Unfallstelle liegt aber nach wie vor eine schwarze Folie auf der Böschung. Hier war am 17. Januar der Tanklastzug von der Fahrbahn abgekommen und umgekippt.
Nicht nur das Kerosin lief aus, auch Diesel und Motorenöl gelangten ins Erdreich. Rund 200 Meter entfernt steht die Pumpstation Michelbach, die Waibstadt und den Zweckverband "Unterer Schwarzbach" mit Trinkwasser versorgt. Der Wasserversorgung galt in den letzten Monaten das Hauptaugenmerk. Regelmäßig wurden Proben gezogen - aber keine Verunreinigung gefunden.
"Aber noch ist die Gefahr nicht gebannt", heißt es aus dem Wasserrechtsamt. Ebenso wenig wollen das beauftragte Ingenieurbüro Töniges und die Gutachter der US-Streitkräfte Entwarnung geben. Sie verweisen auf die chemischen Eigenschaften des Kerosins: Es ist praktisch unlöslich im Wasser und hat eine geringere Dichte, so dass es sich wie ein Teppich auf der Wasseroberfläche ablagert.
Aber Inhaltsstoffe, vor allem aromatische Kohlenwasserstoffe, könnten auch gelöst ins Grundwasser übergehen. Deshalb folgten bereits unmittelbar nach dem Unfall Sanierungsarbeiten, bei denen fast 800 Kubikmeter kontaminierter Boden ausgehoben und abgefahren wurden.
Die Sofortmaßnahmen erfolgten im Auftrag der Stadt Waibstadt unter fachtechnischer Begleitung durch das Wasserrechtsamt. Waibstadt streckte die Kosten vor, zahlte einen sechsstelligen Betrag für die Entsorgung des kerosingetränkten Bodens.
"Weil die Bundesstraße sonst abgesackt wäre, mussten in der Böschung beim Ausbaggern Restbelastungen verbleiben", erklärte Silke Hartmann vom Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises. Zur Kontrolle des Grundwassers wurde zwei Wochen nach dem Unfall ein erster Bohrbrunnen errichtet. Die Böschung wurde abgedeckt, weil kein Regenwasser das Kerosin ausspülen sollte. Weitere Bohrungen in der Böschung sollten die Restbelastungen erkunden.
Nach aktuellem Stand seien weniger Kontaminationen in der Böschung verblieben, als ursprünglich angenommen, informierte jetzt das Wasserrechtsamt. Das flache Grundwasser habe bislang nur ein einziges Mal Auffälligkeiten gezeigt.
Dennoch wolle man auf Nummer Sicher gehen: Deshalb habe sich das Wasserrechtsamt mit der Schadensregulierungsstelle des Bundes (BImA) und dem U.S.-Claims Service Europe, welche die Maßnahmen finanzieren, darauf geeinigt, mit drei Grundwassermessstellen die ersten wasserführenden Schichten im Buntsandstein zu prüfen. Die Firma Terrasond aus Günzburg wird die Bohrung durchführen.
Im Auftrag des Rhein-Neckar-Kreises werden nun in den nächsten Wochen die Messstellen in Tiefen bis zu 40 Meter errichtet. Zwei Brunnen kommen direkt an die Unfallstelle, einer zwischen dem Wasserwerk und der Unfallstelle. Dort soll dann auch ein längerer Pumpversuch durchgeführt werden. "Durch diesen kann ein größerer Grundwasserbereich erfasst und geprüft werden", erläuterte Reinhold Grünberger vom Wasserwirtschaftsamt.
Für die Bohrarbeiten sind etwa drei Wochen veranschlagt. Gebohrt wird mit einem Bohrfahrzeug mit neun Meter hohem Bohrturm. Unter günstigen Voraussetzungen können im Festgestein laut Behördenangaben bis zu 15 Meter pro Tag gebohrt werden. Weil aber größte Sorgfalt erforderlich sei, um den Untergrund richtig zu beurteilen und keine weiteren Umweltschäden zu verursachen, müsse schrittweise vorgegangen werden. Zwangspausen seien deswegen nicht zu vermeiden.
Sobald Analyseergebnisse vorliegen, will das Wasserrechtsamt über die nächsten Schritte entscheiden. Diese reichen von einer längerfristigen Kontrolle über eventuelle weitere Erkundungsmaßnahmen bis hin zu einer möglicherweise erforderlichen Grundwassersanierung.
Die Kosten für die aktuellen Maßnahmen sind mit rund 105.000 Euro veranschlagt und werden hauptsächlich von den amerikanischen Streitkräften getragen. Wie auch bei den bisherigen Maßnahmen hat die BImA als Vertreter des Bundes aufgrund des Nato-Truppenstatuts 25 Prozent der Kosten zu tragen.