Schiebermütze und blaugetönte Sonnenbrille, dazu Flaschenbier und Mettbrötchen: Rolf Geinert tritt in seinen Kurzvideos als „Karl Knötterkopp“ auf. Screenshot: Tim Kegel
Sinsheim. (tk) Der gesunde Menschenverstand kommt aus Sprockhövel. Die Vernunft isst Mettbrötchen und trinkt Flaschenbier, trägt Schiebermütze und blaugetönte Sonnenbrille. Seit einigen Tagen machen unter besser informierten Sinsheimern Internet-Videos bei "YouTube" die Runde. Sie zeigen die Kunstfigur "Karl Knötterkopp". Viele haben ihren Augen nicht getraut, aber er ist es tatsächlich: Rolf Geinert – Sinsheims Ex-Oberbürgermeister. Als "Karl Knötterkopp" erklärt er die Welt.
Und die war, glaubt Geinert, schon mal in einem besseren Zustand. Über die Diskussionskultur der heutigen Tage ist er "nicht glücklich", weil weltweit und gerade auch in Deutschland "eine polarisierende, aggressive Diskussion geführt" werde. Dem will er versöhnliche, verbindende Töne entgegensetzen. Einfache Wahrheiten formulieren in der Sprache der Arbeiter, im Jargon des Ruhrpotts – deftig gewürzt mit dem einen oder anderen Kraftausdruck und einer Prise Poltern. Schon zu Zeiten als er noch Kommunalpolitiker war, zuerst in Neckarbischofsheim, dann in Sinsheim, wurde Geinert Redetalent und mithin jovialer Witz nachgesagt. In den im Schnitt zehnminütigen Filmchen plaudert er frei von der Leber weg, wenn auch mit momentan noch eher bescheidenem Zuspruch: Zehn Personen haben den seit 20. August existierenden Kanal abonniert, das meistgesehene Video zählte am Mittwoch 165 Aufrufe.
"Knötterkopps" Themen sind die Dinge, "die uns allen begegnen". Demonstrationsrecht, freie Meinungsäußerung und "die Querdenkers" nimmt er sich im aktuellen Video vor: Die Politik müsse die Bewegung "ernst nehmen", solange die es schafft, sich vom Extremismus deutlich abzugrenzen. Die Corona-Pandemie sei so komplex, dass man "schon mal ins Grübeln kommen" kann, zumal wen man "null Ahnung hat": "Karl Knötterkopp" würde Corona-Skeptiker wie "de Professor Bhakdi und de Schwindel-Schiffmann aus Sinsheim" zur besten Sendezeit ins Fernsehduell mit Drosten, Streeck und anderen anerkannten Experten schicken. Die Medienmacher fragt er: "Warum soll das nicht möglich sein?"
Im zweiten Video – fünf sind bislang erschienen, zwei neue Filmchen sind abgedreht, wöchentlich sind neue geplant – äußert er sich zu Themen wie Gewalt, Migration, Ausländerfeindlichkeit und Diskriminierung: Ein paar "jugendliche Idioten" brächten Zigtausende redliche Leute in Verruf. O-Ton "Knötterkopp".
"Wir leben in einem tollen Staat", ist Geinert überzeugt; er vertrete mit den Videos "ein humanistisch-christliches Weltbild". Die Figur als solche jedoch erfand Geinert aus einem ganz anderen Grund: Der "Karl Knötterkopp" sollte zunächst seinen "Enkelkindern eine Freude machen". Bei Familienfesten oder zu Weihnachten, als es "mehr ums Quatschmachen" ging. "Mach’ uns mal wieder den Karl Knötterkopp" hat es da geheißen, sagt Geinert, dessen Auftritte als Videoblogger auch an Ruhrpott-Legende Jürgen von Manger in seiner Paraderolle als Adolf Tegtmeier erinnern.
"Leute, wir müssen doch alle miteinander klarkommen" – lautet die Essenz seiner Videos. Dies sei auch sein Antrieb gewesen, als er damals mit einem Freund den ersten Streifen drehte. Hinter Kamera steht übrigens ein "im Kraichgau durchaus bekannter" Filmer; dessen Namen will Geinert nicht nennen, "zumindest noch nicht".