Neckargemünd. (cm) "Oh, ich ja auch." Bürgermeister Frank Volk stellte in öffentlicher Sitzung des Gemeinderates plötzlich fest, dass er als Aufsichtsrat der Stadtwerke bei diesem Thema befangen ist. Es ging um die Übernahme einer Rückbürgschaft gegenüber der Stadtwerke. Dann wurde festgestellt, dass auch Volks erster Stellvertreter, Jürgen Rehberger (Freie Wähler) befangen ist. So kam es - offenbar zur Überraschung aller Beteiligten - zu einer Premiere für den neuen zweiten Bürgermeisterstellvertreter, Hermino Katzenstein (Grüne). Er nahm erstmals auf dem Stuhl des Bürgermeisters Platz, um den Tagesordnungspunkt zu leiten. Doch Katzenstein machte - dank seiner Erfahrung als Landtagsabgeordneter - prompt eine gute Figur und ließ sich nichts anmerken.
Um was es genau ging, erläuterte Fachbereichsleiter Daniel Möhrle: Die Stadtwerke Neckargemünd GmbH hatten im Rahmen des Wirtschaftsplans 2019 ein Darlehen über 800.000 Euro aufgenommen. Außerdem war wegen des Ablaufs der Zinsfestschreibung ein Darlehensbetrag von weiteren 800.000 Euro zu verlängern. Beide Beträge wurden zusammengefasst und es wurde ein Darlehen von 1,6 Millionen Euro bei der Volksbank Neckartal aufgenommen. Als Sicherheit diente eine Bürgschaft der Stadtwerke Heidelberg GmbH - sie ist Mehrheitsinhaberin der Neckargemünder Stadtwerke - in voller Höhe gegenüber der Bank. Die Stadt ist zu 45,04 Prozent an den Neckargemünder Stadtwerken beteiligt.
Um das Beteiligungsverhältnis zu den Stadtwerken Heidelberg korrekt abzubilden, sollte die Stadt Neckargemünd in Höhe ihres Anteils eine Rückbürgschaft abgeben. Diese sollte so lange wie die Zinsfestschreibung befristet sein, nämlich bis zum 31. Juli 2029. Eine Rückbürgschaft ist eine Form der Bürgschaft, bei der zunächst ein Hauptbürge - hier die Stadtwerke Heidelberg GmbH - für eine Hauptschuld haftet. Für diese übernimmt der Rückbürge - hier die Stadt Neckargemünd - eine anteilige Haftung.
"Was passiert, wenn wir es nicht machen?", wollte Neu-Stadtrat Marco La Licata (Linke) wissen. "Wir sind als Mitgesellschafter unseren Stadtwerken verpflichtet", meinte Möhrle. Wenn sich die Stadt Neckargemünd nicht beteilige, müssten die Stadtwerke Heidelberg zu 100 Prozent gegenüber der Bank haften. Hermino Katzenstein fragte nach Nachteilen einer Rückbürgschaft für die Stadt. "Wenn das Darlehen nicht mehr bedient wird, tritt die Bank an uns heran", machte Möhrle deutlich.
Der Fachbereichsleiter erinnerte daran, dass dies nicht die erste Rückbürgschaft sei: Ende des vergangenen Jahres habe man für 1,8 Millionen Euro gebürgt. Auf Nachfrage von Giuseppe Fritsch (Freie Wähler) sagte Möhrle, dass die Rechtsaufsichtsbehörde Rückbürgschaften bisher stets genehmigt habe. Dirk Wagner (CDU) ließ sich bestätigen, dass es sich um eine "formelle Angelegenheit" handelt. Die Übernahme der Rückbürgschaft bedeute eine Aufteilung des Risikos und gehöre zur guten "Kaufmannschaft", meinte Manfred Rothe (Freie Wähler): "Man kann nicht nur Gewinn aus der Gesellschaft herausziehen, sondern muss auch Risiko tragen."
Der Gemeinderat genehmigte die Rückbürgschaft schließlich einstimmig. Und Hermino Katzenstein konnte den "wunderbaren Platz" wieder räumen, wie er sagte. Bürgermeister Volk beruhigte, dass es mit Anne von Reumont (CDU) und Winfried Schimpf (SPD) noch zwei weitere Stellvertreter gegeben hätte, die nicht befangen gewesen wären. "Ansonsten hätte der älteste, nicht befangene Stadtrat ran müssen", erklärte er.