Das Riesenrad in Leimen... Foto: Geschwill
Von Lukas Werthenbach und Christoph Moll
Region Heidelberg. Großveranstaltungen bleiben nach einem Beschluss von Ministerpräsidenten und Bundeskanzlerin bis Ende Oktober verboten. Doch Ausnahmen sollen möglich sein, etwa wenn die Kontaktverfolgung und die Einhaltung von Hygieneregeln möglich sind. Gibt es also doch noch Hoffnung für die Kerwen in der Region, wo gerade im Herbst traditionell viel gefeiert wird? Die RNZ hat in den Rathäusern nachgefragt.
> In Leimen fand Donnerstagabend noch eine nicht-öffentliche Ausschusssitzung statt, wo man nochmals über Weinkerwe und St. Ilgener Kerwe beraten wollte. Zuvor erklärte Stadtsprecher Michael Ullrich, dass eine Absage der genannten Feste aber sehr wahrscheinlich sei: "Wenn es so kommt, tut es uns in der Seele weh." Die bundeseinheitliche Regelung für Großveranstaltung hält er für "sehr sinnvoll", zumal dies die Arbeit der Stadt erleichtere. Über den Weihnachtsmarkt Ende November sei noch mal separat zu entscheiden. Und als "Gedankenspiel" kursiere derzeit die Idee, als Ausgleich für die ausgefallenen Kerwen das Frühlingsfest 2021 etwas größer zu feiern.
> Für Eppelheim ist die Absage der Kerwe angesichts des 1250. Stadtjubiläums eine "doppelte Katastrophe", wie Bürgermeisterin Patricia Rebmann sagt. "Da hätten wir in diesem Jahr noch ein bisschen was drauf gepackt", so die Rathauschefin. Jedoch stehe sie "vollkommen hinter der Entscheidung". Insbesondere für die Vereine sei diese "keine gute Sache". "Aber die Gesundheit geht vor." Zudem werde die Kerwe von der Stadt veranstaltet. "Da hätte ich ohnehin Bauchweh gehabt", so Rebmann. Zwar betrifft der jüngste Beschluss aufgrund des Termins noch nicht den Weihnachtsmarkt. Doch auch dessen Chancen sieht die Rathauschefin "kritisch". Dies hänge vor allem mit dem parallel stattfindenden Handwerkermarkt zusammen, wo meist dichtes Gedränge herrsche.
Der Umzug in Sandhausen. Foto: Popanda> In Sandhausen erinnerte Bürgermeister Georg Kletti gestern Nachmittag daran, dass es zu dem jüngsten Beschluss noch keine offizielle Verordnung gebe. "Aber sind wir mal realistisch: Nach drei Monaten Corona wissen wir, dass gerade Großveranstaltungen klassische Corona-Schleudern sind." So sei auch bei der Sandhäuser Kerwe "drei Tage Full House", wo "Tausende Menschen auf engstem Raum" zusammenkämen. Für entsprechend hoch hält Kletti die Gefahr von Neuinfektionen. Daher sei eine Kerwe aus seiner Sicht "nicht zu verantworten". Natürlich bedauert er auch die finanziellen Einbußen der Vereine. "Aber auch uns als Gemeinde fehlen nach jetzigem Stand in diesem Haushaltsjahr circa 2,2 Millionen Euro. Erst mal muss ich mir darüber Gedanken machen." Ob das Fest schon einmal abgesagt wurde, bezweifelt der Bürgermeister: "Ich bin 52 Jahre alt und kann mich nicht an eine Absage erinnern."
Das Bannweidgericht in Dossenheim. Foto: Alex> In Dossenheim war die Kerwe bisher nicht abgesagt, wie Thomas Schiller betont. "Wir wollten bewusst abwarten", so der Fachbereichsleiter. "Uns war aber bewusst, dass die Kerwe Mitte September in gewohnter Form nicht stattfinden kann." Schiller befürchtete, dass feierwütige Besucher aus der ganzen Region nach Dossenheim gekommen wären: "Wir wären überlaufen worden." Unabhängig von der Verlängerung des Verbots von Großveranstaltungen hat die Gemeinde für Anfang Juli eine Sitzung für Vertreter der Vereine angesetzt. "Wir wollen überlegen, ob wir eine Alternative anbieten können, da die Vereine wegen der abgesagten Feste erhebliche finanzielle Einbußen haben", so Schiller. "Ich sehe aber nicht viele Chancen." Selbst wenn nur Bannweidgericht oder Holzäpfelestanz stattfinden würden, müsste der Zugang kontrolliert und Daten der Besucher erfasst werden. Denkbar sei ein größeres Fest im nächsten Jahr. Ob der Weihnachtsmarkt stattfindet, wird im Oktober entschieden.
Den Fassanstich in Nußloch wird es dieses Jahr nicht geben. Foto: Alex> In Nußloch sollte der Gemeinderat am kommenden Mittwoch über die Kerwe im September entscheiden. "Wir hätten eine Absage vorgeschlagen", so Bürgermeister Joachim Förster. "Einige Vereine hatten schon signalisiert, dass sie nicht dabei sind." Außerdem sei ein zu großer Ansturm zu befürchten. Da dem Gemeinderat nun die Entscheidung abgenommen wurde, soll das Gremium zumindest über Alternativen diskutieren. So könnte es nächstes Jahr ein "Berkfest" im Max-Berk-Stadion in Anlehnung an das frühere "Bergfest" auf dem Alten Berg geben. Dieses sollte schon dieses Jahr stattfinden. "Es tut mir sehr leid, dass wir die Kerwe absagen müssen", so Förster. "Aber es ist leider notwendig."
> In Neckargemünd war der Bohrermarkt als traditionell letztes Volksfest in der Region Anfang November ebenso bereits abgesagt wie die Kerwe im Ortsteil Kleingemünd. Nicht gecancelt war bisher die Kerwe im Stadtteil Waldhilsbach. Klar war nur, dass es kein großes Festzelt geben wird, berichtet Ortsvorsteherin Lilliane Linier. Eine abgespeckte Version schien nicht ausgeschlossen. "Nun überlegen wir uns Alternativen und denken die Kerwe neu", so Linier.
> In Schönau will sich die Verwaltung um Bürgermeister Matthias Frick am Dienstag, 23. Juni, mit den Vereinen treffen, die die Kerwe veranstalten. "Das Treffen war aber schon lange geplant", so Frick. Er habe zwar vor zwei Monaten bereits gesagt, dass die Kerwen "keine Chance" hätten. "Aber wir wollen darüber sprechen, ob vielleicht doch eine Alternative zum Beispiel ohne Zelte und mit Abstandsregeln möglich wäre." Man müsse einerseits bedenken, dass die Kerwe für Vereine wichtige Einnahmequellen seien. Gleichzeitig würde eine "alternative" Kerwe mit Einschränkungen angesichts der Vorfinanzierung ein Risiko für die Vereine bedeuten. "Meines Erachtens wäre eine Kerwe unter Einhaltung aller Regeln nur mit erheblichem Aufwand möglich", so Frick. Auch wenn er zu einer Absage tendiere, wolle er die Abstimmung mit den Vereinen abwarten.
Bereits abgesagt waren in der Region rund um Heidelberg die Kerwe samt Volkslauf in Wilhelmsfeld Anfang Juli, die Vierburgenbeleuchtung in Neckarsteinach Ende Juli, die Bammentaler Kerwe Mitte August und das Meckesheimer Straßenfest Anfang September.