Die fünf Windräder am Greiner Eck hoch über Neckarsteinach sind seit dem Jahr 2017 in Betrieb. Foto: Katzenberger-Ruf
Von Lukas Werthenbach
Neckarsteinach-Grein. Gebrochene Schädel und geplatzte Lungen einerseits, CO2-neutrale Energieerzeugung andererseits: Die Lebensgefahr für Fledermäuse durch Windkraftanlagen ist ein Beispiel dafür, dass Naturschutz und Klimaschutz oft nur schwer in Einklang zu bringen sind. Auch gegen die im Jahr 2017 in Betrieb genommenen Windräder am Greiner Eck gab es Proteste, die sich unter anderem auf den Schutz von Tieren stützten. Anlässlich der "Internationalen Fledermausnacht" hat die RNZ nachgefragt, wie es um die Flugsäuger in der Umgebung des "Windparks Greiner Eck" steht.
Abendsegler, Bartfledermaus, Zwergfledermaus und die besonders streng geschützte Mopsfledermaus sind nur einige Arten, deren Leben laut dem Regierungspräsidium Darmstadt (RP) durch die Anlage am Greiner Eck gefährdet sind. "Fledermäuse leben im Wald und Windräder werden im Wald gebaut", sagt Windkraft-Gegner Johannes Fink und meint: "Das beißt sich."
Johannes Fink aus Heiligkreuzsteinach. Foto: Katzenberger-Ruf
Das Heiligkreuzsteinacher Gemeinderatsmitglied ist auch "Hobby-Biologe" und Mitbegründer des Naturschutzvereins Lebenswerter Odenwald. Er erklärt, dass gleich zwei verschiedene Gefahren von Windrädern für Fledermäuse ausgehen. Zum einen besteht das Risiko von Kollisionen: Immer wieder werden die Tiere von den Rotorblättern der Anlagen erfasst. So wurden an anderen Windrädern in Deutschland bereits tote Fledermäuse mit Schädelbrüchen gefunden. Das zweite Problem ist das sogenannte Barotrauma: Durch Verwirbelungen und Unterdruck hinter den Rotorblättern platzen die Lungen und die inneren Organe von Fledermäusen, die einer Anlage zu nahe kommen.
Die Mopsfledermaus gilt als streng geschützte Art. Foto: dpa
Müssten dann nicht ständig Kadaver der Flattertiere am Greiner Eck gefunden werden? "Nein", erklärt Fink, "wenn, dann sind das reine Zufallsfunde." Die Chance, eine verunglückte Fledermaus zu finden, sei trotz der nachgewiesenen - und inzwischen auch von Windkraft-Befürwortern nicht mehr angezweifelten - Gefährdung sehr gering.
"Die Tiere sind sehr klein und oft bleiben die Körper auch in Bäumen hängen." Und wenn eine tote Fledermaus den Boden erreiche, werde sie meist schnell von größeren Tieren gefressen. "Für Füchse, Marder oder Waschbären ist der Tisch damit gedeckt", so Fink. Zudem entstünden Windparks auf einer riesigen Fläche von mehreren Tausend Quadratmetern, die für ein exaktes "Monitoring" mühsam abgesucht werden müsste. Daher gebe es keine genauen Zahlen über zu Tode gekommene Fledermäuse durch Windräder. Fink verweist auf Hochrechnungen unter anderem des Nabu, denen zufolge jährlich rund 200.000 Fledermäuse an deutschen Windrädern verunglücken.
Dabei gibt es bereits Maßnahmen zum Schutz der Flugsäuger in der Nähe der Anlagen. So ist die im Jahr 2016 verfasste Genehmigung des RP zum Betrieb des Windparks am Greiner Eck mit sogenannten Abschaltvorgaben verbunden. Diese richten sich danach, dass Fledermäuse insbesondere nachts bei milden Temperaturen und wenig Wind aktiv sind.
"Die Anlagen sind vom 15. März bis zum 31. August von einer Stunde vor Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang bei Windgeschwindigkeiten unter sechs Metern pro Sekunde und Temperaturen ab neun Grad Celsius abzuschalten", heißt es in den Auflagen des RP. Ähnliche Bedingungen gelten auch für den Betrieb zwischen dem 1. September und dem 1. Dezember - in dieser Zeit müssen die Windräder schon drei Stunden vor Sonnenuntergang stehen bleiben. Die Anlage ist mit einer Automatik ausgestattet, durch die sie zu den genannten Zeiten bei entsprechendem Wetter abgeschaltet wird.
Jürgen Simon vom Ingenieurbüro "3 P Energieplan" hat den Windpark entwickelt und geplant. "Den hundertprozentigen Schutz gibt es nicht", sagt er mit Blick auf die Fledermäuse. Beim Artenschutz in der Nähe von Windrädern gelte das gleiche Prinzip wie im Straßenverkehr und in vielen anderen Bereichen: "Es kann nur um eine Risikominimierung gehen." So werde "das Gros der Tiere geschützt, aber Einzelschicksale gibt es natürlich", so Simon. Zum bestmöglichen Schutz der Flugsäuger zähle auch die Standortwahl für einen Windpark.
Im nur wenige Kilometer von Grein entfernten Hirschhorn gebe es "einen echten Hotspot mit Wochenstuben von Mopsfledermäusen", erklärt Simon. Auch durch den vorgeschriebenen Mindestabstand zu solchen Quartieren sei der Windpark am Greiner Eck letztlich an diesem Standort errichtet worden.