Von Stefan Kern
Schwetzingen. Einmal im Jahr begeben sich die Besucher im Schwetzinger Schloss und Schlossgarten auf eine wahre Entdeckungsjagd. Dann erfahren sie etwas über das höfische Leben von früher oder darüber, warum man im Schlossgarten eine steinerne Götterwelt aufgestellt hat - nämlich aus Verneigung vor der Antike. Auf rund 70 Hektar wird beim Schlosserlebnistag viel geboten: Musik, Literatur, kulinarische Schmankerl und Wissenswertes über Flora und Fauna.
Ein besonderer Programmpunkt ist die Imkerwanderung mit Alexandra Großhans. Seit drei Jahren kümmert sich die langjährige Schlossführerin im Garten um sieben große und drei kleine Honigbienenvölker. Insgesamt sind im Schlossgarten rund 400.000 Honigbienen aktiv. "Der Schlossgarten ist für sie ein Paradies", sagt die Imkerin. Dort gibt es abwechslungsreiche Blumenbeete ohne Pestizide und Kunstdünger. Um Honigbienen müsse man sich keine allzu großen Sorgen machen, sagt Großhans, anders sehe es bei den Solitärbienen, Hummeln, Wespen und vielen anderen Bestäuberinsekten aus. Gerade die Hummel sei in Sachen Bestäubung unverzichtbar. Wenn das Insektensterben weiter gehe, falle die Auswahl an Lebensmitteln deutlich magerer aus, so die Imkerin. "Albert Einstein sagte: ,Wenn die Biene von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben.’"
Die Besucher konnten auch die Bienen beobachten, die im Schlossgarten leben. Foto: Lenhardt
Vom Ei bis zum Schlüpfen der Jungbiene vergehen 21 Tage. Danach folgen rund vier Wochen Leben. In dieser Zeit durchlaufen die Tiere verschiedene Phasen: von der Putz- und Ammenbiene über die Wachs- und Wächterbiene bis hin zur Flug- und Sammelbiene. Die letzte Phase schafft eine Biene nur vier bis fünf Tage, dann kann sie nicht mehr und stirbt. "Schlicht faszinierend, was sich hinter dem Honig alles verbirgt", sagt Besucherin Maria Krause.
Die Führung durch das Arboretum wurde zu einer Reise über mehrere Kontinente - von Europa (Tatarischer Steppenahorn) über China (Magnolie Purpur), Korea (Blasenbaum) und Japan (Nikko Tanne). Auch Bäume aus Russland, Kanada und den USA finden sich im Schlossgarten. Ein wenig Entspannung bot das Picknickkonzert mit Chansons und dem Duo "Le Roi Julie" im Seepferdchengarten.
Für die Kinder hatte Heide Ruth-Bühler die Aktion "Gartenfüchse" auf die Beine gestellt. Dabei erkundeten 13 jungen Teilnehmer spielerisch den Schlossgarten mit seinen antiken Statuen.
Schlosserlebnistag in Schwetzingen - Die Fotogalerie
Die Lesung am Minervatempel mit der Autorengruppe "Litoff" stand ganz im Zeichen der deutsch-französischen Freundschaft. Vor dem Hintergrund des 50. Jubiläums der Städtepartnerschaft mit Lunéville ein ganz besonderer Programmpunkt.
Bei der Führung "Mehr als Quiche Lorraine" zeigte sich, wie sehr die beiden Länder und ihre Höfe über Jahrhunderte hinweg verbunden waren. Nicht nur dank des französischen Philosophen Voltaire, der mehrmals am Hof in Schwetzingen weilte und sich mit Kurfürst Carl Theodor anfreundete.
Auch in den Kunstwerken im Schloss ist der französische Einfluss unübersehbar. Die Bleifigur "Arion" etwa stammt aus dem zentralen Wasserspiel des kurfürstlichen Gartens in Lunéville. 1766 kaufte Carl Theodor die von Barthélemy Guibal geschaffene Figur und stellte sie im Schwetzinger Garten auf. Guibals Sohn Nicolas schuf außerdem das Deckengemälde im Badhaus.
Am Ende dieses ereignisreichen Tags waren einige Besucher sichtlich erschöpft. "Wir müssen wohl wiederkommen", sagten viele. Die neunjährige Maya brachte es schließlich auf den Punkt: "Hier gibt es wirklich viel zu entdecken."