In der Heppenheimer Starkenburg-Sternwarte konnte man am Freitagabend das Naturschauspiel beobachten. Foto: Dorn
Von Joachim Baier
Heppenheim. Alle halten die Luft an, schauen in der Heppenheimer Sternwarte auf eine große Leinwand - dann die erlösende Nachricht: "Da ist er". Der Asteroid "2012 DA14" ist auf einem Foto zu sehen, als weißer Strich auf schwarzem Hintergrund, umgeben von Sternen, die kleine Punkte sind. Der Asteroid raste am Freitagabend mit einem Irre-Tempo von 28.600 Stundenkilometern an der Erde vorbei zwar 27.800 Kilometer entfernt, doch so haarscharf wie kein jemals vorhergesagter vor ihm.
Das Schauspiel hätten viele Menschen rein theoretisch mit einem Fernglas am Himmel beobachten können. In den meisten Teilen Deutschlands hatte sich aber eine Wolkendecke davorgeschoben. Auch in Heppenheim, aber hier wurde die Klippe umschifft. Die Starkenburg-Sternwarte suchte sich im Ausland eine freie Stelle am Himmel. Sie zapfte ein Teleskop in St. Michel l'Observatoire in Südfrankreich an, zu dem es Kontakte gibt. "Das Wetter ist ein großer Feind von uns", erzählt Dominik Elsässer (32), Astrophysiker an der Universität Würzburg und Mitglied des Vereins Starkenburg-Sternwarte in Heppenheim. "In Deutschland können wir das meistens vergessen", bedauert das Mitglied Andreas Willberger (34). Von den Wettervorhersagen vorgewarnt, bereiteten sich die Astronomen auf die Wolkendecke vor.
In Südfrankreich war das Wetter ideal: freier Himmel. Rund 160 Mitglieder hat der Verein Starkenburg-Sternwarte, Vorsitzender ist Rainer Kresken (50). Zuvor hatte der Ingenieur der europäischen Weltraumorganisation Esa im nahe gelegenen Darmstadt den ganzen Tag erklärt, warum der Absturz des Meteoriten in Russland so viel Schaden anrichtete. Später am Abend sah die Sternwarte den Asteroiden. Warum ist er auf dem Foto ein langer Streif und nicht ein kleiner Punkt, der sich am Himmel bewegt? Die Bilder wurden 20 Sekunden lang belichtet, der rasende Asteroid geriet zu einem hellen Strich.
Ihn zu erwischen war nicht einfach. Das Teleskop in Südfrankreich musste rechtzeitig so in Position gebracht werden, dass auf den Auslöser gedrückt und ein Foto geschossen werden konnte. "Der Asteroid ist so schnell, dass man ihn als Punkt kaum einfangen kann", meinte Carolin Liefke (31), Sternwarte-Mitglied und Astrophysikerin von der Universität Heidelberg. Nach Ansicht von Elsässer muss man sich bei einer Foto-Jagd nach so einem Asteroiden per Teleskop verhalten wie ein Schütze beim Tontauben-Schießen: Schon mal dahin halten, wo das Ziel vorbeikommt - und rechtzeitig abdrücken.