Von Philipp Neumayr
Wer zum Impftermin ins Zentrale Impfzentrum in Patrick-Henry-Village muss und kein Auto zur Verfügung hat, kann seit Anfang Januar mit einem eigens von der Stadt eingerichteten Bus-Shuttle dorthin fahren. Genutzt wird der Bus bislang allerdings kaum. Womöglich auch deshalb, weil für ältere Menschen die Fahrt mit dem Bus "oft zu beschwerlich" sei, wie es in einer Pressemitteilung der Grünen heißt. Deren Gemeinderatsfraktion schlägt nun vor, "Leute mit Impftermin, aber ohne eigene Transportmöglichkeit mit dem Taxi zum Impfzentrum zu befördern".
"Gerade für die Älteren, die selbst nicht Auto fahren und auch niemanden haben, der sie fahren könnte, ist die Beförderung mit dem Taxi die in diesem Fall beste Art, um zu den Impfzentren zu gelangen", sagt Grünen-Stadtrat Felix Grädler. Die Menschen würden punktgenau gebracht, müssten also nicht unnötig warten oder weit zu Fuß laufen. Finanziert werden könnten die Fahrten den Grünen zufolge über eine Umwidmung der Frauennachttaxi-Scheine. Mit dem Frauennachttaxi können Frauen und Mädchen ab 14 Jahren mit Wohnsitz in Heidelberg für einen Pauschalpreis von sechs Euro "sicher durch die Nacht" fahren, wie es auf der Homepage der Stadt heißt. Finanziert wird das Projekt, das es seit 1992 gibt, aus Steuermitteln, einem Zuschuss der Funktaxi-Zentrale Heidelberg und den Einnahmen aus dem Fahrscheinverkauf. 2019 wurde das Angebot mehr als 11.000 Mal genutzt. Aufgrund der Kontaktbeschränkungen, der geschlossenen Gastronomie – und bislang auch aufgrund der nunmehr gekippten nächtlichen Ausgangssperre in Baden-Württemberg – ist die Nachfrage derzeit jedoch gering, wie auch Michael Käflein weiß.
"Diese Fahrten gibt es nicht mehr", sagt der Geschäftsführer der Heidelberger Taxizentrale. Schon im Dezember hatte er der Verwaltung vorgeschlagen, "Impftaxis" einzuführen – und sie mit dem Fördergeld für die Frauennachttaxis gegenzufinanzieren. "Wir sind sehr froh, dass die Grünen unseren Plan aufgenommen haben und unterstützen", sagt Käflein.
Für Käflein wäre es ein Win-win-Modell: Ältere Menschen kämen vergleichsweise risikofrei und bequem zum Impfzentrum, während die Taxi-Branche inmitten der Krise ein wenig Unterstützung erhielte. "Wir haben einen Rückgang von 65 bis 70 Prozent. Und das zieht sich schon lange hin – und ist eigentlich auch nicht zu überleben", sagt Käflein.
Finanziell wäre es seiner Meinung nach kein großes Problem, den Vorschlag umzusetzen. Mit dem städtischen Geld für die Frauennachttaxis könnte man zumindest den Grundstock der Fahrten älterer Menschen zum Impfzentrum finanzieren. "So unglaublich hohe Summen können da gar nicht anfallen", sagt Käflein. Entsprechend verwundert ist er darüber, dass es von der Stadt noch keine Zusage gibt. Auch vor dem Hintergrund, dass es das Angebot in Berlin bereits seit vielen Wochen gebe – und dort offensichtlich funktioniere. Laut "Taxi Times" wird in der Bundeshauptstadt im Schnitt alle zwei Minuten eine "Impffahrt" mit dem Taxi durchgeführt. Die Kosten übernimmt die Senatsverwaltung, abgerechnet wird über Coupons. Wenn es in Berlin funktioniere, warum dann nicht auch hier, fragt Käflein.
Die Stadt prüfe eine mögliche Umwidmung von Frauennachttaxi-Scheinen, erklärt ein Sprecher auf Nachfrage. "Das Thema ist in der Weihnachtspause in der Fachverwaltung angekommen und wurde nach den Feiertagen angegangen." Das Amt für Chancengleichheit werde zeitnah einen Vorschlag machen, ob und wie ein "Impftaxi"-Angebot umgesetzt werden könne.
Während Grünen-Stadtrat Grädler fordert, den "Impfbus"einzustellen und das Geld sowie "die unnötigen Abgase" einzusparen, hält die Stadt daran weiter fest. Zwar sei es richtig, dass der Bus "aktuell nicht durchgehend stark genutzt" werde, so der Stadtsprecher. Aber: Morgens habe man sogar eine Zusatzfahrt eingeschoben, da viele Beschäftigte des Zentrums den Bus nutzten. Zudem gehe man davon aus, "dass sich die Nachfrage erhöhen wird, wenn mehr Impfstoff zur Verfügung steht und auch jüngere Zielgruppen Impftermine vereinbaren können."
Update: Dienstag, 9. Februar 2021, 20.30 Uhr
Kaum jemand fährt mit dem Bus zum Impfen
Auch das Ruftaxi ist nicht sehr gefragt: Nur zehn Fahrten in einer Woche.
Heidelberg. (kau) Bisher hatte die Direktlinie "E-Bus-Shuttle ZIZ" zum Zentralen Impfzentrum (ZIZ) nur wenige Fahrgäste. Die Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) hat zwar noch keine Zahlen zu den Fahrgästen erhoben. Aber: "Nach unseren Beobachtungen sind die einzelnen Fahrten aktuell nur recht schwach besetzt", teilt RNV-Sprecher Moritz Feier auf RNZ-Anfrage mit. Auch das Ruftaxi aus Kirchheim sei bisher wenig gefragt. Zehn Fahrten habe es in der vergangenen Woche nur gegeben, so die RNV.
Achtung: Die Haltestelle des Impfbusses heißt zwar „Hauptbahnhof“, der „Steig Q“ befindet sich jedoch auf der anderen Seite der Lessingstraße vor der Alten Hauptpost.Den Shuttlebus vom Hauptbahnhof zum Zentralen Impfzentrum organisiert die Stadt gemeinsam mit der RNV – und ist dafür in Vorfinanzierung gegangen. "Wir bieten den Shuttlebus aus voller Überzeugung an, er ist ein wichtiges Signal", sagt ein städtischer Pressesprecher. "Uns war aber bewusst, dass zumindest am Anfang die Nachfrage sehr gering sein würde." Spätestens, wenn mehr Impfstoff zur Verfügung stehe, werde sich das jedoch ändern.
Der Bus soll deshalb weiterhin täglich zwischen 6 und 22 Uhr fahren. Derzeit startet er morgens jeweils um 6.06 Uhr an Steig Q des Hauptbahnhofes (siehe Grafik), die zweite Fahrt beginnt um 6.40 Uhr. Ab dann verkehrt die Linie bis 19.20 Uhr alle 40 Minuten – also um 7.20 Uhr, 8 Uhr, 8.40 Uhr und so weiter. Am Abend fährt der Bus noch mal um 20.20 Uhr sowie zum letzten Mal um 21 Uhr. Vom ZIZ fährt er ebenfalls im 40-Minuten-Takt zurück zum Hauptbahnhof.
Dass die Sonderbuslinie bisher so wenig genutzt wird, dürfte auch daran liegen, dass viele Menschen gar nicht wissen, dass es sie gibt. Die Anmeldung für einen Impftermin am ZIZ läuft über eine zentrale Internetseite oder Telefonhotline des Landes Baden-Württemberg. "Infos zu den Anfahrtsmöglichkeiten zum konkreten Impfzentrum gibt es bei der Anmeldung nicht", so der Stadtsprecher. "Das für jedes Impfzentrum einzupflegen, wäre sehr viel Aufwand, und wir verstehen, dass sich das Land aktuell um andere Sachen kümmert."
Die Stadt Heidelberg versuche deshalb, über "ihre Kanäle" die Informationen zu verbreiten. Konkret sind das neben der Internetseite der Stadt auch Social-Media-Kanäle wie Facebook und Instagram – jedoch gibt es gerade unter den älteren Menschen, die schon jetzt impfberechtigt sind, viele, die keinen Internetzugang haben.