Bezirkskantor Andreas Fauß bei seiner „Orgelmusik zur Marktzeit“ in St. Johannes Nepomuk. Die Orgel in der Michaelskirche war kaputt. Foto: Barbara Nolten-Casado
Von Barbara Nolten-Casado
Eberbach. Eigentlich hatte Bezirkskantor Andreas Fauß am Samstagvormittag im Rahmen der von ihm neu ins Leben gerufenen vierteiligen Reihe "Orgelmusik zur Marktzeit" sein erstes Konzert an der Orgel der Michaelskirche geben wollen. Doch es sollte nicht sein. Junge Leute aus der Kirchengemeinde standen am Eingang der Kirche, um alle Konzertbesucher umzuleiten – in die katholische Kirche. Begründung: "Die Orgel ist kaputt."
Über technische Probleme des Instruments informierte Fauß dann seine Zuhörer um 11 Uhr in St. Johannes Nepomuk. Am Donnerstag hatte er sie festgestellt. Am Freitagnachmittag vermutete der zu Hilfe gerufene Orgelbauer einen möglicherweise durch ein Gewitter verursachten Überspannungsschaden. Bis wann das Problem behoben werden kann? Keine Ahnung. Was also tun, um das für Samstag anberaumte Konzert dennoch stattfinden zu lassen? Fauß rief seinen katholischen Kollegen Severin Zöhrer in dessen italienischem Urlaubsdomizil an. "Er setzte von dort aus alle Hebel in Bewegung, damit ich heute in der katholischen Kirche spielen kann", berichtete Fauß. Als Dank sollte die eingenommene Kollekte dieses Morgens der katholischen Kirchenmusik zugutekommen.
Dann stieg Andreas Fauß hinauf zur Orgel von St. Johannes Nepomuk. Den Auftakt des 30-minütigen Konzerts machte die Sonate c-Moll op. 65/2 von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Ein verhaltenes Grave-Adagio mündete ein in einen fulminanten zweiten Satz, der seiner Bezeichnung "Allegro maestoso e vivace" alle Ehre machte. Die "Fuge" ließ den von Mendelssohn so hoch geschätzten Barockmeister Johann Sebastian Bach durchscheinen, doch im finalen Allegro moderato, da war er nun ganz bei sich selbst angekommen. Es folgte Bachs Fantasie G-Dur BWV 572. Heiter und flink perlten die Läufe dabei zu Beginn durchs Gotteshaus, dann wieder ließ Fauß die Orgel in barocker Pracht jubilieren. Ein Dialog zwischen erdhaft- dunklem Getön und jenseitig-zartem Klang entspann sich in Programmpunkt drei des Marktzeit-Konzerts: einem Choral aus der "Symphonie n. 2 en mineur pour grand orgue op.20" von Louis Vierne. Der Schluss: Konsens, Harmonie: da ließ Fauß noch einmal die ganze Fülle der Register erstrahlen.
Die rund 65 Zuhörer zeigten sich begeistert. Herzlicher Applaus dankte dem Kantor für eine halbe Stunde höchsten Musikgenusses.
"Ich fand’s genial", sagte Konzertbesucherin Barbara Coors im Anschluss an die Veranstaltung. "Ich finde ein solches Angebot gut, das einem hilft, in der samstäglichen Hektik etwas runter zu kommen." Und", fügte sie hinzu, "es wäre doch toll, wenn man so eine Reihe ökumenisch abwechselnd machen würde."
Auch Achim Schenker war voll des Lobes für das musikalische Projekt. "Es war super, wunderbar. Genau die richtige Idee." Caroline Bauer empfand es als "sehr gelungen, dass man aus dem Arbeitsalltag heraus in die Kirche kommt und die Musik sprechen lässt." Und der katholische Pfarrer Pavo Ivkic fand es einfach nur "super schön", was der evangelische Kirchenmusiker da in seiner Kirche zum Besten gegeben hatte.
"Ich bin glücklich", fasste Andreas Fauß schließlich all seine Erleichterung darüber in Worte, dass sein erstes Orgelkonzert in Eberbach trotz aller Widrigkeiten nun doch noch erfolgreich hatte stattfinden können. Welches Anliegen verbindet er mit der "Orgelmusik zur Marktzeit"? "Ich möchte die Menschen regelmäßig mit kleinen Häppchen versorgen", sagt Fauß, der bereits Pläne für eine Neuauflage der Reihe im nächsten Jahr schmiedet. "Bei einer 30-minütigen Veranstaltung ist vielleicht die Hemmschwelle niedriger als bei großen Orgelkonzerten. Ich sehe da samstagsvormittags ein großes Potenzial, weil da so viele Menschen in der Stadt unterwegs sind." Und wie hat ihm das Gastspiel auf der Orgel von St. Johannes Nepomuk gefallen? "Ich mag das Flair in katholischen Kirchen", bekennt der evangelische Kantor. "Und die Orgel spielt sich sehr schön, sie ist klanglich sehr abwechslungsreich, hat eine große dynamische Bandbreite…"
Info: Die nächste "Orgelmusik zur Marktzeit" findet am kommenden Samstag, 29. August, von 11 bis 11.30 statt. Der Ort des Konzerts wird rechtzeitig in den Medien bekannt gegeben.