Mit Lappen und Seife: Nach jedem Händewaschen reibt Rolfes das Edelstahlbecken aus. "An diesem Waschbecken sieht man jeden Wasserfleck und das will ich nicht haben." Foto: Sturm
Von Axel Sturm
Ladenburg. Gerlinde Rolfes kennt alle großen Feste und Veranstaltungen in Ladenburg: Sie ist dabei, wenn Tausende beim Altstadtfest feiern und bei der Kerwe, beim Drachenbootfestival, beim Fischerfest und beim Triathlonfestival. Dann holt sie sich aber keine Zuckerwatte am Süßigkeitenstand, schaut keinen Kindern zu, die auf dem Karussell ihre Runden drehen und feuert keine Sportler am Wegesrand an. Die 71 Jahre alte Rolfes hält den Toilettenwagen und das Rundklo auf der Festwiese sauber.
"Solange ich diesen Dienst noch ausüben kann, werde ich immer Ja sagen, wenn man mich fragt", erzählt Rolfes. Die Arbeit als Klofrau, das hat für sie nichts Anrüchiges. "Einer muss den Job doch machen."
Die meiste Zeit macht ihr die Arbeit auch Spaß. Manche Toilettennutzer seien zwar auch einmal unfreundlich und fordernd, aber auf Streitgespräche lässt sich Rolfes so gut wie nie ein. "Ein Toilettenwagen ist nun mal nicht mit der Toilette eines Fünf-Sterne-Hotels zu vergleichen. Ich kann aber sagen, meine Toiletten sind picobello sauber."
Rolfes war in ihrem Arbeitsleben noch nie krank. "Arztbesuche kenne ich nicht, vielleicht macht meine Arbeit mich so robust." Vielleicht sind es auch die freundlichen Begegnungen mit den Toilettengästen. Die meisten erkennen ihre Arbeit an und geben ihr Trinkgeld. Fordernd ist Rolfes aber nicht und auch nicht böse, wenn ein Kunde an der Spendenbüchse vorbeigeht. Natürlich macht sie ihren Nebenjob, um ein paar Euro zu ihrer spärlichen Rente hinzuzuverdienen. Geld ist ihr aber nicht am wichtigsten. "Ich wohne alleine und bin froh, wenn ich unter die Leute kann", erzählt Rolfes.
Sie hatte es nicht immer einfach im Leben. Sie war mit drei Männern verheiratet, hat sich immer um Haushalt und ihre beiden Kinder gekümmert. Eine Ausbildung hat sie nie gemacht. Zeitweise wohnte sie in Friedrichsfeld, mit ihrem zweiten Mann zog sie 1969 nach Ladenburg und ist hier geblieben. In der Krawattenfabrik Albersia verdiente sie ein paar Mark dazu. Freude hat ihr die Arbeit aber nie gemacht.
Woran andere zerbrechen, das hat Rolfes die Kraft gebracht, um zwei traurige Situationen zu meistern. Kurz hintereinander starben ihr Sohn und ihre Tochter. Schicksalsschläge, die hart waren. "Aber das Leben musste weitergehen." Statt sich zurückzuziehen, wollte Rolfes unter Menschen. Viel Geld war nie da, aber es genügte zum Leben. Ihre Sparsamkeit half ihr zurechtzukommen. Ein Auto hatte sie nie. "Ich mache alles mit dem Fahrrad, das ist günstig und hält fit." Weil ihre Freundin in Neckarhausen Hilfe braucht, fährt Rolfes oft über den Neckar. "Sie hat ja sonst niemand", sagt sie. Bei all der Aufopferung schadet es nicht, wenn Rolfes ein bisschen Geld zur Seite legen kann. Neulich hat ihr ein WC-Besucher zehn Euro in die Hand gedrückt, das ist selten, und Rolfes freute sich umso mehr.
Öfter ist ihr Einsatzort die Rundtoilette auf der Festwiese, zum Beispiel am vergangenen Wochenende, als die Stadtkapelle dort ein Konzert gab. Wieder einmal hat sie Vandalismusschäden melden müssen, als sie die Herrentoilette aufschloss. Irgendjemand hatte die Tür zerstört, sodass die Männer von Rolfes auf die Damentoilette gelotst werden mussten. Den ausufernden Vandalismus im Rundklo kann Rolfes nicht verstehen. "So sinnlose Aktionen müssen doch nicht sein." Während des Konzerts hatte sie nicht viel zu tun, bei der Hitze blieben viele wohl lieber zuhause oder gingen ins Freibad.
Mit Lappen und Putzmittel war Rolfes aber immer zur Stelle, um die Toilette sauber zu halten. Viele wollten sich im Rundklo am Waschbecken mit etwas kaltem Wasser nur abkühlen. Nach jedem Waschvorgang rieb Rolfes das Edelstahlbecken aus. "An diesem Waschbecken sieht man jeden Wasserfleck und das will ich nicht haben."
Das Rundklo also doch als Toilette eines Fünf-Sterne-Hotels? "Ach was", sagt Rolfes. Aber auch in einem öffentlichen WC müssten fast keine Abstriche gemacht werden, sagt sie.