Von Nicoline Pilz
Edingen-Neckarhausen. Der Jahresrückblick aus Edingen-Neckarhausen von A bis Z – mit vielen Tieren, einigen Aufregern und immer noch ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
> A wie Agenda: Im Februar tagte der Agenda-Ausschuss zuletzt und nahm auf Antrag der Sammelbewegung "Aufstehen" die neue Projektgruppe "Ausgrenzung durch (Alters-) Armut unter seine Fittiche. Ausgebremst wohl durch die Corona-Pandemie kamen Ideen wie die Einrichtung eines Lebensmittelregals für Ärmere 2020 nicht zum Tragen. Während "Aufstehen" mit dem Vorgehen in der Corona-Pandemie hart zu Gericht ging, blieb die neue Projektgruppe gerade in dieser Zeit, in der Ältere mehr vereinsamten, sehr stumm.
> B wie Bürger-App: Kommt sie oder kommt sie nicht? Im Haushalt für 2021 sind Mittel zur Einführung des Bürgerumfrage-Instruments in Höhe von 14.000 Euro eingeplant, doch das Thema hätten sich einige Gemeinderäte schon für 2020 auf den Tisch gewünscht. Wer nicht kam, war Boris Palmer. Tübingens Oberbürgermeister hätte in Edingen über seine städtische Bürger-App sprechen sollen, stolperte aber mal wieder über seine schwäbische Schwertgosch.
> C wie Clysters: Das traditionsreiche Autohaus in Neu-Edingen schloss im März seine Tore. Auf dem Grundstück machte der Gemeinderat den Weg für Wohnbebauung frei.
> D wie Digitalisierung: Das Rathaus will 2021 virtueller werden und mehr Bürgerservice anbieten. Auf der Homepage könnte man dann Formulare ausfüllen, außerdem soll es eine Kommunal-App "App Edingen-Neckarhausen" geben, die nichts mit dem Bürgerbefragungsinstrument wie oben beschrieben zu tun hat. Im Haushalt sind dafür 47.000 Euro eingeplant – und fraglos hat die Doppelgemeinde hier digitalen Nachholbedarf.
> E wie Eidechsen: Manch einer wunderte sich im April, welch interessante naturnahe Installationen auf dem hinteren Teil des alten Hartplatzes beim FC Viktoria entstanden. Ein Ersatzhabitat für Eidechsen, ließ die Umweltbeauftragte der Gemeinde wissen. Rund 20 bis 30 Mauereidechsen leben auf dem Gelände. Die streng geschützten Tiere sollten vom vorderen in den rückwärtigen Teil des Platzes umziehen, um ihre Population im Zuge einer künftigen Wohnbebauung zu sichern und zu vergrößern. Trockenmauer, Stabmattenzaun und Baumwurzeln ließ sich die Gemeinde rund 25.000 Euro kosten.
> F wie "Förderverein Fähre Neckarhausen": Kurz vor dem ersten Lockdown gründet sich am 6. März der Förderverein unter dem Vorsitz von CDU-Gemeinderat Florian König mit dem Ziel, die Neckarhäuser Fähre zu erhalten, und ihre jahrhundertealte Geschichte zu bewahren. Der Förderverein will ferner die Gemeinde unterstützen, die Anfang April die Fährverbindung in ihre Hände nahm.
> G wie Grabinger, Bernd: Von 2014 bis zu seinem Tod im März 2020 war Bernd Grabinger der Fraktionsvorsitzende der CDU im Gemeinderat. Nach kurzer, schwerer Krankheit starb er im Alter von 67 Jahren überraschend und hinterließ im Rat eine Lücke. Für ihn übernahm Markus Schläfer den Vorsitz, Lukas Schöfer als Nachrücker wurde Vize. Im Oktober verließ auch nach vielen Jahren Georg Schneider die Fraktion. Für ihn kam Antonio Trezza erneut ins Amt.
> H wie Haushalt: Im Frühjahr sah es noch so aus, als müsste die Kommune einen Nachtragshaushalt beschließen. Eine Zeit der Unwägbarkeit, welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auf den Haushalt haben wird. Betreuungsgebühren wurden storniert, das Freizeitbad geschlossen. Das Konjunkturpaket von Bund und Land half, den Nachtragshaushalt zu verhindern. Mit weiteren Hilfen rechnet die Gemeinde 2021.
> I wie Interessengemeinschaft Partnerschaft Edingen-Neckarhausen/Plouguerneau (IGP): Wie pflegt man eine Städtepartnerschaft über 1144 Kilometer hinweg? Überwiegend online in diesem Jahr, unterstützt teilweise vom neu gegründeten Deutsch-Französischen Bürgerfonds, dessen Regionalberater IGP-Ehrenvorsitzender Erwin Hund nun ist. Online-Dinner, Online-Glühweintrinken und Konferenzen fanden statt. Einige Freunde aus Plouguerneau machten auch persönlich Station am Neckar. Auch die Jugendbegegnung fand in Frankreich statt. Unter erschwerten Bedingungen, aber eben dennoch. Und auch Band zwei des Partnerschaftsbuches erschien in der Reihe "Bausteine zur Ortsgeschichte".
> J wie Julius Helmstädter: Im Februar beantragte für einige etwas überraschend die UBL-FDP/FWV, den früheren SPD-Gemeinderat und Landtagsabgeordneten, der am 11. Februar 1945 im Konzentrationslager Dachau starb, mit einem Straßennamen zu ehren. Gedacht ist an den Abschnitt am Neckaruferweg in Edingen, in dem Helmstädters wohnten. Am Rathausabgang soll eine Gedenktafel an den mutigen Sozialdemokraten erinnern. Hier flohen Julius Helmstädter und Ratskollege Simon Brecht am 14. März 1933 aus einer von Nationalsozialisten gestürmten Gemeinderatssitzung über den Neckaruferweg. Noch ist die Umbenennung in "Julius-Helmstädter-Ufer" aber nicht vollzogen.
> K wie Kerwe(n): Die Neckarhäuser Kerwe fiel aus, ebenso "Rund ums Schloss". In Edingen gab es eine kleine Kerwe-Ausgabe, in deren Mittelpunkt die Ausstellung der Fotogruppe im Kultur- und Heimatbund stand. Die Fotogruppe feierte ihr 50-jähriges Bestehen nicht nur mit der sehenswerten Bilderschau, sondern auch mit dem Fotokalender 2021, der viele schöne Motive aus der Gemeinde von früher und heute enthält.
> L wie Landwirte: Im März organisierten örtliche Landwirte eine Auftaktveranstaltung für Blühpatenschaften. Die Blühstreifen mit regional passenden Blühmischungen entlang von Feldern oder ungenutzten Flächen, bieten Insekten übers Jahr Nahrung und Schutz. Bei all ihren Bemühungen waren die Landwirte ziemlich sauer über den Vorstoß der OGL, die Vergabe gemeindeeigener Flächen künftig im Gemeinderat anzusiedeln. Dem Kompromissvorschlag der UBL-FDP/FWV, Richtlinien aufzustellen und das Ganze bei der Verwaltung zu belassen, folgte der Gemeinderat dann aber mehrheitlich.
> M wie Mazura, Franz: Im Januar 2020 starb der begnadete Bassbariton im Alter von 95 Jahren. Der gebürtige Salzburger war ein Multitalent, Kammersänger und Schauspieler, Karikaturist, Maler, Lyriker und Rezitator. An seinem Wohnort Edingen-Neckarhausen, wo er seit 1964 lebte, unterstützte er mit seinen Lesungen zur Adventszeit die Arbeit der Stiftung Zukunft Lutherkirche. Immer wieder stellte er in der Volkshochschule Grafiken und Zeichnungen als Hommage an die Sänger- und Schauspielkollegen vom Nationaltheater aus.
Auf dem gemeindeeigenen Gelände an der Friedrichsfelder Straße hat sich einiges getan in diesem Jahr. So hat die Nabu-Ortsgruppe ihren Schaugarten auf die Beine gestellt. Foto: Pilz> N wie Nabu: Die Nabu-Gruppe Edingen-Neckarhausen begann in diesem Jahr mit der Anlage eines Schaugartens auf einem gemeindeeigenen Grundstück in Edinger Randlage. Ein Beispiel ehrenamtlichen Engagements mit vielen kleinen Inseln für krabbelnde und fliegende Insekten. Auch Amphibien lieben die Anlage: Ins Herzstück des Gartens, ein kleiner Teich, zogen flugs einige Molche ein.
> O wie "O Tannenbaum": Jahrelang sammelten die Ministranten der Pfarrgemeinden in Neckarhausen und Edingen gegen einen Obolus ausgediente Tannenbäume ein. Corona-bedingt muss dieses Angebot im Januar entfallen. Die Kompostanlage im Gewann "Die Milben" nimmt auch Grünschnitt entgegen – kleinere Mengen sogar kostenlos.
> P wie Paten: Anfang März übergaben Bürgermeister Simon Michler und Vertreter des Obst- und Gartenbauvereins eine Streuobstwiese an der Mannheimer Straße an einige Baumpaten. Das Kooperationsprojekt von Gemeinde und Verein bietet Bürgern ohne eigenen Garten oder mit zu wenig Platz die Möglichkeit, ihren eigenen Baum abzuernten. Das 1000 Quadratmeter große Grundstück ist nun Bestandteil von nun 61 Biotopen auf der Gemarkung.
> Q wie Quartiersentwicklung: Bei diversen Bebauungsplänen für "Edingen-Südwest", "Hinter der Kirche", "Neckarhausen-Nord", "Hauptstraße II (ehemals Voba) und Bäko-Wiese ging es Schritt für Schritt voran. Im Frühjahr soll zudem Baubeginn fürs neue Hebewerk in Neckarhausen sein.
> R wie Rathaus: In der Verwaltung drehte sich das Personalkarussell. Vier Ämter, zwei Stabstellen und Bürgermeister Simon Michler als Leiter des Ordnungsamtes. Übergangsweise. Er gibt es jetzt im Januar an Nicole Brecht weiter. Die Leitung der Kämmerei wird nach dem Weggang von Manfred Kettner ab Mitte 2021 von Claus Göhrig geführt. Und wenn Hauptamtsleiterin Elke Hugo 2022 aufhört, wird ihre Arbeit auf mehrere Schultern verteilt, Michler übernimmt die Amtsleitung. Eine komplett interne Neubesetzung, die Personalkosten sparen wird und eigene Leute fördert, wie Michler gegenüber der Rhein-Neckar-Zeitung sagte.
> S wie Schweickert, Lieselotte: Die FDP-Altgemeinderätin, frühere Landtags- und Kreistagsabgeordnete, starb im Mai im Alter von 82 Jahren. Sie hinterließ auch in der evangelischen Kirchengemeinde Edingen im Besuchsdienst eine Riesenlücke. Ältere, einsame und kranke Menschen zu besuchen, einen Text zu lesen oder ein Gebet zu sprechen, das machte keiner so häufig wie sie.
> T wie TFA: Das Thema "Trifluoracetat" im Neckar und somit auch im Trinkwasser, beschäftigt die Gemeinde immer noch. Eine Druckerhöhungsanlage ist im Werden, um künftig im Notfall Trinkwasser aus Mannheim beziehen zu können. Edingen-Neckarhausen klagte genau wie Heidelberg gegen das einleitende Unternehmen Solvay aus Bad Wimpfen. Man sei guter Dinge, die Sache zu einem positiven Ende zu bringen, erklärte Michler im Jahresgespräch.
> U wie "unsäglich": Ende Juni beschädigten Vandalen den Treppenabgang an der Jahnhalle in Edingen, indem sie einen großen Findling die Stufen hinunterstießen. Bürger beklagten zudem illegale Müllentsorgungen in der Fischkinderstube, Landwirte beschwerten sich über vermüllte Äcker und tierische Tretminen. Skurril dann im Sommer der Ausflug zweier Stand-Up-Paddler auf den See in der Fischkinderstube.
> V wie Vereine: Auch sie hatten es schwer in diesem seltsamen Jahr 2020. Nach einem prächtigen Ball, den der Turnverein Edingen noch ausrichten konnte, mussten im ersten und zweiten Lockdown Sport und Gesang komplett heruntergefahren oder mühsam wieder unter Wahrung von Schutzmaßnahmen neu initiiert werden. Alle Dorffeste fielen aus, Einnahmen brachen weg. Der neu aufgelegte Gutschein-Block, eine Idee aus den Reihen des Neckarhäuser Gesangvereins, soll Vereinen und auch Betrieben gleichermaßen helfen.
> W wie Wacker, Renate: Die Leiterin der Pestalozzi-Schule scheut kein offenes Wort, wenn es um den sanierungsbedürftigen Zustand der Schule geht. Regelmäßig regen sich Gemeinderäte über Wackers Aussagen, es gehe zu langsam voran, auf. Aber ein öffentliches Wort des Bedauerns, dass es in die Schule teils hineinregnet und für 230 Schüler nur zwei Toiletten zur Verfügung stehen, das fehlt bislang aus dem Rat. 2021 soll die Sanierung des zweiten Bauabschnitts nun beginnen. Wacker wird das nicht mehr begleiten, bis dahin ist sie in Ruhestand gegangen. Ein streitbarer Geist weniger.
> X wie xerophil: Das ist die Bezeichnung für Lebewesen, die bevorzugt in trockenen Biotopen leben. Zwar wachsen auf den Streuobstwiesen der Gemarkung noch keine Kakteen, doch der Klimawandel schlägt sich auch in Edingen-Neckarhausen nieder. Um Klimaschutz und Artenvielfalt ging es im Februar in einer vom hiesigen Nabu organisierten großen Expertenrunde, die den ideellen Graben zwischen Landwirtschaft und Naturschützern nicht überwinden konnte.
> Y wie in "mysteriös": Anfang Dezember trieben viele tote oder sterbende Rotaugen im Neckar. Einem Experiment des Regierungspräsidiums zur Frage, weshalb es im Neckar kaum noch Rotaugen gibt, fielen auf dem Transportweg von Mecklenburg-Vorpommern 30 Kilo Fisch zum Opfer. Eigentlich ein Skandal. Das Landratsamt selbst war von der Testung nicht unterrichtet worden, weshalb die Behörde die Feuerwehr auf den Plan rief.
> Z wie "zum Schluss": Vieles fiel flach, doch es gab kreative Ideen. Der TV Edingen sammelte bei seinem virtuellen Sommerlauf, den jeder irgendwo auf der Welt für sich alleine stemmen konnte, Spenden für den kommunalen Sozialfonds. Sobald es ging, organisierte die VHS dreitägige Wochenend-Festivals mit Musik, Theater und Tanz für kleinere Besucherzahlen. Das "JUZ 13" lud zum Dorfrock, die Kirchengemeinden gestalteten Online-Gottesdienste. Und ganz zum Schluss – seit Kurzem erfreuen sich Biber an den Bäumen in der Fischkinderstube. Viele von ihnen tragen jetzt Drahthosen. Die Bäume natürlich.