ARD-Krimi

Neuer "Thiel und Boerne"-Tatort mit wohldosiertem Comedy-Gehalt

Wer solche Freunde hat: Der Geburtstags-Tatort aus Münster spielt im Mafia-Umfeld und gibt Einblicke in Boernes Seelenleben.

12.11.2022 UPDATE: 13.11.2022 14:00 Uhr 1 Minute, 47 Sekunden
Wer will hier mit wem durchbrennen? Prof. Boerne (Jan Josef Liefers) muss Veronika (Proschat Madani) und Friedhelm Bastian (Jan Georg Schütte) ziehen lassen. Foto: WDR/ARD

Von Daniel Bräuer

Münster. 20 Jahre ist es her, dass Axel Prahl und Jan Josef Liefers erstmals in Münster Verbrecher jagten. Das schrullige Team um Frank Thiel und Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Karl Friedrich Boerne ist laut Quoten und Umfragen längst das beliebteste Tatort-Gespann, auch wenn die Balance aus Krimi und Comedy längst nicht immer gelang. Die Jubiläumsfolge "Ein Freund, ein guter Freund" schafft das aber souverän.

Was ist passiert? Nikolas Weber wäre als leidlich erfolgloser Rechtsanwalt nicht weiter auffällig – wäre nicht der örtliche Mafiapate Nino Agostini sein wichtigster und womöglich einziger Mandant. Jetzt liegt der drogensüchtige Weber (Hadi Khanjanpour) tot in seiner verwüsteten Kanzlei, Kompagnon Erik Nowak (Hendrik Heutmann) ist angeblich in einer Nervenklinik abgetaucht, aus dem Safe ist eine Festplatte mit mutmaßlich belastendem Material verschwunden. Und Agostini? Der wäscht natürlich seine Hände in blütenreiner Unschuld.

Worum geht es wirklich? Um Vertrauen, Treue, Freundschaft – und ja, um ganz, ganz langlebige Liebe. Siehe unten.

Wie schlagen sich die Ermittler? Harte Zeiten für den exzentrischen Prof. Boerne. Gerade hat er eine Abschiedsrede auf seinen alten Studienfreund Friedhelm Fabian gehalten. Den Ex-Chef der örtlichen Anwaltskammer zieht es, warum auch immer, mit Frau Veronika nach Guatemala. Doch dann wird Friedhelm von Erpressern entführt – und Ka-Eff steht Veronika mit starker Schulter zur Seite. Schnell wird klar: Das war schon immer mehr als Freundschaft! Dem gnadenlos befangenen Boerne gelingt es nicht lange, die Polizei, sprich Thiel, aus dem Spiel zu halten. Der erkennt, wie Mord und Entführung zusammenhängen. Und Assistent Mirko besticht nicht nur als Digitalexperte, sondern auch als Tierfreund!

Was ist die Stärke dieser Tatort-Folge? Da ist zum einen die bis zum Showdown solide und spannend erzählte Story. Dann die tolle Schauspielleistung von Jan Georg Schütte als weltläufig-arroganter Fabian, der in seiner Geiselzelle irgendwann anfängt, den Spieß umzudrehen. Und drittens die weitgehende Abwesenheit von Klamauk. Die Frotzeleien zwischen Thiel, Boerne, Klemm und Alberich konzentrieren sich auf Anfang und Schluss. Zwischendurch machen die Wortgefechte von Thiel und Mirko tatsächlich Spaß – und wie Liefers den Prof. Boerne als schlechten Schauspieler schauspielt, ebenso.

Was sind die Schwächen? Dass Regisseurin Janis Rebecca Rattenni bei dem Proträt des Protz-Mafioso reichlich dick aufträgt, ist gewollt. Der übermäßige Einsatz von Split-Screen-Technik erschließt sich dagegen überhaupt nicht und trägt weder zur Erkenntnis noch zur Unterhaltung bei.

Und sonst? "Ein Freund, ein guter Freund" ist in 20 Jahren der 42. Münster-Tatort!

Was kann man von diesem Tatort fürs Leben lernen? Der "Große Raketenwacholder" ist keine eigene Art, sondern einfach ein großer Raketenwacholder. Und die beste Art, Kryptogeld wie Bitcoins aufzubewahren, ist tatsächlich ein grundsätzlich nicht mit dem Internet verbundenes Speichermedium, eine "cold wallet" ("kalte Brieftasche").

Sonntag, 20.15 Uhr, lohnt es sich einzuschalten? Ja. Es wartet ein spannender Krimi mit einem für die Münsteraner erfreulich wohldosierten Comedygehalt.

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