Andenken oder Ausbeutung?

Neues Album von Rapper Mac Miller fünf Jahre nach dessen Tod

Das Geschäft mit dem Tod: Nicht nur Mac Miller sorgt mit posthum erschienener Musik für Aufsehen.

16.02.2025 UPDATE: 16.02.2025 04:00 Uhr 2 Minuten, 27 Sekunden
Der talentierte US-Rapper Mac Miller starb am 7. Septemer 2018. Dieser Tage ist ein neues Album von ihm erschienen. Foto: dpa

Von Julia Blank

Die Zeile lässt aufhorchen: "Didn’t think anybody died on a Friday" – also "Ich dachte nicht, dass irgendjemand freitags stirbt" – singt Mac Miller in der kürzlich veröffentlichten Single "Funny Papers". Geradezu ironisch, bedenkt man doch, dass der Rapper selbst ausgerechnet an einem Freitag im Jahr 2018 an einer Überdosis Medikamenten und Alkohol starb.

Das Album, das nun über fünf Jahre nach Millers Tod veröffentlicht wurde, heißt "Balloonerism" und gedenkt mit 14 Songs dem amerikanischen Ausnahmetalent. Es ist bei Weitem nicht das erste Mal, dass ein solches posthumes Album veröffentlicht wird. Die Debatte scheint dabei immer die gleiche: Andenken oder Ausbeutung?

Der Popstar Prince beispielsweise nahm noch zu Lebzeiten Hunderte Songs auf, die er nie veröffentlichten sollte. Sicher verwahrt in dem legendären Safe "The Vault" schlummerten sie nach seinem Tod – mittlerweile haben seine Nachlassverwalter jedoch acht neue Alben, Samples und Neuauflagen unter seinem Namen herausgebracht. Ein Millionengeschäft, dem Prince zu Lebzeiten seine Zustimmung gab.

Auch das legendäre Album "Life After Death" von Notorious B.I.G. erschien posthum. Der amerikanische Rapper war nur wenige Tage vor der geplanten Veröffentlichung im März 1997 auf offener Straße erschossen worden. Ähnlich steht es mit dem zweiten und letzten Album "Closer" der Kultband Joy Division.

Nach dem plötzlichen Tod von Frontmann Ian Curtis im Mai 1980, zwei Tage vor der geplanten Amerika-Tour, veröffentlichte die Band sowohl die LP "Closer", als auch die Single "Love Will Tear Us Apart", die mittlerweile den größten Joy-Division-Erfolg überhaupt darstellt.

Selbst die Beatles entschieden sich nach dem Tod von John Lennon nochmal einen von ihm eingesungenen Song zu veröffentlichen. Den hatte Lennon in den Siebzigern mithilfe eines Ghettoblasters aufgenommen – in unbrauchbarer Tonqualität. 2023 war es dann möglich, diese mithilfe von KI zu reparieren: "Es war wahnsinnig emotional für uns alle. Es war wirklich so, als ob John wieder bei uns ist – das war echt verrückt", freute sich Schlagzeuger Ringo Starr.

Auch von Mac Miller erschien bereits ein posthum veröffentlichtes Album: "Circles". Die 2021 veröffentlichte LP war zu Millers Tod quasi fertiggestellt und sollte nach Plan 2018 erscheinen. Mit Songs wie "Blue World" oder "Good News" gab der junge Mann einen tiefen Einblick in seine Gefühlslage: "Good news, good news, good news / That’s all they wanna hear / No, they don’t like it when I’m down" – sie wollen immer nur hören, dass alles gut ist.

Wenn auch in trauriger Grundstimmung, so schuf "Circles" doch einen schmerzhaft-schönen Abschluss einer Karriere – und eines Lebens. Was diese Beispiele posthum veröffentlichter Musik gemeinsam haben, ist, dass sie entweder mit Zustimmung der Verstorbenen veröffentlicht wurden oder zu deren Todeszeitpunkt (fast) vollständig waren. Bei "Balloonerism" aber ist das anders.

Stilistisch überrascht das neue Mac-Miller-Album durch seinen Jam-Charakter mit wilden Instrumentalteilen, jazzigen Sounds und viel Percussion. Damit steht es gänzlich im Kontrast zum letzten Album des Manns aus Pitsburgh. "Balloonerism" stammt nämlich, so verriet die Familie, aus einer anderen Schaffensphase.

Miller produzierte die Demo-Version etwa zeitgleich zu "Watching Movies With The Sound Off", "Delusional Thomas" und dem "Faces"-Mixtape 2014. Veröffentlicht wurde das Projekt nie. Miller nannte in einem Interview als Grund, dass es ihm nicht am Herzen gelegen habe. Ob es nun moralisch richtig ist, das Album trotzdem zu veröffentlichen, sei dahingestellt. Klar ist, dass die riesige Fangemeinde dankbar ist, noch mehr von ihrem Lieblingskünstler hören zu können.

Und: "Balloonerism" überzeugt – obwohl es chronologisch nicht in Millers musikalische Entwicklung passt – durch eine gewisse Leichtigkeit, mit der der Rapper schwere Themen wie den Tod, Armut oder Drogenkonsum thematisiert. In gewohnter Manier finden wir hier geschmeidige, phonologisch einwandfreie Reime und poetische Lichtblicke: "The moon’s wide awake / with a smile on his face/ As he smuggles constellations in his suitcase” – Der Mond ist hellwach und trägt ein Lächeln auf dem Gesicht, während er Sternbilder in seinem Koffer schmuggelt ("Funny Papers").

"Balloonerism", so gab Millers Familie bekannt, soll wirklich das letzte Album sein, das je von ihm erscheinen wird.