Hintergrund Walldorfer Halloween-Randale

02.10.2018 UPDATE: 03.10.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 14 Sekunden

Sozialarbeiter schwieg zweimal

Mitunter stecken Sozialarbeiter in einem Dilemma, sollen sie doch einerseits Vertrauen zu ihrer Klientel aufbauen, andererseits aber auch Distanz wahren und sich staatstreu verhalten. Möglicherweise ist ein Streetworker der Stadt Walldorf in diesen Gewissenskonflikt geraten, gegen den nun die Staatsanwaltschaft Heidelberg wegen des Verdachts der versuchten Strafvereitelung ermittelt.

Der Mann war direkt vor Ort, als in der Halloween-Nacht 2017 die Molotow-Cocktails flogen. Anstatt die Polizei zu alarmieren, soll er herbeieilende Anwohner beschwichtigt haben. "Er rief uns zu, dass wir uns zurückziehen sollen, es sei ja nichts passiert", sagte ein Zeuge. Einem anderen Anwohner erklärte der Pädagoge, die Situation "im Griff" zu haben.

Eine Fehleinschätzung. Erst als ein 34-Jähriger von den jungen Leuten geschlagen wurde und am Boden lag, soll er sich schützend und eher hilflos über das Opfer gelegt haben. Bei seiner polizeilichen Vernehmung vermochte der Sozialarbeiter keine Namen zu nennen. Die Ermittler glaubten ihm nicht und informierten die Staatsanwaltschaft ebenso wie die Stadt Walldorf.

Der Mann war in dem Prozess am Montag als Zeuge geladen - machte allerdings von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Die Vorsitzende Richterin Gisela Kuhn forderte den Streetworker dazu auf, sich die Sache noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen: "Sie haben sich vor ihre Jungs gestellt - aber die haben ja bereits hier ausgesagt, dass Sie deren Namen kannten."

Der Mann beriet sich mit seinem Anwalt und erschien am Dienstag erneut vor Gericht. Mit einem Vorschlag. Wenn er aussage und sich damit selbst belaste, solle im Gegenzug das Ermittlungsverfahren gegen ihn eingestellt werden. Oberstaatsanwalt Florian Pistor ließ sich nicht auf den "Deal" ein ("Das darf ich rechtlich nicht") und stellte dem Pädagogen "lediglich" in Aussicht, dessen Einlassung später positiv zu würdigen.

Der Sozialarbeiter schüttelte den Kopf und verweigerte zum zweiten Mal die Aussage. Inzwischen hat der Mann einen neuen Job und arbeitet seit August als Erzieher in einem privat betriebenen Kindergarten. "Auf eigenen Wunsch", wie die Walldorfer Bürgermeisterin Christiane Staab der RNZ sagte. "Wir haben seine Kündigung nicht vorangetrieben." (alb)