Oberlandesgericht gibt BDS Recht - Online-Versammlung rechtens

03.02.2022 UPDATE: 04.02.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 38 Sekunden

Von Annette Steininger

Hirschberg. Was als Ärger des Bundes der Selbstständigen (BDS) Hirschberg mit dem Amtsgericht Mannheim begann, kann nun als Präzedenzfall bezeichnet werden. Denn der 19. Senat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe hat die Fassung eines Verschmelzungsbeschlusses in einer virtuellen Mitgliederversammlung für zulässig erachtet. Er hat den Beschwerden des BDS mit Beschlüssen vom 11. Januar, die am 27. Januar ausgefertigt wurden, Folge gegeben.

Die angefochtenen Beschlüsse des Amtsgerichts – Registergerichts – Mannheim vom 14. Januar 2021 seien damit aufgehoben und die Verfahren zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen worden, teilte OLG-Richter und Pressesprecher, Klaus Stohrer, auf RNZ-Anfrage mit. Die Freude beim BDS, der am Samstag von der Entscheidung erfuhr, war natürlich "sehr groß", wie Vorsitzender Andreas Well berichtete.

Vorausgegangen war ein langwieriges Verfahren, weil das Amtsgericht den Antrag des BDS auf Eintrag ins Vereinsregister abgelehnt hatte, die Verschmelzung der beiden bisherigen Ortsverbände Leutershausen und Großsachsen konnte aus diesem Grund bisher noch nicht offiziell vollzogen werden. Die Rechtspfleger waren der Auffassung gewesen, dass die Verschmelzungsversammlung als Präsenz- und nicht als Online-Versammlung hätte stattfinden müssen. Der BDS hatte dann gegen die Zurückweisung der Anmeldung Beschwerde eingelegt, die aber abgelehnt wurde. So landete der Fall beim Oberlandesgericht Karlsruhe. Der BDS fühlte sich vom Amtsgericht schikaniert. Er hatte sich damals bewusst für eine Online-Sitzung entschieden, da ja Präsenzveranstaltungen im Dezember 2020 pandemiebedingt gar nicht möglich waren. Der Beschluss des Amtsgerichts sorgte für Kopfschütteln. Zumal es nicht die erste Hürde war, die der BDS überwinden musste. Im Februar 2020 war die Geburtsstunde des BDS Hirschberg mit 38 Gründungsmitgliedern. Bei den Selbstständigen herrschte Einigkeit, alle wollten den Verschmelzungsprozess. Mit dem neu gegründeten BDS Hirschberg sollten dann die Ortsvereine Leutershausen und Großsachsen verschmelzen.

Dazu tagten im September 2020 bei getrennten Versammlungen die Ortsvereine, um den entsprechenden Beschluss für die Verschmelzung zu fassen. Allerdings war dies zunächst nicht möglich, weil die laut Satzung erforderliche Anwesenheit von zwei Dritteln der Mitglieder nicht gegeben war. Weil der BDS schon damit gerechnet hatte, waren zwei weitere Versammlungen eingeplant gewesen, bei der eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Anwesenden reichte. Alles wurde vom Notar begleitet. Schon die Handhabung der Abfolge stieß damals auf Ablehnung beim Amtsgericht Mannheim, das der Auffassung war, dass die zweite Versammlung nicht direkt nach der ersten hätte stattfinden dürfen. Man hätte laut Gericht erst 14 Tage später erneut tagen dürfen, erklärte Well. Also berief der BDS am 30. Dezember 2020 eine weitere Versammlung ein, eben jene, um die es nun im neuerlichen Verfahren ging.

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Stohrer erläuterte den Hintergrund: Ein im Frühjahr 2020 beschlossenes Gesetz habe Online-Mitgliederversammlungen grundsätzlich ermöglicht. Es stellte sich dann aber die Frage der Reichweite des Gesetzes und ob dieses auch auf eingetragene Vereine anwendbar sei. Zwischenzeitlich habe der Bundesgerichtshof eine Entscheidung getroffen, dass dieses zumindest auf Genossenschaften übertragbar sei. Eine Entscheidung bezüglich Verschmelzungsversammlungen bei Vereinen eines Obergerichtes gab es bislang aber nicht, weshalb aus Sicht von Stohrer durchaus von einem Präzedenzfall die Rede sein kann.

Nun hat das OLG den BDS zwar voll bestätigt, aber jetzt liegt die Sache erneut beim Amtsgericht. Dieses könnte theoretisch den Eintrag ins Vereinsregister noch aus anderen Gründen versagen, nicht jedoch wegen der online erfolgten Verschmelzungsversammlung. Jetzt warten die Selbstständigen noch den Vollzug ab. "Nach den bisherigen Erfahrungen mit dem Registergericht rechne ich mit der Nachricht der Eintragung nicht morgen im Briefkasten", meinte Well. Wenn dann alles klar sei, setze der BDS die Mitgliederversammlung an.

Auf dieser soll auch Weiteres über das Fest im Sommer bekannt gegeben werden. Dann steht die "Hirschberger Meile" an, die als Volksfest am Sonntag, 24. Juli, von 11 bis 18 Uhr mit einem langen Tisch und viel Abwechslung für Kinder und Erwachsene auf der autofreien Oberen Bergstraße stattfinden soll. "Mit diesem ortsverbindenden Fest möchten wir die Verschmelzung der beiden Vereine BDS Großsachen und BDS Leutershausen zum BDS Hirschberg feiern und festigen", heißt es im Gemeindekalender. Well ergänzte: "Es ist als Zusammenlegung von ,Jazz uff der Gass’ und der ,Kulinarischen Meile’ konzipiert."

Vielleicht kann dann auch gefeiert werden, dass die Selbstständigen nicht auf den Kosten des Verfahrens sitzen bleiben. Darüber müsse aber ebenfalls das Amtsgericht entscheiden, erläuterte Stohrer. Die RNZ hatte auch das Amtsgericht Mannheim um Stellungnahme gebeten, aber bis Redaktionsschluss am Donnerstag keine Rückmeldung erhalten.