Hintergrund - Ein Fall für den Verfassungsschutz?

26.10.2020 UPDATE: 26.10.2020 18:56 Uhr 1 Minute, 12 Sekunden

Ein Fall für den Verfassungsschutz?

dpa. Der Antisemitismus-Beauftragte des Landes, Michael Blume, fordert den Verfassungsschutz und die Politik auf, bundesweit auf den Skandal um die Heidelberger Burschenschaft Normannia zu reagieren und härter gegen rechte Burschenschaften vorzugehen. Es müsse geprüft werden, wo Verbote und Beschlagnahmungen von Wohnraum möglich seien, sagte Blume der Deutschen Presseagentur. Völkische und rechtsextreme Burschenschaften seien eine Gefahr: "Wir haben Hinweise darauf, dass Netzwerke von alten Herren im Staatsdienst sich seit Jahrzehnten gegenseitig decken und Vorfälle immer wieder als Einzelfälle verniedlichen, statt aufzuklären."

Blumes Kritik richtet sich vor allem gegen den Dachverband Deutsche Burschenschaft (DB). Dieser sei "rechtsextrem, rassistisch und antisemitisch". "Ich fordere den Verfassungsschutz auf, endlich diese Organisation zu beobachten und die Netzwerke, die in den Staatsdienst reichen bis hin zu Polizei und Justiz, endlich aufzuklären." "Wer heute immer noch zu diesem rechtsextremen Verband hält, weiß, was er tut", sagt Blume. "Wenn die DB in zwei Jahren immer noch kein Beobachtungsobjekt des Bundesverfassungsschutzes ist, wird es für mich in den betroffenen Städten schwierig, zu erklären, wofür diese zentrale Sicherheitsbehörde eigentlich da ist."

Das Wort Burschenschaft finde sich im Verfassungsschutzbericht des Landes jedoch kein einziges Mal. Derzeit werde im Land keine Burschenschaft beobachtet, teilte ein Sprecher der Behörde mit. Allerdings lägen Erkenntnisse vor, dass einzelne Rechtsextremisten zugleich Mitglieder seien. Auch gebe es Kontakte zwischen rechtsextremistischen Organisationen und Burschenschaften. So habe die Normannia Verbindungen zur rechtsextremen Identitären Bewegung – und die wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Nach dpa-Informationen haben die Verfassungsschützer zuletzt geplant, die Normannia stärker unter die Lupe zu nehmen. Da ihre Aktivitas jedoch aufgelöst worden sei, sei sie aber nicht mehr richtig zu greifen, heißt es.

Blume sagt, in der Auseinandersetzung mit Burschenschaften müsse man endlich verstehen: "Man kann hochgebildeter Akademiker sein und trotzdem Antisemit und Rechtsextremist. Diese Leute wissen, was sie tun. Gerade deren Netzwerke sind gefährlich und untergraben das Vertrauen der Mehrheit in den Staat."