Dietmar Hopp versteht einiges nicht
Der Gesellschafter in großer Sorge: Ich kann keine Linie erkennen - Vielleicht fehlt die Kraft - Wir wussten doch, was uns erwartet

Der Gesellschafter in großer Sorge: Ich kann keine Linie erkennen - Vielleicht fehlt die Kraft - Wir wussten doch, was uns erwartet
Wer Hoffenheim liebt, muss in diesen Tagen bei der Zeitungslektüre leidensfähig sein. Nach dem 2:2 gegen Augsburg lassen die Kommentatoren kaum ein gutes Haar am Kraichgau-Klub. BILD ätzt: "Stanislawskis Sauhaufen hat keinen Bock mehr." Der kicker vermisst "Struktur", kritisiert "körperloses Spiel". Die Berliner Zeitung urteilt: "Lethargisch, formlos, vogelwild." Die Deutsche Presse-Agentur stellt die Frage: Ist das Projekt von Stanislawski gescheitert?
Vor dem Pokal-Viertelfinale morgen (19 Uhr) gegen Greuther Fürth ist Feuer unterm Dach. Zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Denn im Heimspiel gegen den Zweitligisten hat Hoffenheim die "historische Chance" (Manager Ernst Tanner), erstmals in seiner Vereinsgeschichte das Halbfinale zu erreichen. Dietmar Hopps Sehnsucht geht sogar noch weiter. "Mein Traum ist das Endspiel in Berlin", verriet der Gesellschafter kürzlich.
Doch was der Mäzen derzeit erleben muss, kommt ihm wohl eher wie ein Albtraum vor. Als Vorsitzender des Beirates ist er verpflichtet, Fehlentwicklungen anzusprechen. Als Gesellschafter ist es für ihn eine Horror-Vorstellung, sollte Hoffenheim tatsächlich den Weg in die 2. Liga antreten müssen. Als glühendem Fan tun ihm die dürftigen Leistungen seiner Mannschaft einfach nur weh. "Augsburg - das war ein Tiefschlag", sagt Hopp, "aber leider kein Einzelfall. Auch die Spiele gegen vier Kellerkinder und stark ersatzgeschwächte Hannoveraner konnten wir nicht gewinnen."
Hopp fragt sich, ob "die Spieler die Köpfe frei haben", ob vielleicht die Kraft fehlt. Dass Augsburg am Ende dem Sieg näher war, kann zu diesem Schluss verleiten. "Es ist schwer, eine Linie zu erkennen", sorgt sich Hopp, "bei Ralf Rangnick war zu sehen, dass er ein Pressing spielte."
Würde Stanislawski auch gerne, doch leider machten dabei nicht alle mit, sagt Ernst Tanner. "Wenn sich drei beim Pressing verweigern, geht nichts mehr", meint der Manager. Auch deshalb habe Hoffenheim zu wenige Tore geschossen. "Wir erobern zu selten frühzeitig den Ball, um damit den Gegner in der Vorwärtsbewegung zu überrumpeln."
Tanner versucht, den Trainer aus der Schusslinie zu nehmen. Er gibt zu bedenken: "Hoffenheim ist in einer schwierigen Phase. Wir müssen Kosten reduzieren, haben wahnsinnig an Qualität eingebüßt." Die Erwartungshaltung sei zu groß. "Wir dürfen doch nicht außer Acht lassen, dass wir immer noch vor Vereinen wie Stuttgart, Hamburg und Köln stehen, von Wolfsburg ganz zu schweigen, deren Etat höher ist als der unsere." Auch Stanislawskis Vorgänger – Ralf Rangnick und Marco Pezzaiuoli – hätten Schwierigkeiten gehabt.
Ganz folgen will Hopp dieser Argumentation nicht. "Unser Etat ist gutes Mittelfeld. Wir haben nicht nur Spieler verloren, es sind auch Neuzugänge gekommen. Alle wussten doch, was uns erwartet. Dass uns Chinedu Obasi und Vedad Ibisevic wahrscheinlich verlassen würden, war schon im Sommer abzusehen. Da muss man sich drauf einstellen." Bis heute, sagt Hopp, könne er nicht verstehen, weshalb auch Gylfi Sigurdsson nach England geflüchtet ist. Bei Swansea in der Premier-League zählt der Isländer jetzt zu den besten Spielern.
Vielleicht ist es übertrieben, von einem Schicksalsspiel morgen zu reden. Einem Schicksalsspiel auch für den Trainer? Doch bei einer Niederlage könnte es eng werden, zumal es am Samstag zu Werder Bremen geht, wo Hoffenheim vermutlich auch nicht hoch gewinnen wird. Vielleicht kommt aber auch alles anders. Vielleicht raffen sich die Hoffenheimer gegen Fürth zu einer Trotzreaktion auf. Zumal Stanislawski, der Sympathieträger, angekündigt hat, Änderungen in der Mannschaft vorzunehmen und nur noch die spielen zu lassen, die sich seinen Anweisungen folgen, die kämpfen und rennen. Hopp hofft: "Wir müssen gegen Fürth gewinnen. Wer weiß, wann diese Chance wiederkommt."