Sandro Wagner vor Länderspiel erneut meinungsstark

England-Freund und Unterstützer von Hopp

Er betont aber: "Kurz- und mittelfristig ist es nicht mein Plan, nach England zu gehen."

09.11.2017 UPDATE: 10.11.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 12 Sekunden

Redegewandt: Sandro Wagner. Foto: dpa

Von Frank Hellmann

Sinsheim/Berlin. Irgendwann ist immer das erste Mal. Aber Sandro Wagner hat fast 30 Jahre alt werden müssen, um das erste Mal in Wembley aufzulaufen. Dass der Spätstarter vor dem Klassiker England gegen Deutschland (heute, 21 Uhr/ZDF) versicherte, dieser Auftritt sei "etwas Besonderes", ist nachvollziehbar. Der gebürtige Münchner hat schließlich aus seiner Vorliebe für den englischen Fußball nie einen Hehl gemacht. "Ein anderes Gefühl, ein Stück weit eine andere Atmosphäre" mache die Premier League aus, die ihm früher mal Angebote gemacht habe. "Aber es hat vor allem familiär nie gepasst." Gleichwohl würde der ehrliche Stil auf der Insel, wo Schwalben und Schauspielerei auf dem Index stehen, zu einem geradlinigen Typen wie ihm wie die Faust aufs Auge passen. Heute gelte aber: "Kurz- und mittelfristig ist es nicht mein Plan, nach England zu gehen."

Dass der Torjäger der TSG Hoffenheim zusammen mit Sami Khedira auf dem Podium im dritten Stock eines Berliner Autohauses saß, war die nächste Anerkennung für einen lange Verkannten. Vorher hätten sie noch geflachst, was sie verbindet: 2009 mit der U21-Nationalelf die Europameisterschaft zu gewinnen. Und es waren die Engländer, die Mesut Özil und Co. im Finale des Nachwuchsturniers schwindlig spielten. Der junge Wagner war beim 4:0 der zweifache Torschütze. Trotzdem schlug der Mittelstürmer einen viel beschwerlicheren Weg ein als die späteren Weltmeister.

"Ich habe eine andere Karriere gehabt, nicht so glanzvoll wie der Mann neben mir", sagte Wagner und blickte zu Khedira. Und während der eine längst bei Real Madrid und Juventus Turin Station gemacht hatte, musste er im Sommer 2015 bei Hertha BSC noch die Bälle aufs leere Tor bolzen. Missen möchte er die Erfahrung nicht, sagte Wagner und lächelte kurz. "Ich habe jetzt eine ordentliche Quote, deshalb bin ich dem Trainer in Berlin auch dankbar, dass ich mal ohne Torwart draufschießen konnte", witzelte der Nationalspieler, der in fünf Einsätzen fünf Mal getroffen hat.

Nicht allein den Humor hat sich dieser hünenhafte Angreifer bewahrt, den Bundestrainer Joachim Löw als "anderen Spielertyp" verortet, der auch unabhängig von der Verfassung eines Mario Gomez gute Chancen auf ein WM-Ticket besitzt. Wagner selbst macht sich darüber gar keinen Kopf. "Das kommt von ganz allein. Ich will gar nicht zu viel an die WM denken."

Am selben Tag, als der 29-Jährige darüber redete, war ein "Kicker"-Interview mit ihm erschienen, in dem der zweifache Familienvater grundsätzlich Überlegungen anstellte und das zu hohe Standing von Profifußballern infrage stellte. Denn: "Wir retten keine Leben und sind nicht wichtig." Er riefe deshalb nach Verlassen des Trainingsgeländes in Zuzenhausen stets "jemanden aus der Familie an, um nicht wieder über Fußball zu reden." Das bewahrt die Bodenhaftung.

Deswegen finde er auch viel beeindruckender, "wenn jemand etwas Tolles erreicht hat für die Allgemeinheit". In diesem Zusammenhang brach Wagner eine Lanze für TSG-Mehrheitseigner Dietmar Hopp und verurteilte die Schmähungen wie vergangenen Sonntag im Bundesligaspiel beim 1. FC Köln in aller Schärfe: "Es ist verrückt, was dieser Mensch alles macht. Wie viele Milliardäre und reiche Leute haben wir in Deutschland, die in die Schweiz gehen, um Steuern zu sparen. Oder sich total zurückziehen und wenig bis gar nichts für unseren Sozialstaat tun. Und er ist in der Öffentlichkeit und gibt ihm so viel zurück. Wie kann ich da als dummer Fan in der Kurve diesen Mann beschimpfen?" Auch das hatte Sandro Wagner so zum ersten Male gesagt - aber passender hätte der Zeitpunkt nicht sein können.

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