1899 Hoffenheim

Was Kai Herdling von Cheftrainer Nagelsmann lernen will

Der Lokalmatador und neue Coach der Hoffenheimer U16 hospitiert im Trainingslager der Profis

02.08.2018 UPDATE: 03.08.2018 06:00 Uhr 3 Minuten, 34 Sekunden

Verlieren beide nur äußerst ungern: Julian Nagelsmann (r.) und Hospitant Kai Herdling im intensiven Austausch. Foto: Hinterramskogler

Von Joachim Klaehn

Windischgarsten. Kai Herdling (34) kennt die TSG 1899 Hoffenheim wie seine eigene Westentasche. Zwischen 2002 und 2016 schnürte er die Kickstiefel mit zwei kurzzeitigen Unterbrechungen für "Hoffe". Inzwischen strebt der gebürtige Heidelberger, der bei der SAP eine Ausbildung und später den Sportfachwirt machte, zielstrebig eine Trainerkarriere an. In der vergangenen Saison fungierte Herdling als Co-Trainer bei der U 23, seit 1. Juli hat das TSG-Urgestein neben Betreuer Heinz Seyfert (69) die U 16 der TSG hauptverantwortlich übernommen. Die RNZ sprach im Trainingslager ausführlich mit dem Sympathieträger und Lokalmatador.

Kai Herdling, wie kam es denn zu dieser dreitägigen Hospitanz bei den Profis?

Es war ein kurzer Weg. Ich habe gefragt, und Julian Nagelsmann sowie Alexander Rosen fanden es sehr gut, wenn ich an den Hauptbelastungstagen am Dienstag, Mittwoch und mit Abstrichen am Donnerstag dabei bin und hospitiere.

Was halten Sie als A-Lizenzinhaber von den Trainingsinhalten?

Grundsätzlich empfinde ich es als ein Privileg, als junger Trainer in einem Trainingslager der Profis vor Ort zu sein - als Spieler kenne ich es ja (lacht). Die Einheiten von Julian sind in der Tat sehr abwechslungsreich, intensiv und vor allem auch anspruchsvoll für den Kopf. Das Tempo beeindruckt mich.

Können Sie sich vom Nagelsmann-Stil etwas für Ihre Arbeit mit den "Jungen Wilden" abgucken?

In seinem Training, gemeinsam mit den kompetenten Assistenten, ist einfach alles drin. Das ist eben die hohe Kunst, alles für die Profis entsprechend zu verpacken. Es zeigt seine Führungskompetenz, die Spieler sind ja älter und reifer als etwa im U 16-Bereich, und trotzdem wird an Basiselementen gearbeitet. Mich fasziniert diese unglaubliche Akribie - Julian ist immer fokussiert. 2016 habe ich nach dem Weggang von Huub Stevens ja noch selbst als Spieler sein Training erlebt und seine Analysen genossen.

Wie sehen Ihre Pläne in der nahen Zukunft aus?

Ich habe seit Herbst die A-Lizenz, der nächste Schritt wäre dann der Fußballlehrer, was ich definitiv auch gerne machen möchte. Mal gucken, wo die Reise hingeht.

Welchen besonderen Kitzel spüren Sie bei der Ausübung des Trainerberufs?

Ich hatte ja bereits zwischen 2010 und 2012 in der U 16 unter Frank Fröhling erste Erfahrungen als Co-Trainer gesammelt. Ich habe festgestellt, dass ich sehr gerne mit Menschen zusammenarbeite. Dieses Gefühl, auf dem Platz zu stehen, ist schlichtweg nicht zu toppen. Man ist nah dran, es spiegelt die Schönheit des Fußballs wider.

Zu Ihrer Mentalität: Wie viel Spieler, wie viel Trainer steckt in Herdling?

Ich würde es als Mischung sehen. Als ehemaliger Profi weißt du natürlich exakt, was in den Spielerköpfen vorgeht. Ich finde vor allem eine gewisse Autorität und Menschlichkeit wichtig - als Trainer musst du in erster Linie eine Führungsperson sein.

Seit 1. Juli 2018 sind Sie U 16-Cheftrainer bei der TSG. Wie sind Ihre ersten Eindrücke im neuen Job?

Sie sind sehr positiv. Ich habe gespürt, dass mir die Rolle eines Cheftrainers besser liegt als Co-Trainer zu sein. Hier kannst du deine eigenen Vorstellungen von Fußball besser umsetzen.

Welche Art von Fußball meinen Sie damit?

Bei Ralf Rangnick und Markus Gisdol stand das Spiel gegen den Ball im Blickpunkt. Das Ganze, gepaart mit viel, viel Tempo, entspricht recht präzise meinen Vorstellungen. Ich mag den Fußball von Nagelsmann oder auch von Jürgen Klopp mit dem FC Liverpool.

Was kann den Trainer Herdling richtig fuchsen?

Ich verliere ungern (lacht). Unpünktlichkeit bei Spielern kann mich auf die Palme bringen. Oder etwa, wenn es an einem respektvollen Umgang gegenüber dem Geschäftsführer, aber auch der Putzfrau mangelt. Mir liegt eine Menge an einem festen Handschlag. Du musst so sein, wie du bist - ich will meinen Jungs Werte wie Authentizität vermitteln.

Welches Feedback haben Sie von Ihren Jungs bislang bekommen?

Wir müssen nicht zu viel reden, ich sehe das an ihren strahlenden Augen. Für 14-, 15- und 16-Jährige ist man wahrscheinlich schon eine prägende Figur. Außerdem habe ich mit Co-Trainer Matthias Cuntz, Athletikcoach Johannes Engert und Torwarttrainer Marjan Petkovic ein Top-Trainerteam beisammen. Wir müssen die Jungs gut vorbereiten, die Jahre in der U 17 und U 19 sind bekanntlich die entscheidenden …

Wie weit reicht Ihre Fantasie bezüglich einer Trainerkarriere?

Mein Vertrag läuft noch ein Jahr. Ach, wissen Sie, ich versuche, den Moment zu genießen. Im Fußball geht alles so schnell. Mein übergeordnetes Ziel ist der Fußballlehrer, den würde ich gerne in den nächsten zwei, drei Jahren absolvieren. Dies entscheiden allerdings vornehmlich Nachwuchsdirektor Dirk Mack nach Absprache mit Alexander Rosen. In Hoffenheim bekommt man eine hervorragende Ausbildung als Trainer. Die Konstellation ist passend.

Sie dienen als Zeitzeuge für Hoffenheims rasante Entwicklung. Kneifen Sie sich mitunter?

Die TSG ist extrem schnell gewachsen. Die Europa League letzte Saison, nun die Champions League - unter Ralf Rangnick hatten wir mit der Herbstmeisterschaft 2008 ja schon mal an solchen Dimensionen geschnuppert. Gerade auch in der Jugend wurde hier über Jahre hinweg Toparbeit geleistet, siehe am Beispiel von Niklas Süle oder von Dennis Geiger. Es ist nicht so, dass man von einem Wunder sprechen sollte, doch der letztjährige dritte Platz ist schon ein Vollbrett. Das kann man gar nicht hoch genug hängen. Wenn die Champions-League-Hymne im Stadion erklingt, und die Crème de la Crème in Sinsheim gastiert, dann werden hoffentlich alle im Stadion denken: Was für ein geiler Mittwochabend!

Was steht mit den Jungs von der U 16 an?

Wir fliegen mit den Jungs vom 10. bis 20. August zu einem internationalen U 16-Turnier nach Südkorea. Es findet auf der vorgelagerten Insel Jejudo statt, dort gab es 2002 übrigens auch ein WM-Viertelfinale. Außer dem Fußball werden die kulturellen Einblicke für Trainer wie Spieler überragend sein. Reisen hat ja auch etwas mit Bildung zu tun. Ich beschwere mich auf gar keinen Fall (lacht) - alle rund ums U 16-Team freuen sich wahnsinnig darauf.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.