eSport

Das ist wirklich Sport!

06.11.2018 UPDATE: 06.11.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 43 Sekunden

Sport-Professor Daniel Memmert. Foto: privat

"Das ist wirklich Sport!"

Neckargemünd. (bmi) Professor Daniel Memmert, ist geschäftsführender Leiter des Instituts für Trainingswissenschaft und Sportinformatik an der Deutschen Sporthochschule Köln. Der Neckargemünder erklärt, warum eSport für ihn Sport ist - nicht aber für den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB).

Herr Memmert, wir springen gleich ins kalte Wasser: Ist eSport Sport?

Das ist eine komplizierte Sache, die in Deutschland lang und breit diskutiert wird. Ich fürchte, dass kann man nicht in wenigen Worten beantworten.

Schade. Wir haben auf ein Ja oder Nein gehofft.

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Das kommt später (lacht). Aber erst einmal müssen wir andere Fragen stellen.

Gerne. Welche?

Wer entscheidet in Deutschland, wer oder was als Sportart gilt? Der DOSB. Bei dem ist Schach schon lange dabei, Dart wurde aufgenommen. Poker und Profiboxen müssen dagegen draußen bleiben - eSport auch.

Und warum?

Da kommen wir zur nächsten Zwischenfrage: Was ist eigentlich Sport? Dazu gibt es in der Sportwissenschaft dutzende Definitionen. Der DOSB nutzt folgende: Jede Sportart muss als Ziel und Selbstzweck "eine eigene, sportartbestimmende motorische Aktivität" beinhalten.

Klingt komplex.

Ist es auch. Und darüber kann man sicher auch streiten. Aber wenn man dieses Kriterium als "Muss-Bedingung" für eine Sportart ansieht, kann man die Ablehnung des DOSB nachvollziehen.

Und was meinen Sie persönlich?

Ein wenig anders (lacht). Viele Definitionen sehen den Sportbegriff viel weiter. Sie beziehen kognitive, körperliche und physiologische Aspekte mit ein. Und da ist eSports in vielen Bereichen vergleichbar mit anderen Sportarten.

Zum Beispiel?

Während des Spiels hat ein eSportler einen Cortisolspiegel vergleichbar mit einem Formel-1-Piloten. Die Herzfrequenz liegt bei 160 bis 180 Schlägen - also im Bereich eines Marathonläufers. Dazu kommen Reaktionen, Taktik, Kreativität, Antizipation, Aufmerksamkeit das sind alles Dinge, die von einem Fußballspieler oder jedem Ballspieler gefordert sind.

Also ist eSport doch Sport?

Wenn man das Große und Ganze nimmt - dann ja!

Und was ist mit der spezifischen motorischen Aktivität?

Die eSportler sind ja sehr aktiv am Controller, drücken jede Menge Tasten. In diesem feinmotorischen Bereich sind sie sehr gut ausgebildet. Ich glaube, dass der DOSB eSport relativ entspannt als Mitglied aufnehmen könnte, ohne sich zu verbiegen.

Vor wenigen Tagen hat sich der DOSB nochmals distanziert. Chance verpasst?

Absolut. Ich finde, man sollte modern denken und diesen Trend mitaufnehmen. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Finals der beliebtesten Spiele mehr Zuschauer verfolgen als das komplette zweiwöchige Wimbledon-Turnier, dann ist das weit mehr als nur ein Trend. Dazu muss die neue Branche natürlich auch professionelle (Vereins)Strukturen schaffen, dies war wohl bei der letzten Entscheidung der Knackpunkt.

Auch hierzulande wachsen die Vereine.

Anderswo ist man da aber weiter, es gibt weltweit eine große Community. In Asien ist eSport Volkssport. Diese Bewegung zu verschlafen, würde uns nicht gut tun.