Einmal bitte Durchatmen

Gesunde Auszeit auf Baltrum

Hier zwischen Dünen, Strand und Wattenmeer wirken die Heilkräfte des Meeres.

16.05.2025 UPDATE: 18.05.2025 04:00 Uhr 3 Minuten, 45 Sekunden

Von Brigitte Bonder

An diesem Sommermorgen hängen die Wolken noch tief am Himmel. Die Nordseewellen rauschen leise an den Strand, der zu dieser Uhrzeit noch menschenleer ist. Lediglich zwei Jogger traben über den Höhenweg, der in sanftem Auf und Ab über die Dünen der ostfriesischen Insel Baltrum führt. Beim Beachclub biegen sie ab zum Strand, hüpfen auf das Sportpodest und genießen die morgendliche Ruhe. Nach und nach spazieren weitere Urlauber in bunten Windjacken über den Strandaufgang und ziehen am Podest schon mal die Schuhe aus.

"Lasst uns den Tag gemeinsam mit ein paar Yoga-Übungen beginnen", ruft Sophie Schwarz fröhlich in die Runde. Die Sport- und Gesundheitstrainerin lebt seit vier Jahren auf Baltrum und lädt regelmäßig zu kostenlosen Sportkursen unter freiem Himmel ein. "Dreht euch so, dass ihr das Meer sehen könnt und atmet die frische Luft tief ein." Eine Dreiviertelstunde dauert das Thalasso-Yoga am Strand, bei dem die gut zwei Dutzend Teilnehmenden den Körper dehnen und die Balance trainieren. Und am Ende des Kurses zeigt sich endlich die Sonne und verspricht einen perfekten Urlaubstag am Strand.

Fünf Kilometer lang, knapp eineinhalb Kilometer breit – Baltrum ist die flächenmäßig kleinste der Ostfriesischen Inseln. Viele Gäste kommen zum Entspannen und Durchatmen hierher, Partymeilen sucht man vergebens. "Auf Baltrum kann man super vom Alltag abschalten", erzählt Ralf Olchers, der in seinem "Hus Uiterst Hörn" Ferienwohnungen vermietet und täglich mit seinen futuristischen Lasten-E-Bikes Güter und Waren über die Insel transportiert. Nach 30 Jahren in Hamburg weiß der gebürtige Baltrumer die Entschleunigung auf der autofreien Insel zu schätzen.

Inselpilot und Koch Olaf Klün geht mit den Gästen in die Luft.

Eine große Rolle spielen dabei die Heilkräfte des Meeres. Bereits 1876 wurde Baltrum daher zum Seebad, 1966 zum Nordseeheilbad und 2016 schließlich als Thalasso-Nordseeheilbad anerkannt. Das Wort Thalasso kommt aus dem Griechischen und bedeutet Meer. Die Therapien reichen von Bewegungsbädern im Nordseewasser über Anwendungen mit Schlick oder Algen hin zu Salzsole-Inhalationen. Bereits mit einem Spaziergang auf Baltrum tun Urlauber ihrer Gesundheit etwas Gutes, denn hier atmen sie staubfreie, pollen- und allergenarme Luft mit hohem Jod- und Salzgehalt ein. Die Sonne und der stete Wind wirken anregend auf den Körper und helfen dabei, das Immunsystem zu stärken. Eine gute Orientierung bieten die sechs Thalasso-Wege, die zwischen 700 Metern und 6,5 Kilometer lang und teilweise barrierefrei sind.

Die knapp 500 Einwohner Baltrums leben hauptsächlich vom Tourismus und kümmern sich um die rund 70.000 Gäste im Jahr. Einer von ihnen ist Olaf Klün, der tagsüber als Inselflieger mit den Urlaubern in die Luft geht und ihnen seine Heimat von oben zeigt. Mit gleicher Leidenschaft steht der gelernte Koch am Abend in der Küche seines Restaurants "Witthus" und bereitet frische Nordseeschollen und Skantjes zu. "Schaut mal, da unten könnt ihr die Seehunde am Strand sehen", erklärt der erfahrene Pilot, der in den vergangenen 38 Jahren mehr als 30.000 Landungen verzeichnen konnte. "Und die dunklen Flecken im Wattenmeer sind Muschelbänke, dort wird regelmäßig geerntet." Nach gut 15 Minuten Rundflug steuert Olaf Klün seinen Flieger noch einmal quer über die ganze Insel und setzt dann zur Landung an. Sicher lenkt er das Flugzeug zurück zum winzigen Tower und winkt Anna Munier zu, die mit ihrem Pferdewagen schon auf seine Fluggäste wartet.

Die beiden Norikerpferde Helios und Elma scharren ungeduldig mit den Hufen und schon bald ziehen sie die Kutsche gemächlich über die Insel. Es geht vorbei an der Alten Inselkirche mit dem hölzernen Glockenstuhl, der als Wahrzeichen Baltrums gilt. "Das war eigentlich eine alte Schiffsglocke", weiß Anna Munier und lenkt die schweren Kaltblüter durch die kurze Einkaufsstraße Baltrums. "Hier links befindet sich das beliebte Meerwasserschwimmbad SindBad, und da vorn führt ein Weg zum duftenden Rosengarten." Vorbei an der hohen Aussichtsdüne geht die Fahrt zum Alten Ostdorf. "Hier solltet ihr mal im Café Kluntje einkehren und Ostfriesen- oder Sanddorntorte probieren", schwärmt Anna Munier. "Einige Gäste kommen nur deswegen auf die Insel."

Wenig weiter ist für die schwere Kutsche der Weg zu Ende. Die Urlauber steigen aus und machen sich zu Fuß auf den Weg an das Ostende der Insel. Hinter den letzten Dünen eröffnet sich der kilometerlange Sandstrand, in der Ferne galoppieren vier Reiter, und am Himmel leuchten die Drachen der Kitesurfer. Eine frische Brise zieht auf, und es geht auf den Rückweg – gegen den Wind die gut fünf Kilometer zurück zum Strandpodest am offiziellen Badestrand. Tief atmen die Urlauber die gesunde Seeluft ein und genießen die letzten Sonnenstrahlen des Tages.


> Infos:

> Anreise: Mit dem Auto geht es von Heidelberg in knapp sieben Stunden über die A3 und die A31 nach Emden in Ostfriesland und weiter über Landstraßen zum Hafen Neßmersiel. Hier setzen Fähren der Baltrum-Linie in rund 30 Minuten auf die Insel über. Die Mitnahme von Autos ist nicht möglich, die Insel ist autofrei. Parkplätze gibt es am Hafen sowie am Reedereigebäude und sollten vorab online gebucht werden. Die Fahrzeiten der Fähre sind tideabhängig.

Hin- und Rückfahrt 38 Euro, Kinder von sechs bis 14 Jahre 21 Euro.

Tagesrückfahrkarte 27 Euro, Kinder 14,50 Euro: www.baltrum-linie.de 

> Übernachten: Freie Unterkünfte vom Ferienhaus bis zum Zimmer gibt es im Online-Portal: www.baltrumdirekt.de 

> Aktivitäten: Kutschfahrten werden beispielsweise von Familie Munier angeboten.

45-minütige Rundfahrt mit bis zu fünf Personen 60 Euro, Sammelrundfahrten zu festen Terminen (pro Person 12 Euro): www.fuhrunternehmen-munier.de 

Nationalpark-Haus: Erlebnisausstellung zum Thema Gezeiten und zur örtlichen Flora und Fauna. Sehenswert sind die Meerwasseraquarien mit Wattbewohnern. Neben Dorfführungen und Vogelbeobachtungstouren werden auch Wattwanderungen angeboten. Haus Nr. 117 zwischen Hafen und Westdorf.

Eintritt frei, Spenden willkommen.

Museum Altes Zollhaus: Über die Geschichte Baltrums und den Lebensalltag auf der Insel informiert das Museum des Heimatvereins im ehemaligen Zollhaus von 1855 mit historischen Gegenständen, alten Fotografien und Audio-Guide. Im Obergeschoss sind wechselnde Ausstellungen zu sehen: www.baltrum.org 

Inselrundflug: Die Inselflieger bieten ab Baltrum verschiedene Rundflüge von 15 bis 60 Minuten an. Einen guten Überblick von oben bietet die Rundflugstrecke Nr. 1 von Baltrum über Langeoog, das Wattenmeer zum Festland und zurück in ca. 15 Minuten: www.baltrum-flug.de 

> Weitere Infos: www.baltrum.de