Den Leaf-Kunden das Bremsen abgewöhnen
Mit dem "magischen" Pedal zu neuer und entspannter Elektro-Fahrweise

Ein begehrter Neuling: Für den Leaf hat Nissan in Europa 34 000 Vorbestellungen vorliegen. Werksfoto
Von Axel F. Busse
Frankfurt. Weiter kommen. Wenigstens bis zur nächsten Ladesäule - das ist der heimliche Wunsch aller, die mit der Anschaffung eines Elektroautos liebäugeln. Nissans aktuelles Angebot dazu heißt Leaf, jetzt mit einer leistungsfähigeren Batterie und einem magischen Pedal, das für Beschleunigen und Bremsen gleichermaßen zuständig sein soll. Schon seit vergangenem Monat ist der neue Leaf in Deutschland lieferbar. Zumindest theoretisch, denn wer sich jetzt zum Kauf entschließt, muss mit einer Lieferzeit von sieben bis acht Monaten rechnen. Für den Hersteller ist das ein gutes Zeichen, liegt die Nachfrage doch über der Produktionskapazität. Im englischen Nissan-Werk in Sunderland werden außer dem Leaf noch die Modelle Qashqai und Juke gebaut, und bei rund 34.000 Vorbestellungen für den Leaf in Europa heißt es eben, Geduld üben. Bis zu 5000 von den Stromern könnten in einem Jahr in Deutschland Käufer finden, schätzt Nissan.
Was die Kunden freuen dürfte, ist eine andere Zahl. Sie gibt die Reichweite an und ist Ergebnis einer Rechnung die nach unterschiedlichen Regeln geführt werden kann. Wird nach dem zuletzt üblichen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) gerechnet, fährt der Leaf unter günstigsten Umständen mit einer Batterieladung 387 Kilometer. Rechnet man nach dem neuerdings geltenden WLTP-Zyklus den kombinierten Verbrauch aus, bleiben 285 Reichweite. Über den realen Aktionsradius entscheidet außer dem Lade-Level aber nicht zuletzt der Fahrer oder die Fahrerin, denn auf ihren individuellen Umgang mit dem Energievorrat kommt es an. Tatsache ist, dass die Batteriekapazität auf 40 kWh erhöht wurde (+67 Prozent gegenüber der ersten Version) und auch das Drehmoment stieg um 26 Prozent (jetzt 320 Newtonmeter).
Obwohl die rund 300 kg wiegende neue Batterie den gleichen Bauraum beansprucht wie die alte, ist es nicht möglich, das leistungsfähigere Energiepäckchen in ein bereits zugelassenes Fahrzeug einzubauen. So müssen sich die knapp 850 Käufer, die 2017 einen Leaf neu in Deutschland zuließen, mit einer bescheideneren Reichweite zufrieden geben. Ihnen könnte jedoch die nächste Stufe der Elektro-Aufrüstung helfen. Für das Frühjahr 2019 kündigt Nissan einen Akku mit noch mehr Kapazität an. Wie viele Kilowattstunden in ihm verbunkert werden, will man noch nicht verraten, aber es könnte "in Richtung 60 kWh gehen". Womöglich stehen dann auch noch mehr als die jetzt vorhandenen 150 PS Leistung zur Verfügung.
Der 4,49 Meter lange, 1,78 Meter breite und 1,61 Meter hohe Stromer wirkt optisch gefälliger und dynamischer als der Vorgänger. Feinschliff an der Aerodynamik senkte den Cw-Wert auf 0,28. Mehr noch als bei anderen Pkw nimmt bei Elektromobilen die Windschlüpfrigkeit Einfluss auf den Verbrauch und die Reichweite. Da das volle Drehmoment der E-Maschine von der ersten Umdrehung an wirkt, kann man andere Verkehrsteilnehmer beim Ampelstart mit einem herzhaften Antritt beeindrucken. In unter acht Sekunden soll es der Leaf auf 100 km/h schaffen. Auf der Autobahn ist es allerdings nicht so leicht, Eindruck zu schinden: Mehr als 144 km/h sind laut Hersteller nicht drin.
Da ändert es auch nichts, dass bei den aktuellen Testfahrten im Taunus der Tacho vereinzelt 155 km/h anzeigte. Der Geschwindigkeitsmesser ist eingebettet in eine neue Cockpitstruktur, die sich an traditionellen Analog-Instrumenten orientiert und den Neukunden so mehr Vertrautheit vermitteln soll. Sie dürften lediglich eine Längverstellbarkeit der Lenksäule vermissen, die im Kompaktsegment eigentlich Standard sein sollte. Etwas gewöhnungsbedürftig ist der Stummelknauf auf der Mittelkonsole, mit dem die Fahrtrichtung und der Modus vorgewählt werden. In unmittelbarer Nachbarschaft liegt jene Innovation, die Nissan als großen Fortschritt preist: Mit einem Schalter wird das so genannte "e-Padel" aktiviert.
Sein Reiz liegt darin, dass beim Fahren fast vollständig auf die Fußbremse verzichtet werden kann. Beschleunigen und Verzögern mit nur einem Pedal lautet die Idee und in der Praxis bedeutet dies, dass beim Lupfen des "Gas"-(Fahr)-Pedals eine erhöhte Bremswirkung einsetzt. Sie liegt bei bis zu 0,2 G, was etwa 1,9 Metern pro Sekunde entspricht. Damit der nachfolgende Verkehr nicht irritiert wird, ist das e-Pedal mit den Bremslichtern verbunden. Während der Verzögerung wandelt das Bordsystem die kinetische Energie in elektrische um und lädt so die Batterie nach.
Hintergrund
Nissan Leaf
Länge x Breite x Höhe (m): 4,49 x 1,79 x 1,53
Radstand (m): 2,70
Motor: Elektromotor
Leistung: 150 PS bei 3283-9795 U/min
Max.
Nissan Leaf
Länge x Breite x Höhe (m): 4,49 x 1,79 x 1,53
Radstand (m): 2,70
Motor: Elektromotor
Leistung: 150 PS bei 3283-9795 U/min
Max. Drehmoment: 320 Nm bei 3283 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 144 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 7,9 Sek.
Akku: Laminierte Lithiumionen-Batterie
Batteriekapazität: 40 kWh
Reichweite: 285 km (WLTP) / 378 km (NEFZ)
CO2-Emissionen: 0 g/km
Kofferraumvolumen: 400 Liter
Basispreis: 31.950 Euro