Gaza-Hilfszentren sollen öffnen - USA verhindern Resolution
Nach Berichten über tödliche Vorfälle waren Hilfszentren in Gaza am Vortag geschlossen. Die Bevölkerung soll den Anweisungen Israels folgen. Eine Resolution für eine Waffenruhe verhindern die USA.

Gaza/New York (dpa) - Die umstrittenen Hilfszentren im umkämpften Gazastreifen sollen heute nach eintägigen "Renovierungsarbeiten" wieder für die notleidende Bevölkerung zugänglich sein. Um welche Uhrzeit die am Mittwoch geschlossenen Einrichtungen wieder geöffnet werden, teilte die Gaza Humanitarian Foundation (GHF) in der Nacht auf ihrer arabischsprachigen Facebook-Seite nicht mit. Nach wiederholten Berichten über tödliche Schüsse auf Palästinenser bei den Zentren sollte die Sicherheit dort verbessert werden.
USA: Resolution hätte Hamas gestärkt
Derweil rechtfertigte US-Außenminister Marco Rubio das Veto der USA im UN-Sicherheitsrat, mit dem Washington eine Resolution verhinderte, die eine sofortige Waffenruhe in Gaza und ungehinderten Zugang für Hilfsgüter verlangt hätte. "Wir werden keine Maßnahme unterstützen, die es versäumt, die Hamas zu verurteilen" und von der islamistischen Terrororganisation zu fordern, dass sie sich entwaffnet und den Gazastreifen verlässt, sagte er laut einer Mitteilung.
Eine Verabschiedung der Resolution hätte die Hamas gestärkt, die laufenden diplomatischen Bemühungen um eine Waffenruhe zu untergraben, hieß es. Alle anderen 14 Mitgliedsstaaten des Sicherheitsrats stimmten für den Beschluss.
Dies geschieht vor dem Hintergrund wachsender Besorgnis über die Verteilung von Hilfslieferungen in dem abgeriegelten Küstengebiet, wo laut den UN die mehr als zwei Millionen Bewohner von Hunger bedroht sind, nachdem Israel elf Wochen lang ein vollständiges Verbot für Lieferungen von Lebensmitteln und anderen Hilfsgütern verhängt hatte. Damit sollte nach Angaben der israelischen Regierung der Druck auf die Hamas erhöht werden, damit sie die letzten beim Terrorüberfall in Israel am 7. Oktober 2023 entführten Geiseln freilässt.
Berichte über tödliche Vorfälle
Erst vor rund zwei Wochen hatte Israel die Blockade der Hilfslieferungen gelockert. Ihre Verteilung wurde kürzlich von der GHF übernommen. Die von Israel und den USA geförderte Organisation umgeht dabei Hilfsorganisationen der Vereinten Nationen und anderer Initiativen, gefährdet nach UN-Einschätzung Zivilisten und verstößt gegen bewährte Standards neutraler Hilfe.
Nach den Berichten über tödliche Schüsse auf Palästinenser bei den Hilfsstationen in den vergangenen Tagen wollte die GHF die Sicherheit dort verbessern. Man arbeite daran, die Verteilung von Lebensmittelpaketen so sicher wie möglich zu gestalten, hieß es in der Mitteilung auf Facebook. Alle Palästinenser, die zu den Verteilungszentren unterwegs seien, würden aus Sicherheitsgründen dringend dazu aufgefordert, den von den israelischen Streitkräften festgelegten Routen zu folgen, hieß es weiter.
Hilfszentren sollen wieder öffnen
Die Ankündigung der umstrittenen Stiftung enthält jedoch keine Angaben dazu, ob alle der von ihr betriebenen Verteilzentren wieder öffnen werden und wann genau. Sobald die "Wartungs- und Reparaturarbeiten" beendet seien, werde man Informationen zu den Öffnungszeiten bekanntgeben, hieß es. Dies dürfte es den Bewohnern Gazas schwer machen, die langen und gefährlichen Fußmärsche zur Abholung der Hilfe zu planen, schrieb die "Times of Israel".
Am Sonntag, Montag und Dienstag habe das israelische Militär auf Palästinenser geschossen, die sich den Truppen genähert hätten, hatte die Zeitung berichtet. Sie seien von einem vorab genehmigten Weg abgewichen. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde vom Dienstag sollen israelische Soldaten in der Nähe eines Verteilungszentrums bei Rafah mindestens 27 Palästinenser getötet und rund 90 weitere verletzt haben.
Dagegen erklärte Israels Armee, Soldaten hätten rund einen halben Kilometer von der Verteilungsstelle entfernt Verdächtige gesehen, die eine Bedrohung dargestellt hätten. Da diese aber trotz Warnschüssen nicht zurückgewichen seien, hätten die israelischen Soldaten auf einzelne Verdächtige geschossen. Keine der Angaben beider Seiten lässt sich derzeit unabhängig überprüfen.
Wadephul empfängt israelischen Kollegen
Die umstrittene Neuausrichtung der humanitären Hilfe begründet die israelische Regierung damit, dass die Lieferungen zuvor von der Hamas gestohlen worden seien. Belege für den systematischen Raub humanitärer Hilfe durch die Hamas hat Israel allerdings nach Darstellung der UN-Organisationen nicht vorgelegt.
Bundesaußenminister Johann Wadephul empfängt heute seinen israelischen Kollegen Gideon Saar in Berlin, nachdem er am Mittwoch im Bundestag Israel weitere Waffenhilfe zugesagt hatte. Am Vormittag will der CDU-Politiker mit seinem israelischen Gast das Holocaust-Mahnmal besuchen und an dem Denkmal für die ermordeten Juden Europas einen Kranz niederlegen. Bei ihren anschließenden Beratungen dürfte es auch um Israels massives militärisches Vorgehen und die katastrophale humanitäre Lage im Gazastreifen gehen.
Auslöser des Kriegs war der Überfall der Hamas und anderer islamistischer Terroristen auf Israel am 7. Oktober 2023, bei dem rund 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 als Geiseln verschleppt wurden. Seither wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde bislang mehr als 54.600 Palästinenser im Gazastreifen getötet. Die Zahl unterscheidet nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten und lässt sich unabhängig kaum überprüfen.
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