Eine Zeitreise wäre toll

Tom Gaebel schwärmt von Frank Sinatra und der Count Basie Big Band

Er interpretiert Klassiker und verleiht internationalen Hits ein neu-swingendes Gewand. Zum Jubiläum gibt es ein "Best of Tom Gaebel"-Album mit Evergreens.

07.12.2020 UPDATE: 10.12.2020 06:00 Uhr 3 Minuten, 52 Sekunden
Swing ist sein Ding: Tom Gaebel. Foto: dpa​

Von André Wesche

Seit 15 Jahren füllt Swingstar Tom Gaebel mit seiner Big Band die Spielstätten. Die Alben des 45-jährigen finden auch bei einem genrefremden Publikum Gehör, weil Gaebel nicht nur Klassiker von Sinatra und Co. interpretiert, sondern auch internationalen Hits ein neues, swingendes Gewand verleiht. Zum Jubiläum gibt es ein "Best of Tom Gaebel"-Album mit Evergreens wie "Fly me to the moon" und "Strangers in the night", überraschenden Gastauftritten und den eigenen Hits. André Wesche sprach mit dem Musiker.

Herr Gaebel, Ihr 15. Swing-Jubiläum haben Sie sich bestimmt ein wenig anders vorgestellt, oder?

Tom Gaebel: Ja, wir hatten wirklich große Pläne für das 15-Jährige. Es war eine "Best-of-Tour" geplant. Sie sollte in diesem Jahr beginnen und im nächsten Jahr weitergehen. Diese Pläne mussten wir jetzt natürlich alle abändern. Ich habe die Zeit aber dazu genutzt, an dem Best-of-Album zu arbeiten. Ich habe neue Aufnahmen von alten Songs gemacht, vieles zusammengestellt und interessante Sachen herausgesucht. Damit hatte ich eigentlich ganz gut zu tun. Aber die Live Konzerte, die wir eigentlich hauptsächlich machen und die für uns Musiker natürlich auch das Wichtigste sind, haben in diesem Jahr fast nicht stattgefunden.

Sie werden als "Deutschlands Vorzeige-Crooner" gefeiert. Was genau ist ein Crooner?

Das ist immer eine schwierige Frage. Als Crooner werden Sänger wie Bing Crosby bezeichnet oder auch Frank Sinatra, der sich selbst allerdings nie so gesehen hat. Sänger, die diese schönen, südlichen Songs der 40er Jahre mit leichten Stimmen interpretiert haben. Mittlerweile wird der Begriff sehr allgemein für die Sänger dieser Zeit verwendet. Deswegen nennt man mich auch so. Ich selbst würde mich aber eher als Swing-Sänger oder Big-Band-Sänger sehen.

Was macht für Sie den besonderen Reiz dieser Musikrichtung aus?

Ich liebe die Freiheit, die man bei Swing und Jazz hat. Durch diesen speziellen Rhythmus kann man einfach ganz anders mit dem Groove und dem Timing umgehen. Ich liebe aber auch die Songs, diese großen Melodien. Damals wurden unverwechselbare Songs geschrieben, von richtig guten Songschreibern. Das sind viele Qualitäten und ich finde sie alle gebündelt in der Musik jener Tage.

Frank Sinatra und Co. waren harte Jungs in permanenter Partylaune und Kontakten zur Unterwelt. Sehnen Sie sich manchmal danach, in diese Zeiten zumindest mal hineinschnuppern zu dürfen?

Ich würde es schon wahnsinnig faszinierend finden, in den 60er Jahren zum Beispiel in Las Vegas zu sein, als diese Musik ihre Hochphase hatte und Frank Sinatra und Co. absolute Weltstars waren. Da gab es bestimmte Ängste unserer Tage noch nicht. Sie konnten in vieler Beziehung etwas lockerer sein. In ganz vielen anderen Bereichen wünsche ich mich natürlich nicht in diese Zeit zurück. Da freue ich mich schon, dass das gesellschaftliche Leben jetzt einige Jahre weiter und moderner ist. Aber so eine Zeitreise wäre schon mal toll, klar.

Wie sieht die Altersstruktur des Publikums bei Ihren Konzerten aus?

Ich würde sagen, im Schnitt sind die Leute zwischen 30 und 60, also ein paar Ältere und ein paar Jüngere. Richtige Teenie-Fans habe ich kaum. Mein Publikum mag ich sehr gerne, gerade weil es auch bunt gemischt ist. Da kommen nicht nur Frauen oder nur Männer, es ist eine Musik, die sich beide Geschlechter gleich gern anhören. Und sie kommen wegen der Musik zu meinen Konzerten. Es ist nicht wie bei einer Teenie-Band, bei der Kids aus irgendeinem Grund in den Sänger oder Gitarristen verliebt sind.

Nehmen Sie lieber den Applaus für eigene Stücke entgegen oder freut Sie eine positive Reaktion auf Evergreens genauso?

Beides. Als Komponist freue ich mich natürlich, wenn die Leute meine eigenen Songs mögen. Aber als Sänger – und ich sehe mich hauptsächlich als ein solcher – singe ich einfach tolle Songs. Und wenn es den Leuten gefällt, wie ich die singe, dann freut mich das immer. Ich muss nicht auf der Bühne meine eigenen Songs spielen. Ich könnte mein Leben lang nur dieses Repertoire spielen, mit dem ich auch angefangen habe, von Sinatra und Co., und wäre damit glücklich.

Sicherlich blicken Sie auf viele unvergessliche Liveerlebnisse zurück. Aber welcher Auftritt war besonders peinlich?

So richtige Katastrophen hat es noch nie gegeben. Ich glaube, man kann Probleme immer irgendwie mit Lachen regeln. Es passiert natürlich auch mal bei uns, dass der Ton ausfällt, dass mal etwas kaputt geht oder irgendwas auf der Bühne umfällt. Aber da die Band und ich das immer mit Humor nehmen, ist es nie wirklich peinlich geworden. Peinlichkeit entsteht ja meistens dann, wenn man Großes, Hochtrabendes vorhat, zum Beispiel wenn man eine große Rede halten oder etwas ganz Ernsthaftes an die Öffentlichkeit bringen möchte. Und dann passiert etwas Peinliches, man hat die Hose auf oder irgendwas geht schief. Bei uns geht es immer munter und lustig auf der Bühne zu, deswegen kann ich mich nicht an richtige Peinlichkeiten erinnern.

Auf was für eine Playlist dürfte sich ein Dieb freuen, der Ihr Smartphone entwendet hat?

Da ist sehr viel Frank Sinatra drauf. Vieles ist auch von mir, weil ich da meine ganzen Sachen abspeichere, die ich für Auftritte immer mal wiederauffrischen muss. Ansonsten ist es ein sehr buntes Programm. Allerdings wenig Modernes, es sind fast alles ältere Sachen aus den 50ern bis 70ern. Wenn man nach den 80ern oder 90ern schaut, wird man nicht viel finden.

Welcher Musiker – lebend oder tot – wäre für Sie ein Traumpartner für ein Duett?

Schwierig. Ich hätte total Lust, mal mit einer Big Band wie der von Count Basie einen Song zu singen, mit den Musikern, die diese Musik damals erfunden haben. Genauso wie Sinatra das gemacht hat, ich würde mir die "Count Basie Big Band" holen und dann mit denen Gas geben. Das wäre natürlich ein Traum.

Müssen Sie gelegentlich erklären, dass ein Swingerclub nicht Ihr Arbeitsplatz ist?

(lacht) Nee, tatsächlich nicht. Aber diesen Witz machen die Leute sehr gern, ich natürlich auch. Mein Arbeitsplatz ist zumindest ähnlich, bei uns geht es auf der Bühne immer locker zur Sache.

Aber hoffentlich jugendfrei?

(lacht) Soweit ich das beurteilen kann, ja.


Info: "The Best of Tom Gaebel" ist vor kurzem erschienen. Die Tour dazu ist ab April 2022 geplant; Termin Frankfurt: 19. Oktober 2022.