Welcher Baum soll es sein? Wer will kann sich eine Tanne für das
Weihnachtsfest aussuchen und selber fällen. Foto: dpa
Von Katja Fischer
Wenzendorf (dpa) – Keine Experimente wagen die Deutschen bei ihrem Weihnachtsbaum. Favorit ist und bleibt die Nordmanntanne. "Auch in diesem Jahr wird sie wieder bei 80 Prozent der Kunden im Wohnzimmer stehen", prophezeit Bernd Oelkers, Vorsitzender des Bundesverbandes der Weihnachtsbaum- und Schnittgrünerzeuger in Wenzendorf (Niedersachsen). Aber: Sogar auf einem der statischen Märkte in Deutschland gibt es Trends: Der Kauf wird zum Erlebnis.
Gut 30 Prozent der Bäume werden laut dem Verband inzwischen direkt bei den landwirtschaftlichen Betrieben gekauft - die daraus ein mehrstündiges Event machen. Da wird nicht nur in aller Ruhe der Baum ausgesucht, es gibt auch Lagerfeuer, Bratwurst, Stockbrot und warme Getränke. Und mancherorts ist es sogar möglich, den Baum selbst zu schlagen - was gerade bei Familien mit Kindern beliebt ist.
Insgesamt stammen 70 Prozent der Weihnachtsbäume aus Deutschland, die meisten aus dem Sauerland, Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Hinzu kommen Bäume aus dem Schwarzwald und dem Bayerischen Wald. Sie kommen nahezu ausschließlich von Farmen, nur fünf Prozent der in Deutschland gekauften Weihnachtsbäume stammen noch direkt aus einem Wald. "Tannen und Fichten aus der sogenannten Durchforstung, also aus einem natürlichen Wald, entsprechen oft nicht den optischen Vorstellungen der Käufer", erklärt Ursula Geismann, Sprecherin des Hauptverbandes der deutschen Holzindustrie in Bad Honnef bei Bonn.
Der Trend zum Kauf beim Betrieb geht einher mit einer anderen Bestrebung: Weihnachtsbäume sollen nicht nur einfach gut aussehen, sondern auch umweltfreundlich aufgewachsen sein. Die Kunden legen den Produzenten zufolge immer größeren Wert auf regionale Produkte, die möglichst wenig mit Pflanzenschutzmitteln in Berührung kommen.
Aber: Bei der Großproduktion von Weihnachtsbäumen bleibt es nicht aus, dass Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. "Die Bäume wachsen eben nicht auf einer romantischen schneebedeckten Waldlichtung, sondern Reihe an Reihe auf einem Feld", erklärt Christoph Rullmann, Bundesgeschäftsführer der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald in Bonn. Um sie am Boden grasfrei zu halten, werden mechanische Mittel und sogar tierische Helfer wie Schafe oder Enten eingesetzt. Aber manchmal muss es eben auch ein chemisches Mittel sein. Es gibt Zertifikate und Siegel, die auf Herkunft und Produktionsbedingungen der Bäume hinweisen.
Oelkers vom Verband der Weihnachtsbaumerzeuger betont hingegen: "Pflanzenschutzmittel werden nur bei Bedarf verwendet. Und spätestens sechs bis sieben Monate vor der Ernte, also im März oder April, werden sie ganz abgesetzt." Reine Bio-Bäume, die völlig ohne Chemie auskommen, seien aber doch selten. Ohne Düngung würden die Bäume nur gelbe, dünne Nadeln entwickeln. "Das entspricht nicht den Vorstellungen von einem prächtigen Weihnachtsbaum. Der Verbraucher will sattgrüne, feste Nadeln", so Oelkers.
Und darauf können sie auch in diesem Jahr hoffen: Der durchwachsene Sommer hat den Bäumen gut getan. "Feuchtes warmes Wetter lässt die Bäume sprießen, vor allem an den Spitzen. In diesem Jahr konnten die Tannen gut wachsen", berichtet Geismann. Allerdings war es in manchen Gegenden auch zu viel des Guten, und die Gehölze sind regelrecht in die Höhe geschossen - und dann an den Spitzen wiederum recht kahl geworden. Der Hauptverband der deutschen Holzindustrie rechnet 2017 mit dem Verkauf von rund 29,5 Millionen Weihnachtsbäume - der Vorjahresmenge.
Die meisten Menschen kaufen ihren Baum zwischen dem zweiten und vierten Advent. Aber Rullmann sagt: "Es macht keinen großen Unterschied, wann der Baum erstanden wird. In den großen Betrieben werden die Bäume ohnehin nur einmal geerntet, und zwar Mitte November. Dann kommen sie auf den Markt." Doch: Wer seinen Baum schon früh mit nach Hause nimmt, muss sehen, wie er ihn dort frisch hält. Wer später kauft, hat zwar eine geringere Auswahl, überlässt aber dem Händler die Verantwortung für die Frischhaltung des Baumes.
Die bei den meisten Käufern beliebte Nordmanntanne hat einige Vorteile: Sie nadelt kaum und pikt nicht. "Sie hat eine andere Anatomie als die Rotfichte, die bei Wärme schnell alle Nadeln auf einmal abwirft", ergänzt Rullmann. "Ihre Nadeln sind fester, dadurch sind die Bäume lange haltbar." Trotzdem haben Rot- und Blaufichte ihre Fans. Denn anders als bei den Nordmanntannen, die relativ geruchsneutral sind, duftet mit ihnen der ganze Raum nach Tannengrün. Im Nordosten Deutschlands ist auch die Kiefer beliebt.