Nach Schlägerei in Wiesloch

Die Gäste des Eiscafés soll keine Schuld treffen

Nach der Schlägerei am Samstagabend vor einer Wieslocher Eisdiele - Wurden ausländerfeindliche Parolen gebrüllt?

10.09.2018 UPDATE: 11.09.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 18 Sekunden
Manuel Morais. Foto: Rößler

Wiesloch. (rö) "Das möchte ich nicht mehr erleben und nicht mehr sehen", sagte Manuel Morais, der Inhaber des Wieslocher Eiscafés Dolomiti in der oberen Hauptstraße, am Montag im Gespräch mit der RNZ, als er die schlimmen Vorfälle vom Samstagabend aus seiner Sicht schilderte. Da war es kurz nach 21 Uhr vor seinem Eiscafé zu einer Massenschlägerei gekommen, die nach ersten Ermittlungen der Polizei von einer aus sieben Personen bestehenden Gruppe ausgelöst worden war, die einen Junggesellenabschied gefeiert hatte. Die stark alkoholisierten Männer im Alter zwischen 24 und 36 Jahren hatten Kunden des Eiscafés angegriffen, die überwiegend türkischer Herkunft waren.

Nicht restlos klären lässt sich bislang die Frage, ob die Aggressoren ausländerfeindliche oder sogar nationalsozialistische Parolen gebrüllt haben. Das wird von Augenzeugen und Beteiligten auf im Internet kursierenden Videos so geschildert, die Polizei ermittelt allerdings noch und kann nach gestrigem Stand, so die Auskunft von Markus Winter von der Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit, noch nicht sagen, "ob es tatsächlich so war". Dazu meldete sich am Montag bereits der Bundestagsabgeordnete Dr. Jens Brandenburg (FDP) zu Wort: "Wenn sich die Berichte über ausländerfeindliche Parolen und Übergriffe in der Fußgängerzone bestätigen, ist das eine ernste Lage. Für Rassismus und Gewalt gibt es auch in Wiesloch keine Toleranz", erklärte der Politiker.

Manuel Morais. Foto: Rößler

Manuel Morais selbst war zum Zeitpunkt der eigentlichen Schlägerei zwar nicht anwesend, als er vor Ort kam, erlebte er aber noch verbale Auseinandersetzungen zwischen den beiden Gruppen mit. Wie ihm seine Frau berichtete, die den ganzen Vorfall miterlebt hat, habe die Gäste des Eiscafés keine Schuld getroffen, diese hätten die Gruppe nicht etwa provoziert. Wie Morais weiter berichtet wurde, sei die Gruppe bereits singend und laut schreiend durch die Hauptstraße zum Eiscafé gezogen, habe sich dann zunächst schon wieder von dort wegbewegt, als ein offensichtlich von oben - aus einem Fenster oder von einem Balkon - kommender Kommentar eines Nachbarn ihre Aggression angestachelt habe. Die Männer hätten die Gäste zunächst beleidigt, dann Stühle genommen und es sei zur Auseinandersetzung mit den von ihnen bedrohten Gästen genommen, die sich dann auch zur Wehr setzten.

"Hier waren Familien mit Kindern", macht Morais seiner Empörung Luft. Seine Frau habe sich mit der Tochter in Sicherheit gebracht, einer der Kunden habe sich mit seinem Kind in der Toilette versteckt. Bei der Schlägerei gab es mehrere Verletzte, ein 41-jähriger Mann musste laut Polizei zur weiteren medizinischen Behandlung ins Krankenhaus gebracht werden, ebenso ein 24-Jähriger aus der Gruppe der "Angreifer". Vor dem Eiscafé gingen zwei Tische, fünf bis sechs Stühle und mehrere Gläser zu Bruch.

Manuel Morais stammt aus Portugal, lebt seit 1993 in Deutschland und seit 1999 in Wiesloch, wo er in seinem heutigen Eiscafé arbeitete, das er 2004 vom Vorbesitzer übernahm. Etwas Ähnliches hat er nach eigenen Worten nie erlebt und will es auch nicht mehr erleben. "Gestern hat den ganzen Tag das Telefon bei uns geklingelt und die Leute wollten wissen, ob es uns gut geht", erzählte er und zeigte sich froh, dass seiner Familie nichts passiert ist.

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Für die Polizei teilte Markus Winter auf RNZ-Anfrage mit, dass es am Montag noch keine neuen Erkenntnisse zum Fall gab. "Da geht Gründlichkeit vor Schnelligkeit", erklärte Winter mit Verweis darauf, dass wohl "noch nicht alle Hintergründe ermittelt" und auch noch nicht alle Zeugen und Tatverdächtigen befragt seien. Auch die Aussagen zum vorangegangenen Verhalten der Gruppe, die sich schon Stunden vorher getroffen haben soll, müssten überprüft werden. "Wir müssen abwarten, was die Ermittlungen ergeben", so Winter, das könne durchaus "mehrere Wochen" dauern. Aus Wiesloch direkt soll keiner der Männer stammen, wohl aber aus der Region: aus Mühlhausen, Angelbachtal, Sinsheim und Graben-Neudorf.