Hintergrund - "Wir müssen schauen, dass wir effizient arbeiten können"

06.06.2019 UPDATE: 06.06.2019 06:00 Uhr 1 Minute, 37 Sekunden

"Wir müssen schauen, dass wir effizient arbeiten können"

Walter Leibfried über die strengeren Düngeregeln in Deutschland

Von Matthias Kehl

Herr Leibfried, das Landwirtschafts- und das Umweltministerium sind sich einig, strengere Düngeregeln für Landwirte zum Schutz des Grundwassers durchzusetzen. Das klingt nach einem vernünftigen Anliegen.

Jeder Landwirt hat die Verpflichtung, für eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung seiner Böden zu sorgen. Aber in Baden-Württemberg haben wir diese kritischen, stark nitratbelasteten Böden kaum. Daher verstehe ich nicht, dass wir in unserem Bundesland nun ab 2020 im Bereich Ackerbau unsere Düngungen so drastisch einschränken müssen.

Die Landwirte hierzulande sollen insgesamt etwa 20 Prozent weniger düngen dürfen. Welche Effekte hätte das?

Gravierende. Einerseits würde die Qualität der Produkte leiden, zum anderen würde das für die Landwirte hohe Ertragseinbußen bedeuten.

Erklären Sie das bitte genauer.

Jede Pflanze hat ihren Nährstoffbedarf, der wissenschaftlich belegt ist. Wenn dann diese Nährstoffe nicht mehr zugeführt werden dürfen, macht sich das natürlich bemerkbar. Vor 50 Jahren hat ein Landwirt durchschnittlich vier Menschen ernährt, heute sind es 150. Wir müssen schauen, dass wir effizient arbeiten können, ohne die Umwelt dabei zu belasten.

Laut Umweltbundesamt wird deutschlandweit an etwa einem Viertel der Messstellen der Nitratwert im Grundwasser überschritten. Wie sollte man dem entgegenwirken?

Ich würde mich für standortspezifische Düngeregeln aussprechen. Überschüsse in der organischen Düngung treten in Ballungsgebieten auf, wo die Fläche nicht zur Tierhaltung passt. Man kann die Regulierung der Nitratbelastung nicht deutschlandweit über einen Kamm scheren.

Nun gelten die Grenzwerte EU-weit. Deutschland drohen bei Nichteinhaltung hohe Strafzahlungen. Welche Maßnahmen können Landwirte treffen?

Früher wurden die Wasserschutzgebiete ausgewiesen. Dort, wo weniger gedüngt wurde, erhielt man einen Ausgleich. Diesen Ansatz, der durch den sogenannten Wasserpfennig gut funktionierte, halte ich nach wie vor für sinnvoll.

Die nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerin, Ursula Heinen-Esser, sprach sich dafür aus, Emissionsminderung bei Dünger zu fördern. Wo würden Sie sich konkret Unterstützung wünschen?

Wenn wir in der Lage sind, Bodenproben zu ziehen, könnte man die Düngung anpassen. Aktuell nehmen wir im Neckar-Odenwald-Kreis mit der Güllegemeinschaft NOK an einem europäischen Innovationsprojekt teil. Mithilfe eines Spezialfahrzeugs mit einem Nah-Infrarot-Sensor können wir dabei genau messen, wie viel Nährstoffe die Pflanzen benötigen und somit bedarfsgerecht düngen. Dies ist jedoch eine Technik, die sich kleine Betriebe so nicht leisten können. Von der Politik würde ich mir wünschen, dass auch Güllegemeinschaften oder Maschinenringe in den Genuss dieser Förderung kommen, um die umweltfreundliche und überbetriebliche Ausbringung voranzutreiben.